Rohrverlegung in einem 30 m tiefen Graben
auf der Deponie Gosberg

Sickerwasserrohre neu verlegt

Auf der Deponie Gosberg wurden in den Jahren 2008 bis 2010 Sickerwasserrohre in einem bis zu 30 m tiefen Graben verlegt. Im Folgenden erfolgt eine Beschreibung der Baumaßnahme. Hierbei werden Ausführung und statische Berechnungen der Rohre und des Verbaus beschrieben.

Die Ausführung des Rohranschlusses an einen Schrägstollen gemäß den Ergebnissen des Forschungsvorhaben ‚Analyse von schachtnahen Rohrleitungsschäden in Deponien‘, das die Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) im Auftrag des Bayrischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen durchgeführt hat, wird beschrieben.

Aufgabenstellung

Der Landkreis Forchheim betreibt seit 1977 die zentrale Hausmülldeponie Gosberg. Die Deponie ist insgesamt ca. 8 ha groß und der eingelagerte Müll hat eine Höhe von über 30 Metern. Die Deponie wurde in einer ehemaligen Tongrube angelegt und ist bereits zu einem großen Anteil verfüllt. Eine Basisabdichtung im heutigen Sinne mit einer definierten Entwässerungsschicht und befahr- und spülbaren Entwässerungsleitungen ist nur in einem kleineren Teilbereich vorhanden. Allerdings verfügt die Deponie über eine geologische Barriere durch den in der Tongrube verbliebenen Ton (Feuerletten) in einer Mächtigkeit von mindestens 15 m, die wirkungsvoll verhindert, dass das anfallende Deponiesickerwasser versickert. Dadurch kommt es zu einem Einstau des Sickerwassers auf der Deponiesohle.

Da die ursprünglich vorgesehenen Dränageleitungen zur Sickerwassererfassung und -ableitung im Altbereich der Deponie nicht mehr funktionsfähig sind, erfolgte die Sickerwassererfassung deshalb ersatz-
weise über nachträglich hergestellten Pumpbrunnen.

Die Planungsaufgabe für das Ingenieurbüro AU Consult beinhaltete deshalb die Ausarbeitung eines Konzeptes zur Ertüchtigung des Sickerwassererfassungssystems in der Weise, dass mittelfristig eine Sickerwasserableitung ohne Pumpbrunnen möglich wird.


Beschreibung der Baumaßnahme

Aufgrund der Recherchen im Rahmen der Grundlagenermittlung konnte davon ausgegangen werden, dass die Altdeponie im zu sanierenden Bereich ein durchgehendes Längsgefälle in Richtung Deponietiefpunkt und ein Quergefälle zu einer ursprünglich im Tiefpunkt verlegten Sickerwasserdränage aufweist. Der aktuelle Zustand der vorhandenen Dränleitung konnte im Rahmen der Planung nicht näher erkundet werden, da die Leitung nicht zugänglich und mit 20 – 30 m Müll überdeckt ist. In Verbindung mit den Bestandsinformationen musste jedoch davon ausgegangen werden, dass die vorhandene Sickerwasserdränage DN 150 nicht mehr funktionsfähig ist.

Wegen der Unsicherheiten bezüglich des Zustands und auch der genauen Lage der alten Sickerwasserleitung konnten verbreitete Sanierungsverfahren wie z.B. das Berstlining-Verfahren, welches die Durchgängigkeit der Altleitung voraussetzen, nicht eingesetzt werden. Im Rahmen der Planung wurden sämtliche möglichen und bekannten Sanierungsvarianten überprüft, bevor sich der Auftraggeber für die Herstellung einer neuen Sickerwasserleitung mit Dränagekörper auf der Deponiesohle entschied. Hierfür musste ein bis zu 30 m tiefer und 200 m langer Graben im Abfall ausgehoben werden.

Die Ausschreibung erfolgte zusammen mit der Herstellung eines neuen Deponieabschnitts mit DKII-Standard, wodurch sich eine Reihe von Synergieeffekten ergaben. Die Herstellung der neuen Dränageleitung mit oberhalb liegendem Dränagekörper erfolgte teilweise funktional, um innovative Bauverfahren berücksichtigen zu können. Die Randbedingungen wurden so gesetzt, dass z.B. Verfahren, welche die Herstellung von in Reihe angeordneten runden Baugruben vorsehen, die durch unterirdische Tunnel verbunden sind, zum Einsatz kommen konnten. Darüber hinaus waren Verfahren mit vollständig oder teilweise verbauten Gräben möglich.

Als Ergebnis der öffentlichen Ausschreibung kam ein innovatives Verfahren der Firma Hagn Umwelt GmbH zur Ausführung, bei welchem ein modifizierter Spunddielenverbau eingesetzt wird. Um eine definierte Ableitung und Kontrolle der Sickerwassererfassung zu gewährleis-
ten, wurde eine befahrbare Sickerwas-
serleitung DN 300 (Rohre mit Außen-
durchmesser 400 mm SDR 7,4 aus PE 100) verlegt. Die Leitung ist am Leitungs-
tiefpunkt an ein Kontrollschachtbau-
werk (Schrägschacht) angeschlossen und im Bereich des Leitungshochpunktes in einem Winkel von 45° an die Deponieoberfläche gezogen, so dass sie beidseitig befahr- und spülbar ist. Da der Graben begehbar war, konnte das Rohrauflager und die seitliche Verfüllung qualitativ hochwertig hergestellt und durch die Fremd-
überwachung kontrolliert werden. Dies galt allerdings nicht für den Bereich des Schrägrohrs. Dieser Leitungsteil wurde außerhalb des Grabens verschweißt und in einem Stück auf das vorbereitete Rohrauflager gehoben.

Zusätzlich zu dem verrohrten Schlitz wurden auf der Deponie Gosberg zwei unverrohrte Dränageschlitze hergestellt und seitlich an den Hauptdränschlitz angeschlossen. Da diese Gräben durch den Verzicht auf die Verrohrung nicht begehbar sein mussten, konnte auf einen Verbau weitgehend verzichtet werden.
Dies ist möglich, da Hausmüll aufgrund des hohen Folienanteils sehr standfest ist.


Herstellen des Verbaus

Alle begehbaren Bereiche mussten mit aufwändigen Verbaukonstruktionen ge-
sichert werden. Der Aushub musste wegen der gewählten Art des Verbaus bis zur Endtiefe unverbaut erfolgen. Das Aushubmaterial war dabei kontinuierlich zu überwachen und zu protokollieren, da Zonen nicht hausmüllartiger Materialien zu geänderten Herstellungs- und Berechnungsbedingungen führen konnten.
Als Verbau wurde ein Linienverbau aus Spunddielen mit Aussteifungen und Gurtungen aus I-Trägern vorgesehen.

Rohrverlegung

Auf der Deponiesohle wurde im Verbau eine Tragschicht aus Schotter eingebaut und verdichtet. Als Rohrauflager wurde darauf Sand eingebaut. Die gewählten Polyethylenrohre wurden durch Elektroschweißmuffen verbunden und in passgenau hergestellten Auflagern verlegt. Die Überschüttung erfolgte mit Schotter.

Statik
Rohrstatik

Die Standsicherheitsnachweise der Rohre konnten für die Bereiche der offenen Verlegung nach den üblichen analytischen Berechnungsalgorithmen nach dem Merkblatt ATV M 127 – 1 Richtlinie für die Berechnung von Entwässerungsleitungen für Sickerwässer aus Deponien erfolgen. Im neu erstellten DK II Bereich erfolgte der Einbau der Rohre nach DIN 19667, so dass die Voraussetzung einer Verlegung auf der Deponiebasis mit einem über dem Rohr liegenden schubsteifen Balken gegeben war. Zu berücksichtigen waren die gegenüber der Ablagerung von Hausmüll deutlich gestiegene Dichte der Abfallüberschüttung. Die Berechnung des Hüllrohres, das im Anschluss an die Durchdringung der Dichtung verlegt wurde, ergab, dass eine Einbettung in bindiges Material ohne zusätzliche Maßnahmen nicht möglich war. Die erforderliche Verbesserung der Rohrbettung konnte durch den Einbau einer Boden-Zement-Mischung erreicht werden. Im Zuge der Fremdprüfung wurden Proben entnommen, an denen für die Mischung im Labor Festigkeit und Wasserdurchlässigkeit untersucht wurden. Die hohen Anforderungen an die Festigkeit des Auflagers wurden erfüllt.

Für den Bereich des Grabens wurde auf der Deponiesohle eine Tragschicht aus Schotter hergestellt. Darüber wurde das Rohrauflager aus Sand eingebaut. Das Sandmaterial war sowohl für eine flächige Einbettung als auch eine ausreichende Verdichtung der Leitungszone geeignet.
Für die Verlegung im Schrägbereich, die ohne Betreten des Rohrgrabens erfolgen musste, erfolgten vor Baubeginn Versuche mit dem vorgesehenen Auflager- und Einbettungsmaterial. Ausgewählt wurde nicht bindiges Material der Körnung 0,6 bis 16 mm.

Das Material ist rundkörnig, so dass keine negativen Auswirkungen auf die Rohraußenwand auftreten können. Die Berechnung erfolgte für diesen Bereich des Rohreinbaus mittels der Methode der Finiten Elemente (FEM). Hierdurch war es möglich die statischen Auswirkungen veränderter Auflagerwinkel und die Einflüsse bereichsweise unterschiedlicher Bettungen zu berücksichtigen und ein geeignetes Rohr zu wählen.

Anschluss an den Festpunkt

Die Sickerrohre entwässern unter der Deponiebasisdichtung in den Schrägschacht. Dies Bauwerk wurde aus Stahlbeton hergestellt. Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Steifigkeiten im Eintrittsbereich erfolgten für die Herstellung des Rohranschlusses Setzungsberechnungen für den Schrägschacht und den Deponiebereich. Für den Eintrittsbereich der Sickerwasserleitungen wurde ein Doppelrohrsystem gewählt, dessen Ringspalt für die zu erwartende Setzungsdifferenz ausgelegt wurde.

Im Forschungsvorhaben ‚Analyse von schachtnahen Rohrleitungsschäden in Deponien‘, wurden durch die Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) im Auftrag des Bayrischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen an verschiedenen Schäden Untersuchungen mit Berechnungen durchgeführt.

Es ergaben sich durchwegs Differ-
enzsetzungen zwischen den Zonen der Schachteinbindung über dem Fundament, der Schachtbettung zwischen Abfall und Fundamentbereich und des Ab-
falls. Hervorgerufen werden die Differen-
zen durch die unterschiedlichen vertika-
len Bodenspannungen. Extreme Werte erreichen die Differenzen für im Vergleich zu Bodenmaterial extrem leichte Kunststoffschächte mit einer gut verdichteten Kies-/Schotterummantelung. Sofern im angrenzenden Abfall noch Setzungen auftreten, entsteht zusätzlich eine Zone, in der der Abfall sich an die Schachtummantelung hängt.

Hierdurch entstehende vertikale Einwirkungen können lokal den rechnerisch aus Höhe und Dichte ermittelten Wert um das bis zu 2,5-fache überschreiten. Dies muss außer beider Bemessung von konstruktiven Maßnahmen auch bei der Bemessung von Rohren berücksichtigt werden.


Verbau

Der Verbau wurde als Grabenverbau aus Spunddielen mit I-Profilen als Gurtungen und Aussteifungen ausgebildet. Die Elemente wurden hierfür auf der Deponieoberfläche montiert und als Gesamtbauteil in den vorab ausgehobenen Graben eingebaut und hinterfüllt. Dies wird im Abfallbereich durch die so genannte Faserkohäsion ermöglicht. Der hohe Kunststoffanteil des Hausmülls bewirkt eine Bewehrung, die eine zumindest zeitlich begrenzte Standfestigkeit des Grabens bewirkt. Für die Berechnung wurde die Kohäsion in Anlehnung an die GDA Empfehlungen für die Scherparameter von Hausmüll angesetzt.

Schlussfolgerung / Ergebnis

Die Ergebnisse zeigen aus Sicht des Bauherrn, dass das im Deponiekörper in unterschiedlichen Schichten aufgestaute Sickerwasser durch die Dränschlitze und das Dränrohr abgeleitet werden. Seit der Herstellung zeigt ein kontinuierlicher Sickerwasserzufluss im Schrägschacht die Wirksamkeit der Maßnahmen. Da vor Baubeginn eine Nullwasserstandsmessung in den vorhandenen vertikalen Pegeln im Deponiekörper gemacht wurde, kann festgestellt werden, welche Flä-
chen und in welchem Abstand vom Dränschlitz die Deponie langfristig entwässert wird. Dadurch ist eine Langzeitbeurtei-
lung der Gesamtwirkung der Maßnahme möglich.n

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