„Ihre Krawatte ist aber chic“
Rhetorik-Trainer Peter Flume erklärt, wie Messepersonal agieren muss, damit Kunden „anbeißen“. Die Frage: „Kann ich Ihnen helfen“, ist verboten. Besser: die Gäste über scheinbare Belanglosigkeiten in ein Gespräch ziehen. Etwa die Krawatte loben, das ist unverbindlich und bricht das Eis.
Egal ob auf der Branchenmesse Viatec in Bozen oder der eigenen Hausveranstaltung, gut geschultes Standpersonal ist entscheidender Faktor für einen erfolgreichen Messeauftritt. Gerade ein Fünftel der Messekosten geben Firmen für ihr Standpersonal aus, so der Ausstellungs- und Messeausschuss der deutschen Wirtschaft (Auma). Dabei können weder Standaufbau noch Videoanimationen Kunden direkt ansprechen und gewinnen.
„Die typische Messesituation ist: Personal steht am Stand und wartet“, analysiert Peter Flume regelmäßig das Geschehen. Aus Verlegenheit unterhielten sich Kollegen untereinander und verhielten sich beschäftigt, so der Nürtinger Kommunikations- und Messetrainer. Dabei sollten sie Interessenten beobachten und simple Anknüpfungspunkte für ein Gespräch finden, ehe sie in den inhaltlichen Austausch einsteigen. Schleppt etwa ein Messebesucher drei Kataloge, dann könnte jemand auf ihn zugehen und ihm eine Tasche anbieten. Kämpft ein anderer mit dem Handy, das gerade bimmelt, und rutschender Prospekte unter dem Arm, dann ist die einfache Frage: „Darf ich Ihnen das kurz halten?“ Ein erster Kontakt für ein anschließendes Fachgespräch ist geknüpft.
Menschen machen den Erfolg des Messe-Engagements aus. Denn sie transportieren die Firmenkultur mit jedem Lächeln, jedem offenen Zugehen auf Interessierte und jeder informativen Antwort auf Fragen. Dafür müssen Mitarbeiter vorbereitet und eingeschworen werden. Flume rät zudem: „Das Standpersonal muss inhaltlich fit sein“. Stellen Firmen technisch anspruchsvolle Geräte oder Maschinen aus, müssen die Präsentierer, geschult sein. Dazu empfiehlt er, im Vorfeld Verkaufsargumente zu sammeln und das Wording festzulegen. „Das gibt Sicherheit in der Argumentation“, erklärt Flume. Und auch für die Markenbildung ist es unerlässlich, dass Namen einzelner Produkte sitzen. „Verkäufer dürfen nicht herum stottern. Unbewusst transportieren sie damit die Botschaft:
Ich bin nicht überzeugt, von dem was ich sage“, erläutert der Rhetoriktrainer. Ziel sollte sein: Jeder Mitarbeiter kann Fragen nach neuen Produkten aus dem Stegreif beantworten und erste technische Informationen geben, ehe er an den Fachmann übergibt.
„Bei uns gibt es keine Messemiezen“, hört Flume Inhaber und Marketingleiter sagen, wenn es darum geht, wer auf dem Stand arbeitet. Trotzdem ist ein gepflegtes Äußeres ein Muss: Dunkler Anzug für den Herrn und Kostüm für die Damen, dazu einheitliches Hemd oder Blusen und Krawatte oder Halstuch in Firmenfarbe sehen nicht nur gut aus. Sie signalisieren dem Besucher auch, wer zum Unternehmen gehört und wen sie ansprechen können.
Zwar seien Vertriebsleute gesprächserfahren, aber die Stresssituation am Stand sei doch besonders, meint Flume. Da Messen immer weniger dem Verkauf als der Geschäftsanbahnung dienen, empfiehlt er, das Standteam immer eine Person größer als notwendig zu machen. So könne jeder Verkäufer Kunden besuchen, Wettbewerber beobachten oder nach Neuigkeiten ausschauen. Am Stand gilt die ganze Aufmerksamkeit aber den Besuchern. Und für Mitarbeiter besteht absolutes Telefonverbot. „Lässt es sich nicht verhindern, dann müssen sie den Stand verlassen“, so der Tipp des Trainers.
Standpersonal muss jederzeit ausstrahlen, dass es aktiv für Besucher da ist. Einen firmeninternen Wettbewerb schlägt Flume deshalb vor. Angefangen von „Wer hat den skurrilsten Besuch?“ oder die originellste
Kundenansprache über „Wer ist für welchen Kundentyp der Richtige?“ bis zu wie viele Interessenten bringt der Vertriebler dem Techniker.
„Wichtig ist nicht der Erfolg des Einzelnen, sondern der Spaß an der Teamarbeit“, sagt der 44-jährige Rhetoriker. Einer reißt den anderen mit und die Prämien gibt es beim Bergfest, in der Mitte der Messezeit.
Mit Aktionen und Highlights kann es das Unternehmen seinen Mitarbeitern leichter machen. An einem großen Stand können das zehnminütige Impulsvorträge sein. Bleiben Unentschlossene stehen, ist das eine Chance diese anzusprechen. Gehen Zuhörer früher aus dem Vortrag, besteht die nächste Gelegenheit. „Kleine, intelligent gemachte Give-aways sind ebenfalls eine Hilfe“, rät Flume kleineren Unternehmen. Flyer oder Kugelschreiber gehen allerdings völlig unter. Besser seien praktische Dinge, die man während der Messe gebrauchen kann. Ein Apfel als Vitaminzufuhr, wenn möglich in der Firmenfarbe, kann die kleine Gefälligkeit sein, die das Unternehmen von Standnachbarn abhebt. „Im anstrengenden Messeeinheitsbrei honorieren die Besucher, wenn sie merken, dass sich eine Firma Gedanken macht“, meint der Fachmann.n