Installation um 90º Krümmung ohne Endschacht
Unterhalb des St.-Guido-Stifts-Platz der Stadt Speyer betreiben die Entsorgungsbetriebe Speyer (EBS) einen Entlastungssammler. Das gemauerte Ei-Profil hat einen Querschnitt von 1000 auf 1500 mm und verläuft in einem lang gestreckten 90 Grad Bogen aus der Achse der Armbruststraße in die Achse der querenden Petschengasse.
Neben dem gekrümmten Verlauf fand sich auf der ca. 140 m langen, sanierungsbedürftigen Kanaltrasse noch eine weitere Besonderheit: nach etwa 100 m in Fließrichtung quert ein anderer, höher verlegter Kanal den Entlastungssammler und schränkt dessen Querschnitt auf anderthalb m Fließstrecke vom Scheitel nach unten punktuell beträchtlich ein. Aufgrund der Netztopographie konnte der querende Kanal nicht entfernt oder verlegt werden. Er musste also im Rahmen der Sanierungsstrategie des Entlastungssammlers erhalten bleiben.
Die EBS beauftragten das Ingenieurbüro IPR Consult, Neustadt Weinstraße, mit Planung und Bauleitung der Sanierungsmaßnahme. Ausgeschrieben wurde in der Folge das Schlauchliningverfahren, da hierdurch der Querschnitt des Entlastungssammlers nur minimal reduziert wurde und ein maximaler „Stauraum“ erhalten werden konnte. Seit über 15 Jahren haben die EBS ausschließlich gute Erfahrungen mit Schlauchlining-Technologien gemacht und vertrauen daher auf diese langlebige und wirtschaftliche Art der Kanalrenovation. Nach erfolgter Ausschreibung und Wertung aller Angebote erhielt die Insituform Rohrsanierungstechniken GmbH, Niederlassung Stuttgart, als wirtschaftlichster Bieter, den Auftrag zur Ausführung dieser herausfordernden Sanierungsaufgabe.
Faltenfrei mit Warmwasserhärtung
Bei der Auswahl eines geeigneten Verfahrens kam neben der schieren Größe des Bestandskanals - aufgrund der erforderlichen „Bogengängigkeit“ – sowie der notwendigen Installation ohne Endschacht nur ein warmwasserhärtendes Schlauchliningverfahren mit dem Trägermaterial Synthesefaserfilz in Frage. Im Gegensatz zur UV-Lichthärtung mit dem Trägermaterial Glasfaser ist der Insituform Synthesefaserfilzliner in der Lage, Krümmungen bis zum 4-fachen Altrohrdurchmesser (r = 4 x d) faltenfrei auszukleiden. Durch das warmwasserhärtende Inversionsverfahren entstehen beim Einbringen der Schlauchliner keine Zugkräfte. Daher wird zur erfolgreichen Installation, entgegen den UV-lichthärtenden Verfahren, kein Gegenschacht benötigt.
Digitale Laservermessung
Insituform stimmte mit dem Ingenieurbüro und dem Bauherrn zunächst eine digitale Laservermessung des Altkanals ab, da der gemauerte Sammler auf der gesamten Trasse deutlich erkennbare Profiländerungen aufwies und nicht der Geometrie eines standardisiertem, 2 zu 3 Regeleiprofils entsprach. Die Laservermessung ergab, dass der im Plan genannte Regelquerschnitt DN1000/1500 nur näherungsweise zutraf, wenngleich der Umfang bis auf wenige Prozent identisch mit dem eines Regeleiprofils war.
Auf Basis der Laservermessung wurde daraufhin eine statische Berechnung nach der Finite Elemente Methode erstellt, da Standardsoftware sowie die Ringsteifigkeitsformel des Anforderungsprofils der süddeutschen Kommunen nur bei Regelprofilen angewendet werden können. DieSchlauchkonfektionierung erfolgte ebenfalls als „Sonderprofil“ unter Berücksichtigung und auf Basis des minimalen Umfangs aus der Laservermessung.
Umsetzung in zwei Inversionen
Im Vorfeld des Schlauchlinereinbaus erfolgte die Installation der vertraglich fixierten Wasserhaltung mit Q, max = 200 l/sec, welche für kleinere bis mittlere Niederschlagsereignisse ausgelegt war.
Abflusshindernisse und Inkrustationen wurden manuell aus dem Altprofil entfernt sowie verschiedene Fehlstellen und stärkere punktuelle Ausbrüche mit PCC Mörtel egalisiert.
Die Installation des Schlauchliners erfolgte in einer ersten Inversion vom Startschacht in Fließrichtung bis vor den querenden Kanal und in einer zweiten Inversion vom Zielschacht entgegen der Fließrichtung bis vor den querenden Kanal. Anschließend wurden die Schlauchlinerköpfe dann manuell wieder freigeschnitten, so dass der Abfluss kurzfristig wiederhergestellt wurde.
Für die Öffentlichkeit
Die Sanierung war sowohl in Dimension als auch aufgrund der besonderen Altrohr-Randbedingungen kein alltägliches Projekt. Daher lud Insituform interessierte Kunden, Netzbetreiber und Ingenieurbüros am Vormittag der zweiten Schlauchlinerinversion zu einer Baustellenbesichtigung ein. Von über 30 Teilnehmern wurde die Präsentation mit großer Resonanz angenommen. Ausschreibende und Planer konnten sich so vor Ort ein Bild über Platzbedarf der Baustelleneinrichtung machen sowie den anwesenden Insituform–Mitarbeitern gezielte Fragen stellen.
Einige Besucher der Veranstaltung nutzen die Gelegenheit, um in den frei- und vollkommen trockengelegten Startschacht der Sanierungsstrecke einzusteigen. Dort konnten Sie den bereits installierten Schlauchliner der ersten Inversion augenscheinlich aus nächster Nähe begutachten.
Finish in Handarbeit
Zum perfekten handwerklichen Finish der Maßnahme wurden der anderthalb Meter lange Abschnitt der querenden Kanaltrasse zwischen den beiden Linerenden, drei Zwischenschächte sowie alle Schachteinbindungen, Spiegel und Seitenzuläufe hochwertig mit UP/GF- Handlaminat ausgekleidet.
Insituform verfügt bundesweit inzwischen über fünf Spezialkolonnen für die händische Laminierung. Alle Mitarbeiter sind ausgebildete Laminierscheininhaber nach DVS-2220.
Am Ende alle zufrieden
So wurde zum Abschluss der Maßnahme eine Sanierung „aus einem Guss“ erreicht: nicht nur der neue Schlauchliner kann sich sehen lassen. Auch die Abzweige, Schächte und Bauwerke wurden hochwertig in die Renovation einbezogen. Auftragnehmer, Ingenieurbüro und Bauherr zeigten sich mit Abwicklung und Ergebnis des Sanierungsprojekts in höchstem Maße zufrieden.