Knappes Zeitfenster
Als um 4 Uhr morgens der Schieber an der Druckleitung geöffnet wurde und das Abwasser wieder von Ravenna in Richtung Kläranlage gepumpt werden konnte, atmeten die beteiligten Baupartner auf: In einem äußerst knappen Zeitfenster von nur 24 Stunden hatte die Rotech Srl, ein ital. Tochterunternehmen der Diringer & Scheidel Rohrsanierung GMBH & CO. KG, einen rund 82 m langen Abschnitt der Abwasserdruckleitung in der Nennweite DN 500 saniert, der unter einer 4-spurigen Umgehungsstraße verläuft.
Bei der Sanierungsmaßnahme, die im Auftrag der Comune di Ravenna ausgeführt wurde, kam mit dem RS-BlueLiner ein Verfahren zum Einsatz, das in der Kombination mit einer leistungstarken Anlagentechnik zu einem hervorragenden Sanierungsergebnis führte. Dazu beigetragen haben auch die Werkstoffeigenschaften des im Verbund gefertigten elastischen Glas-Filz-Schlauches, dessen Bogengängigkeit den Einsatz in Bögen bis 45° möglich macht.
Nachdem bei einer routinemäßig durchgeführten Revision Undichtigkeiten an der Druckrohrleitung im Bereich des Fahrbahn-Damms der Umgehungsstraße festgestellt worden waren, war die Entscheidung zu einer zügigen Sanierung schnell gefallen – zumal die Leitung im Grundwasserbereich verläuft. Vor allem um den Verkehr auf der vielbefahrenen Straße aufrecht halten zu können, entschied sich der Auftraggeber für das BlueLine-Verfahren, ein grabenloses Sanierungsverfahren, bei dem ein glasfaserverstärkter Nadelfilzliner mit einem Zweikomponenten-Epoxidharz imprägniert, in die Druckleitung eingebracht und anschließend durch Wärmezufuhr zu einem neuen Rohr ausgehärtet wird. Die moderne Schlauchlinertechnologie, die unter anderem als einziges Produkt über eine Trinkwasserzulassung besitzt, wird von der RS Aqua GmbH hergestellt und ist in Nennweitenbereichen von DN 100 bis DN 1000 mm einsetzbar. Unter wirtschaftlichen Aspekten konnte das Verfahren ebenfalls punkten: Konventionelle Alternativen wie Bohren oder Pressen wären beide deutlich aufwändiger und teurer gewesen, heißt es von Auftraggeberseite. Auch Druckrohr-Liner der Klasse C, die mit dem Altrohr verklebt werden, konnten auf Grund der Zementmörtel-Beschichtung nicht eingesetzt werden.
Modernste Anlagentechnik
Die komplette BlueLine-Anlagentechnik ist auf einem vollständig ausgebauten Fahrzeug angeordnet. In dieser mobilen Tränk- und Mischanlage erfolgen die Dosierung und luftfreie Mischung der Harzkomponenten sowie die Imprägnierung des Liners direkt vor Ort an der Einbaustelle. Dipl.-Ing.(FH) Jens Wahr, Diringer & Scheidel Rohrsanierung GmbH & CO. KG, der die Baumaßnahme vor Ort betreute, bezeichnet die Tränkanlage der D&S Rohrsanierung als die modernste ihrer Art. „Am Steuerpanel definiert der Tränkmeister die Parameter der zu sanierenden Rohrleitung und die SPS-Software erstellt vollautomatisch eine Harzmischung in exakt berechneter Menge“, erläutert der Bauleiter aus der Niederlassung Herne, die als Kompetenzzentrum für die BlueLine-Technik gilt. Nebenbei werden die Kalibrierwalzen gesteuert, die Füllstände der Komponenten-Tanks überwacht und deren Temperaturen auf optimalem Niveau gehalten. „Tränktisch und Kalibrierwalzen sind auf Nennweiten bis DN 1000 ausgelegt und durch die modulare Bauform der Anlage sind uns in Sachen maximaler Schlauchlänge keinerlei Grenzen gesetzt“, nennt Wahr weitere Vorteile der Anlage.
Gemeinsame Projektentwicklung
Die größten Herausforderungen bei der Sanierungsmaßnahme in der Emiglia Romagna ergaben sich allerdings aus den Rahmenbedingungen, unter denen die Arbeiten ablaufen mussten. Entsprechend des Bauzeitenplans wurden etwa zwei Wochen vor dem Einzug des Schlauchliners zu beiden Seiten des Straßendamms die Baugruben ausgehoben und die Druckleitung freigelegt. Nach der Trennung des Rohrstranges setzten die Arbeiter Passstücke und Absperrschieber ein, mit denen der Durchfluss des Abwassers in dem zu sanierenden Abschnitt unterbunden werden konnte. Für die eigentliche Sanierung stand nach Vorgabe des Auftraggebers dann lediglich ein Zeitfenster von 24 Stunden zur Verfügung. „Ausschlaggebend hierfür waren in erster Linie technische Gründe beim Betrieb der Kläranlage“, so ein Sprecher des Auftragebers. Zudem mussten die Arbeiten in einer Trockenwetterphase ausgeführt werden. „Deshalb wurde das Projekt in zwei Phasen unterteilt“, so der Bauherr weiter. In der ersten Phase entwickelten die Baupartner gemeinsam die Strategie für den Ablauf der Sanierungsarbeiten, angefangen bei der Außerbetriebnahme und dem Leeren der Leitung, über die Trennung des zu sanierenden Teilstücks vom Netz, den Ablauf von Reinigung und TV-Inspektion zur Zustandserfassung, der Kalibrierung zur Nennweitenbestimmung, dem Einbau der Schieber und der Anpassung und dem Einbau der beidseitig geflanschten Passstücke bis hin zur Wiederinbetriebnahme der Druckrohrleitung. Nach der Bemessung und Bestellung des Schlauches – seine Produktion erfolgte innerhalb von nur zwei Wochen – begann mit der Festlegung des Einbautermins und der Zusammenstellung der Baustelleneinrichtung die eigentliche Sanierungsphase. „Ein Sanierungsprojekt ohne jeglichen Zeitpuffer ist immer eine aufregende Sache – aber die Kollegen von Rotech haben alles bis ins Detail geplant und die Baustellentechnik mit ausreichend Sicherheiten ausgestattet“, berichtet Jens Wahr. „Wir haben sogar eine Ersatz-Anlage vorgehalten, da konnte eigentlich gar nichts mehr schief gehen.“
Gewerke griffen wie Zahnräder ineinander
Mit dem Absaugen des Abwassers über einen Entleerungsstutzen und dem anschließenden Ausbau der Passstücke begann dann der eigentliche Sanierungsvorgang. Während der Leitungsabschnitt vor und nach der Reinigung mit der TV-Kamera befahren wurde, wurde der Schlauch bereits getränkt und aufgetrommelt. Danach wurde der Liner mit Druckluft in die Haltung eingeblasen. Nach Erreichen der Zielgrube erfolgte anschließend die Aushärtung durch Wärmezufuhr zu einem neuen, statisch selbsttragenden Rohr. „Auch bei diesem Vorgang macht sich die moderne Anlagentechnik bezahlt, vor allem in Bezug auf das knapp bemessene Zeitfenster“, erinnert sich Karl-Heinz Robatscher, Geschäftsführer Rotech Srl. „Durch die Leistungsfähigkeit unserer Dampfanlage hatten wir einen hervorragenden Energieeintrag ins Laminat und erreichten bereits nach kürzester Zeit hohe Temperaturen, so dass die in der Planungsphase angesetzte Aushärtezeit deutlich reduziert werden konnte.“
Nach dem Aushärten des BlueLiners und dem Wiedereinbau der Passstücke konnten die Schieber geöffnet werden. Während der Bauphase griffen die einzelnen Zahnräder nahtlos ineinander und alles verlief wie geplant und zur vollsten Zufriedenheit des Auftraggebers. Bei diesem Einsatz kam es auf jede Minute an. Die einzelnen Herstellungsphasen des Liners sowie das Wechselspiel zwischen den einzelnen Gewerken wurde im Vorfeld auf die Viertelstunde genau geplant. „Kaum auszudenken, was Verzögerungen in der Fertigstellung für die angeschlossene Kläranlage bedeutet hätten“, stellt Karl-Heinz Robatscher in seiner persönliche Bilanz fest. „Als dann auch noch der Regen einsetzte, war es für alle eine Erleichterung, dass wir auf Grund der akribischen Vorplanung und der Leistung des eingespielten Teams fast zwei Stunden vor der geplanten Zeit fertig wurden.“
Diringer & Scheidel Rohrsanierung GmbH & CO. KG