Konzernergebnisse
Die Bilanz der großen Bauunternehmen in 2011 ist durchwachsen. Die sehr gute Baukonjunktur in Deutschland war nicht für alle ein Garant für befriedigende Ergebnisse. Einige Unternehmen erlitten hohe Verluste auf ausländischen Baustellen. Der Trend für 2012 sieht dagegen besser aus.
Hochtief, die Nummer Eins der Bauwirtschaft, musste letztes Jahr einen Konzernverlust (nach Anteilen Dritter) von 160 Mio. Euro hinnehmen, nach einem Rekordgewinn von 288 Mio. in 2010. Zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte fiel die Dividende aus. Einmal mehr nahm die große australische Tochter Leighton die Essener Mutter in Haftung. Zwei notleidende Projekte „down under“ tauchten beide Firmen in den roten Bereich. Auch bei der Spezialtiefbaufirma Bauer und Züblin sank das Ergebnis. Einen Gewinnanstieg verzeichneten nur Bilfinger und Strabag.
Dies ist eigentlich paradox, denn die gute Gesamtkonjunktur und der milde Winter machten 2011 zu einem außergewöhnlichen Jahr für die deutsche Bauwirtschaft. Der Umsatz des Bauhauptgewerbes stieg um erstaunliche 12,5 %. Allerdings bedeutet die exzellente Binnenkonjunktur für die beiden größten Baukonzerne Hochtief und Bilfinger, denen wir uns heute im Teil I der Bilanzen widmen, nicht allzu viel. Hochtief erbringt nämlich 92 % der Bauleistung im Ausland und ist damit die Baugruppe, die weltweit am internationalsten aufgestellt ist. Bei Bilfinger erreicht der Auslandsanteil an der Leistung auch 60 %. In Teil II der Bilanzen befassen wir uns im nächsten Heft mit Strabag, Züblin, Max Bögl und Bauer.
Hochtief Geisel der australischen Tochter
Hochtief hat ein Image-Problem in Deutschland. Die endlosen Auseinandersetzungen mit dem Hamburger Senat um die Elbphilharmonie lädieren den Ruf. Materiell ist der Schaden für den Baukonzern vielleicht gering, ideell ist er gewaltig. Der Sympathieeffekt, den Hochtief nach der feindlichen Übernahme durch die spanische ACS genoss, ist weg. Diese Ereignisse sind dennoch für den Fortbestand von Hochtief zweitrangig. Das Schicksal der Gruppe spielt sich eher in Australien ab. Leighton hängt Hochtief wie ein Klotz am Bein. Es gibt zwei Verlustbringer, das Straßenprojekt Airport Link in Brisbane und die Meeresentsalzungsanlage Victorian Plant. Beide Baustellen sollen dieses Jahr abgeschlossen werden. Das Ergebnis vor Steuern von Hochtief Asia Pacific (Leighton) drehte sich von einem Plus von 512 Mio. Euro in 2010 in einen Verlust von 285 Mio. in 2011.
Der neue Vorstandsvorsitzende Dr. Frank Stieler, der letztes Jahr den Stab von Dr. Herbert Lütkestratkötter übernahm, hatte eigentlich gehofft, die australischen Verluste in 2011 zu beenden. Umso größer war die Enttäuschung, als im ersten Quartal im Konzern ein neuer Verlust vor Steuern von 91 Mio. Euro anfiel. Vor einem Jahr war das Minus mit 445 Mio. noch deutlich höher gewesen. Das Ziel, bereits im ersten Quartal 2012 wieder die Gewinnzone zu erreichen, wurde verfehlt. Der Verlust, so vermerkte Dr. Stieler tapfer, sei „nicht repräsentativ“ und das Geschäft des Konzerns entwickle sich „positiv“. Der dramatische Einbruch in Australien trifft Hochtief im ungünstigsten Moment. Man weiß nicht, was der neue Eigentümer ACS, der mehr als 49 % der Anteile hält, unternimmt. Um ACS abzuwehren, hatte Dr. „Lü“ im März 2011 noch eine Gewinnexplosion prognostiziert. Nach dem Rekordergebnis von 757 Mio. Euro vor Steuern in 2010 würde das Plus im Zeitraum 2011-2013 dreimal hintereinander 1 Mrd. Euro pro Jahr erreichen, hatte er orakelt. Diese Höhenflüge sind Makulatur. Für das laufende Jahr ist der Nachfolger Dr. Stieler vorsichtiger: Ende März sagte Hochtief ein Ergebnis vor Steuern von 550 Mio. Euro und einen Konzerngewinn aus dem operativen Geschäft (ohne Verkauf der Flughafenbeteiligungen) von 180 Mio. voraus. 2011 war „in vielerlei Hinsicht nicht erfolgreich“, konzedierte Dr. Stieler im Februar 2012 auf der Bilanzpressekonferenz. Das Ebita stürzte nämlich von 948 Mio. Euro in 2010 auf 62 Mio., das Ergebnis vor Steuern war um 127 Mio. negativ (2010: +757 Mio.) und das Konzernergebnis lag bei -160 Mio. (+288 Mio.). Im Geschäftsbereich Concessions belasteten Mautstraßenprojekte in Griechenland und Chile, deswegen sank das Vorsteuerergebnis der Division von 84 Mio. Euro in 2010 auf 4 Mio. Nur zwei Bereiche konnten das Ergebnis vor Steuern steigern, Americas von 127 Mio. Euro auf 142 Mio. und Europe von 83 Mio. auf 93 Mio. Trotz allem ist Dr. Stieler „froh, dass wir Leighton haben“. Dort sei eine „neue Zeitrechnung“ angebrochen, denn im August 2011 seien der Chairman und der CEO von Leighton ausgetauscht worden. Im ersten Quartal 2012 erlitt Hochtief noch einen Konzernverlust von 34 Mio. Euro (1.Quartal 2011: -170 Mio.). Dennoch hat die Gruppe keine Liquiditätsprobleme. Zum ersten Mal begab Hochtief in diesem Jahr eine Unternehmensanleihe im Volumen von 500 Mio. Euro. Mittelfristig setzt der Konzern auf drei Schwerpunkte: Energieinfrastruktur, Metropolen und Verkehrsinfrastruktur. Dr. Stieler legte im Februar eine anspruchsvolle Fünfjahresprognose vor. Der Bereich Verkehrsinfrastruktur soll von 2011 bis 2016 um 33 % auf 6,8 Mrd. Euro wachsen, der Bereich Energieinfrastruktur um 40 % auf ebenfalls 6,8 Mrd. zulegen. Für Metropolen hatte er noch keine Zahlen parat.
Bilfinger spielt in einer anderen Liga
Unternehmen werden von Unternehmern geprägt. Das gilt auch für Bilfinger. Herbert Bodner, der am 1. Juli 2011 zugunsten von Roland Koch abtrat, hatte den von Christian Roth übernommenen Baukonzern zu einem Ingenieur- und Serviceunternehmen umgeformt. Heute macht der Servicebereich 79 % der Leistung aus. Die Verwandlung war hochprofitabel, denn im Bausektor sind die Margen niedrig und im Dienstleistungsbereich hoch. Roland Koch, der die Verdienste seines Vorgängers würdigt, fällt die Aufgabe zu, das zusammengekaufte Konglomerat zu vereinheitlichen und Synergie-Effekte zu erzielen. Dabei scheut er sich nicht, alte Zöpfe abzuschneiden. So hat die Hauptversammlung beschlossen, den Doppelnamen Bilfinger Berger aufzugeben und nur noch als Bilfinger SE zu firmieren. Alle Töchter stellen ihrem Namen, der in der Branche eingeführt ist und erhalten bleibt, den Namen Bilfinger vorweg. Andere Neuigkeit: Bilfinger wird in einem anderen Börsensektor notiert, nicht mehr bei Construction, sondern bei Industrial Products & Services.
Der Übergang von Bodner auf Koch verlief weit harmonischer als der Wechsel von Dr. Lütkestratkötter auf Dr. Stieler. Der Hochtief-Chef verließ aus Ärger über den Sieg des spanischen Hauptaktionärs. Bodner ging in den Ruhestand, wenn man das bei einem Segler so sagen kann. Die Nominierung seines Nachfolgers war ein vielbeachteter „Coup“. Ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft ist in Deutschland immer noch eine Seltenheit. Bisher hat der Neue offensichtlich nichts falsch gemacht. Der Finanzinvestor Cinven, der 15 % der Anteile besitzt, scheint laut Koch keine Ambitionen auf den Mehrheitserwerb zu haben. Auf der Bilanzpressekonferenz bezeichnete Koch 2011 als „das beste Jahr in der Unternehmensgeschichte“. Das Konzernergebnis stieg, auch dank des Verkaufs von Valemus in Australien, von 284 Mio. Euro in 2010 auf den Rekordwert von 394 Mio. Das Ebit (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) erreichte 361 Mio. (2010: 341 Mio.). Die Gruppe fährt mittelfristig die Leistung zurück. Der Baubereich wird gesundgeschrumpft. Deswegen ist die Leistung von einem Gipfel von 10,7 Mrd. Euro in 2008 auf 8,1 Mrd. in 2010 gesunken. Letztes Jahr stieg sie wieder moderat um 5 % auf 8,48 Mrd. an. Am dynamischsten wuchs dabei die Division Industrial Services um 12 % auf 3,3 Mrd. Euro. Power Services gewann 5 % auf 1,2 Mrd. Building & Facility Services sank wie geplant um 3 % auf 2,3 Mrd. und Construction (Ingenieurbau) stieg um 5 % auf 1,8 Mrd. Koch hat sich und seinen Mannen ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis 2014 sollen die Ebita-Gewinnmargen signifikant ansteigen, bei Power Services, dem profitabelsten Bereich, von 8,3 % in 2011 auf 9-9,5 %, bei Industrial Services von 5,1 % auf 6-6,5 %, bei Building & Facility Services von 4,2 % auf 4,5-5 % und bei Construction, dem schwächsten Bereich in 2011, von 2,1 % auf über 4 %. Für das laufende Geschäftsjahr kündigte Koch ein Konzernergebnis an, das „erheblich“ über dem Ergebnis aus dem fortzuführenden Geschäft (220 Mio. Euro) von 2011 liegen werde. Im ersten Quartal verdoppelte sich das Ebita auf 133 Mio. (Vorjahr 68 Mio.); es beinhaltet die Erlöse aus dem Verkauf von Anteilen an Julius Berger Nigeria und von 11 Betreibergesellschaften im Gesamtwert von 65 Mio. Euro. Allerdings ist auch Bilfinger vor bösen Überraschungen nicht gefeit: im Juni meldete eine PPP-Gesellschaft, die das Gefängnisprojekt „Ararat Prison“ in Victoria (Australien) umsetzte, Insolvenz an. Dadurch muss Bilfinger den Eigenkapital-Anteil von 15 Mio. Euro vollständig wertberichtigen. Angesichts der erreichten Rentabilität der Gruppe ist dies aber eher ein „Malheurchen“.
Teil 2 dieses Bilanzberichts folgt in der nächsten Ausgabe tHIS 07/2012.
Tabelle Baukonzerne in 2011FirmenBauleistung
in Mrd. EuroVeränderung
in ProzentAnteil Ausland
an der Leistung Ergebnis
vor Steuern
in Prozent
in Mio.€
(in Klammern Vorjahr)Beschäftigte
Jahresdurchschnitt
Hochtief, Essen25,79+11,092,2-127 (757)75.449Bilfinger, Mannheim8,48+5,260,4331 (301)57.522Strabag, Köln4,50+14,349,4117 (110)11.676Züblin, Stuttgart2,71+12,433,780 (86)12.092Max Bögl, Neumarkt1,6+14,330k. A.6.000Bauer, Schrobenhausen1,37+5,27348 (58) 9.646