Kunst und Wasser zum Anfassen

Gestaltung der Ortsmitte Badenweiler

Bevor es zu Tage tritt, hat das Heilwasser der Römerquelle vermutlich 9.000 Jahre unter der Erde geruht. Seit der Neugestaltung des Inhalatoriums und seiner
Umgebung gibt es auch eine angemessene Präsentation des Thermalwassers.

Das 1912/13 im neobarocken Stil erbaute Inhalatorium wirkt wie aus der Zeit gefallen: Es ist zierlich, schön herausgeputzt und thront auf einem Sockelgeschoss an der Luisenstraße, dem Rathaus gegenüber. Unter dem Dach des achteckigen Bauwerks wurde in den ersten Jahren radonhaltige Luft, später bis zur Schließung 1999 fein zerstäubtes Thermalwasser inhaliert. Durch die aktive Beteiligung der Bevölkerung und das Engagement des „Bürgerforums Badenweiler e.V.“ gelang es, in Abstimmung mit der Denkmalpflege, das Inhalatorium zu sanieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach 17 Jahren Dornröschenschlaf konnte der kleine Wassertempel wieder eröffnet werden.

Inhalatorium, Innen- und Außenraum

Vorausgegangen war ein Architekturwettbewerb, den das Ramboll Studio Dreiseitl gewonnen hatte. Der prämierte Entwurf ermöglicht heute dank der neu gestalteten Fassade des Sockelgeschosses Einblicke in die unter dem Inhalatorium liegende Technik. Durch das Schaufenster ist unter anderem der Eingang des 35 Meter langen Stollens zu sehen, an dessen Ende die Römerquelle Tag für Tag etwa eine Million Liter Thermalwasser schüttet. Wesentliches Element der Neugestaltung ist die großzügig angelegte Freitreppe, von der Luisenstraße hinauf zum Inhalatorium, mit integriertem Wasserlauf. Dieses Sinnbild für die Römerquelle scheint unter dem Wassertempel hervorzusprudeln und lenkt die Aufmerksamkeit der Betrachter auf den Eingang des renovierten Gebäudes. Innen symbolisiert eine Quellschale aus Bronze den hohen Stellenwert des Thermalwassers für Badenweiler.

Gestaltung, Kunst und Technik

Mit künstlerischer Sorgfalt sind die Formen und Materialien für Quellschale, Trinkbrunnen und Wassertreppe gewählt. Die aufwändig programmierte Choreografie des Wechsels bei Menge, Bewegung und Beleuchtung verschafft dem hier in Erscheinung tretenden Wasser der Römerquelle durch die sanft anmutende Inszenierung innerhalb und außerhalb des Inhalatoriums eine besondere Bedeutung.

Der für die künstlerische und gestalterische Konzeption verantwortliche Hendrik Porst hat für Ramboll Studio Dreiseitl großartig und einfühlsam den historischen Ort neu interpretiert. Die Klarheit und Frische in der Gestaltung des Sockelgeschosses, der schlichte Innenraum des neobarocken Inhalatoriums, die Mitsprache bei der Herstellung der Wasser führenden Objekte des Metallateliers und nicht zuletzt die genial konzipierte Wassertreppe – ein Ensemble, das den sachkundigen Betrachter die hervorragende Abstimmung der beteiligten Planer, Künstler und Handwerker erahnen lässt.

Kunst aus Metall und hochwertige Technik, dezent verborgen, ist eine Spezialität des Metallateliers. Quellschale und Trinkbrunnen im renovierten Inhalatorium wurden von David Fuchs und seinem Team in Absprache mit den Architekten geplant, gebaut und in Betrieb genommen. Die Besonderheit künstlerischer und technischer Details beginnt schon bei der Auswahl des Materials. Das Edelmetall Bronze bringt das Heil- und Thermalwasser würdig zur Erscheinung. Dieses quillt aus einer mittig im Raum stehenden Brunnenschale, überströmt sie und verschwindet darunter. Und es fließt zugleich an der Rückwand des achteckigen „Wassertempels“ aus drei gebogenen Rohren in ein Trinkbecken, als käme es ohne Umweg über die Pumpentechnik direkt aus dem Berg.

Trinkbrunnen, Attraktion an der Innenwand

Gehalten durch eine verdeckte Befestigung scheint das aus Streben und Blechen feingliedrig gearbeitete Metallbecken vor der Wand zu schweben. David Fuchs vom ausführenden Metallatelier hat dafür den Werkstoff Zinnbronze (CuSn8) gewählt – ein Material, das wie die Heilquelle in Badenweiler schon den Römern bekannt war – und so den historischen Zusammenhang zwischen dem Anfang der Badekultur an diesem Ort und der heutigen Nutzung herstellt. Die Oberfläche des Trinkbrunnenbeckens wurde fein geschliffen sowie poliert und erschien bei der Montage noch gleichmäßig in dem für Bronze typischen goldbraunen Ton. Schon wenige Monate nach Inbetriebnahme war das Becken, wie erwartet und gewünscht, durch den Kontakt mit dem Wasser in den vielfältig changierenden violett-braunen Farben patiniert.

Bewusst anders sind die drei Zulaufrohre über dem Becken aus der korrosionsbeständigen Nickelbronze (CuNi10Fe) gefertigt. Ihre Oberfläche ist matt geschliffen und noch immer gleichmäßig, wie am Tag der Fertigstellung. Durch Beimengen von zehn Prozent Nickel hat diese Bronze eine besondere Helligkeit – als wären Anteile von Gold und Silber zugesetzt. Dennoch müssen die Metallobjekte zurückhaltend wirken. Nichts soll in Konkurrenz zum Wasser stehen, so das Motiv der hier verantwortlichen Planer und Künstler. Trinkbecken und Zulaufrohre sind daher reduziert auf einfache, klare Formen.

Quellschale, Zentrum des Raumes

Auch die trichterförmige innere Quellschale besteht aus der hellen Nickelbronze. Wie ein Blütenkelch scheint sie in der Raummitte aus dem Boden zu wachsen. In ihr steigt das Thermalwasser aus der Tiefe auf und strömt nach allen Seiten zur Peripherie der runden Form – als immer dünner werdender Film. An fünf Stellen erlauben leichte Senken am Rand den Überlauf des Wasserfilms in die mit einer Handbreit Abstand darunter stehende äußere Quellschale. Wie Blüte und Kelch bei einer Blume dient die äußere Form als unscheinbares und tragendes Element. Der Idee von David Fuchs und Hendrik Porst folgend trägt sie alle Spuren der Bearbeitung, wurde im Gegensatz zur inneren Schale nie poliert und ist entsprechend dunkel, durch vielfache Berührung wie „vom Zufall patiniert“.

Doch auch ganz praktische Aspekte waren zu beachten. Bei Bedarf muss die komplette Bronzeform schnell einmal demontierbar sein. Mit der Erfahrung des Metallateliers wurden die Demontage und Montage, zur späteren Wartung der darunterliegenden Leitungen von Zu- und Ablauf, exakt geplant und bereits während der Herstellung simuliert.

Herstellung, Klopfen und Schweißen

Ausgangsmaterial für die Quellschale waren vier Millimeter starke Bronzebleche. Die Mitarbeiter des Metallateliers haben sie in Form gebracht und in der gewünschten Art aneinander gefügt. Schwere Einzelteile wurden zunächst in einem künstlerischen Arbeitsprozess durch sogenanntes Treiben mit Hammerschlägen kalt umgeformt, bis sphärisch gebogene Puzzleteile, fünf für die Innenschale und zehn für die Außenform, zusammenpassten. Begonnen hatte der Herstellungsprozess mit Skizzen, 1:1 Funktionsmodellen und Wasserversuchen, um Form und Funktion mit den Architekten gemeinsam zu entwickeln. Das Ergebnis musste schließlich auf 3D-CAD digitalisiert übertragen werden mit dem Ziel, daraus für etwas mehr als ein Fünftel der Innen- und ein Zehntel der Außenschale eine Klopfform gießen zu lassen. Auf diesen „Unterlagen“ wurden in schwerer Treibarbeit die grob zugeschnittenen Bronzeplatten in Form gebracht, um sie anschließend mit zuvor hergestellten dreidimensionalen Schablonen besäumen und danach miteinander verschweißen zu können.

Optische und akustische Choreografie

Verschiedene Programme der Choreografie steuern den Wasserfluss von Wassertreppe, Quellschale und Trinkbrunnen. Die runde Quellform in der Raummitte zieht die Aufmerksamkeit der Besucher am stärksten auf sich. Jeder ihrer Programmteile besteht aus zahlreichen Abschnitten, die auch akustisch, durch Zusatz von Luft, abwechselnde Strömungsgeräusche bewirken. Dabei beleuchtet morgens und abends ein LED-Projektor die Wasseroberfläche von der Raumdecke aus und erzeugt, für die aufmerksamen Betrachter sichtbar, auf der Bronze der inneren Schale vielfältige Muster. Diese erscheinen, wie von Geisterhand gezeichnet, im Spiegelbild an der Decke sehr deutlich.

Doch damit nicht genug – die Wasserschale sollte nach der Vorstellung von David Fuchs auch klingen: „Die Fügetechnik der Innen- und Außenschale sowie die Materialstärke und andere Feinheiten der Herstellung haben Einfluss auf Klang und Resonanz beim Klopfen auf die Bronzeschalen und auf Fließgeräusche bei Zu- und Ablauf dieses außergewöhnlichen Wassers.“ Er wollte diese Effekte nicht dem Zufall überlassen und hat die Metallform entsprechend „gestimmt“. Durch rhythmisches Klopfen am Schalenrand lassen sich nun, bei einer bestimmten Resonanzfrequenz, Chladnische Klangfiguren, also Wasser-Klang-Bilder, im Wasser erzeugen. Außergewöhnlich am Quellwasser in Badenweiler ist auf jeden Fall das vermutete Alter. In einer Dissertation der Universität Heidelberg aus dem Jahr 1977 wird ihm nach der C-14-Radiokarbonmethode eine Verweildauer im Untergrund von etwa 9.300 Jahren zugesprochen.

Metallatelier GmbH

www.metallatelier.de

Projektdaten

Objekt: Sanierung und Neugestaltung Inhalatorium

Standort: 79410 Badenweiler, Luisenstraße, gegenüber Rathaus

Auftraggeber: Gemeinde Badenweiler

Finanzierung: Land Baden-Württemberg, Gemeinde Badenweiler, Sponsoren

Hauptsponsor: Irmfried Brendel, Badenweiler

Architektur, Gesamtplanung: Ramboll Studio Dreiseitl, Überlingen

Gesamtkosten: etwa 1,5 Millionen Euro

Metallobjekte, Wasserchoreografie: Metallatelier GmbH, Deggenhausen

Kosten: Herstellung, Lieferung und Montage rund 70.000 Euro

Das Metallatelier

David Fuchs führt als freischaffender Künstler seit 30 Jahren ein Metallatelier. Hier werden Ideen aus Kunst, Architektur und Design umgesetzt. Er ist in der Lage, Auftraggebern gegenüber als „Generalunternehmer“ tätig zu sein, als Bindeglied zwischen Kultur und Handwerk. Ausgangsmaterialien wie Glas, Metall und Holz werden, ergänzt durch Elektronik und Oberflächentechnik, zu Klang- und Lichtobjekten, auch in Verbindung mit Wasser- und Brunnenskulpturen. Rechner gesteuerte Klanginstallationen, die Entwicklung von LED-Sonderleuchten, Kunstobjekte am Bau, in Kirchen sowie öffentlichen Gebäuden gehören ebenso zum Repertoire wie Wasserspielgeräte auf Gartenschauen und Stadtplätzen.

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