Mit Qualität und Technik alles unter Kontrolle
Vortriebsrohre für Hauptsammler West in Heidelberg
Rund 230 m lang ist der 1. Bauabschnitt des Stauraumkanals, den die beton & rohrbau C.-F. Thymian GmbH & Co. KG im Auftrag des Abwasserzweckverbandes Heidelberg (AZV) im Heidelberger Stadtteil Wieblingen errichtet hat. Das neue Bauwerk ist Teil eines Großkanals, der dem Rückhalt von verschmutztem Regenüberlaufwasser aus dem bei Starkregen überlasteten Kanalnetz dienen soll.
Das Besondere an der Tiefbaumaßnahme, für die die Schäfer Stahlbeton GMBH, ein Mitgliedsunternehmen der FBS-Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre e.V., Stahlbetonvortriebsrohre in der Nennweite DN 2600 geliefert hat, waren die außergewöhnlichen bautechnischen Rahmenbedingungen. Um die vorgesehene Trassenführung einhalten zu können, musste die Haltung mit einem Radius von 225 m aufgefahren werden. Eine Aufgabe, die das ausführende Unternehmen mit dem Einsatz der so genannten Hydraulischen Fuge des Schweizer Unternehmens Jackcontrol AG sowie produktionstechnisch speziell auf diese Vortriebsmaßnahme abgestimmten Vortriebsrohren hervorragend lösen konnte.
„Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um einen Abschnitt des letzten Großprojektes aus dem Generalentwässerungsplan von 1994, das sich in insgesamt fünf Bauabschnitte gliedert“, erläutert Dipl.-Ing. Uwe Ludwig, Abteilung Kanalplanung, Abwasserzweckverband Heidelberg. Nach vollständigem Ausbau des Stauraumkanals werden 15 000 m3 verschmutztes Regenüberlaufwasser zurückgehalten, das bisher in den Neckar abfloss. „Wenn das Kanalnetz bei Trockenwetter Kapazitäten aufweist, wird das Überlaufwasser aus dem Staukanal über den Hauptsammler Süd der Großkläranlage zugeführt.“, so Ludwig weiter. „Durch diese Verfahrensweise wird der Schmutzstoffeintrag in den Neckar deutlich reduziert bzw. verhindert.“
Nach Aussage von Dipl.-Ing. Johann Reichardt, Technischer Leiter Rohrvortrieb, beton & rohrbau C.-F. Thymian GmbH & Co. KG, stellte vor allem der enorme Kurvenverlauf der Haltung die besondere Herausforderung der Vortriebsmaßnahme dar. „Der Verlauf des neuen Stauraumkanals orientiert sich am Verlauf der Ludwig-Guttmann-Straße“, so Reichardt. „Von der 17 m tiefen Startgrube aus – aufgrund ihrer Lage in unmittelbarer Nähe der Neckarböschung wurde sie zur Aufnahme der Druckkräfte der Vortriebsmaschine mit einer im Erdreich verankerten Presswand und einer 80 cm starken Bodenplatte ausgestattet – verlief die Strecke ungefähr 50 m schnurgerade. Auf den nächsten 120 m folgte dann eine Kurvenfahrt mit einem Radius von 225 m, bevor das Schlussstück wieder gerade aufgefahren werden konnte.“ Hieraus ergaben sich besondere Anforderungen an Technik und Material. „Je enger der Kurvenradius ausfällt, desto größer wird die Fuge an der Außenseite der Vortriebsrohre, zudem nehmen die Vortriebskräfte deutlich ab“, erläutert Reichardt. „Bei solchen Rahmenbedingungen kann man entsprechend dem DWA A 161 entweder nur kürzere Rohre einsetzen, was aufgrund des baulichen und logistischen Mehraufwandes zu höheren Baukosten führt, oder auf eine andere Druckübertragungstechnik setzen.“ Das haben die Tiefbauspezialisten in Heidelberg getan.
In Absprache der Kanalplanung des AZV und der für die Ausschreibung beauftragten Albrecht Ingenieurbüro GmbH wurde die so genannte Hydraulische Fuge von Jackcontrol als Druckübertragungs- und Überwachungssystem vorgegeben. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Vortriebsverfahren erfolgt die Druckübertragung nicht über einen hölzernen Druckübertragungsring, sondern über einen mit Flüssigkeit gefüllten Schlauch, der zwischen die Rohrspiegel gelegt wird. Das ermöglicht nach Aussage von Dr. Stefan Trümpi, Geschäftsführer Jackcontrol AG, größere Vortriebskräfte bei Kurvenvortrieben, engere Krümmungsradien der Vortriebsachse und den Einsatz von längeren Rohren bei engen Kurvenradien. Gleichzeitig dient die Hydraulische Fuge zur Echtzeit-Überwachung der laufenden Vortriebsarbeiten. In zum System gehörenden Messfugen werden sowohl die Vortriebskräfte in der Fuge als auch die Verwinkelung des Rohres gemessen und an den Steuerstand übertragen. „Ein echter Vorteil“, findet Bauleiter Hartmut Jüstel, beton & rohrbau C.-F. Thymian GmbH & Co. KG. „Auf Basis dieser Daten konnte die Vortriebsmaschine jederzeit optimal eingestellt und gesteuert werden.“
Dementsprechend konnten die Vortriebskräfte beim Pressen bei der Tiefbaumaßnahme in der Mannheimer Straße deutlich erhöht und zudem Rohre mit einer Baulänge von 2 m eingesetzt werden. Diese wurden von der Schäfer Stahlbeton GMBH im Werk Rheinsheim gefertigt. Es handelt sich um Stahlbetonvortriebsrohre mit Keilgleitdichtung Typ 2 nach DIN V 1201 in Verbindung mit DIN EN 1916, die den erhöhten Anforderungen der FBS-Qualitätsrichtlinie Teil 1.1 entsprechen. „Die Vortriebsrohre mit einer Nennweite von DN 2600 und einem Außendurchmesser von DA 3100 wurden entsprechend der Anforderungen des Bauherrn in einer Stahlschalung gefertigt und ausgehärtet“, erklärt Dipl.-Ing. (FH) Roland Kolb, Schäfer Stahlbeton GmbH. „Das ist vor allem für Vortriebsrohre von Bedeutung, da Rohre, die auf diese Weise gefertigt werden, nur geringe Maßtoleranzen aufweisen und über eine hohe Festigkeit verfügen. Zum Einsatz kam dabei ein Beton der Festigkeitsklasse C 45/55. Mit der Expositionsklasse XA 2 verfügen die Stahlbetonrohre darüber hinaus über einen erhöhten Widerstand gegen chemische Einflüsse, was vor allem zu einer langen Nutzungsdauer beiträgt.
Für das Vorpressen mit der Hydraulischen Fuge wurden die fast 16 t schweren Stahlbetonvortriebsrohre bereits bei der Produktion bautechnisch angepasst und mit den notwendigen Aufnahmen und Aussparungen versehen. „Auf speziell für dieses Projekt angeschaffte Muffenplatten zur Rohrfertigung wurden zusätzliche Aussparungskörper angebracht, welche für das Anschließen der Schläuche für das Jackcontrol-System notwendig sind“, so Kolb weiter. Auf die so vorbereiteten Vortriebsrohre konnten vor Ort dann die aus der Schweiz gelieferten und vorkonfektionierten Schläuche montiert werden. Die Vortriebsarbeiten konnten Anfang September wie vorgesehen abgeschlossen werden. n