Mit aktiviertem Motivationssystem
Was ist Selbstvertrauen? „Die positive Einstellung zu persönlichen Merkmalen, Fähigkeiten und Leistungen und das darauf gründende Gefühl, ich bin mir sicher, dass ich es schaffe, dass ich Anforderungen wie Herausforderungen gewachsen bin und sie in den Griff bekommen kann“, sagt der seit Jahren in der psychologischen Beratung tätige Entwicklungspsychologe Professor Jürg Frick vom Zentrum für Beratung der Pädagogischen Hochschule Zürich. So baue sich im Lauf der Zeit „über das sich wiederholende Erleben von gelingendem Handeln das so wichtige Empfinden von Selbstwirksamkeit auf!“ Soll heißen, das beruhigende und Sicherheit gebende Gefühl, sich die Ärmel hochrollen, etwas stemmen und sich durchbeißen zu können.
Selbstvertrauen, erklärt Frick, „ist sozusagen der Motor, um die nötige Energie aufzubringen, etwas anzupacken und sich unbefangen mit vom Gewohnten abweichenden oder ganz und gar neuen Gegebenheiten und Konstellationen auseinanderzusetzen.“ Insbesondere in ambivalenten, also die berühmten gemischten Gefühle auslösenden oder durch und durch unklaren, undurchschaubaren Situationen sorge vor allem Selbstvertrauen dafür, auszuhalten und unbeirrt an deren Klärung und Bewältigung zu arbeiten. „Ohne Selbstvertrauen gibt es weder Ambivalenz- noch Ambiguitäts- und Frustrationstoleranz“, sagt Frick. Für ihn im Beruf immer entscheidendere Eigenschaften, um an der wachsenden Zwiespältigkeit und Unvorhersagbarkeit des Geschehen nicht irre und mutlos zu werden mit all seinen bösen Folgen.
Doch was ist der Treibstoff für diesen Motor? Eine Göttergabe, die Glückskindern in die Wiege gelegt wurde? „Lassen wir einmal die Gaben, die Eigenschaften, psychologisch das Temperament mit dem ein Mensch auf die Welt kommt hier außer Betracht und wenden wir uns den beeinflussbaren Treibstoffbestandteilen zu“, sagt Frick. Da wäre zum einen der bereits erwähnte Bestandteil „Erleben von Selbstwirksamkeit“, also „die Sicherheit gebende Erfahrung, leistungsfähig zu sein, etwas bewältigen zu können.“ Grundlegender noch sei aber der Bestandteil „ gute zwischenmenschliche Beziehungserfahrungen“. Frick: „Ausschlaggebend für Aufbau, Stärkung und Pflege von Selbstvertrauen sind ermutigende, positiv-spiegelnde gleichwohl aber stets überlegte, differenzierte und nicht übertriebene Feedbacks also Rückmeldungen von Eltern, Geschwistern, Freunden, Lehrern, Lebensgefährten, Kollegen und Chefs beziehungsweise Vorgesetzten.“
Ein erhellendes Licht auf die Bedeutung dieses Feedbacks wirft ein unlängst veröffentlichter Zwischenruf des Denkwerks Zukunft in Bonn. Unter der Überschrift „Krank machende Beziehungserfahrungen“ schreibt da der Hirnforscher Professor Dr. Gerald Hüther: „Jetzt haben wir endlich herausgefunden, dass es im Gehirn eines Menschen, der sich gekränkt fühlt, weil er in einer sozialen Gemeinschaft ausgegrenzt wird, zur Aktivierung der gleichen neuronalen Netzwerke kommt, die auch immer dann aktiviert werden, wenn er körperliche Schmerzen empfindet. Jeder, der im Elternhaus, in der Schule oder im Beruf diese traurige Erfahrung machen musste, dass er so, wie er ist, nicht „richtig“ ist, muss diesen Schmerz also irgendwie unterdrücken.
Gelungen ist das den meisten Menschen mehr oder weniger gut. Aber um welchen Preis? Die Unterdrückung dieses sozialen Schmerzes führt zwangsläufig dazu, dass auch all jene schmerzhaften Signale, die aus dem eigenen Körper kommen, im Gehirn nicht mehr sensitiv wahrgenommen werden können. Das Ergebnis: man spürt sich dann selbst nicht mehr richtig. Merkt nicht mehr, dass irgendetwas weh tut. Geht darüber hinweg und hält es aus, genauso wie den Schmerz über die soziale Ausgrenzung. Beides beruht ja auf der Erzeugung des gleichen Signalmusters im eigenen Gehirn. Die Folge: Man reagiert nicht mehr auf Signale aus dem eigenen Körper, auf die man eigentlich - um gesund zu bleiben - reagieren müsste.
Ahnen Sie jetzt, weshalb so viele Menschen, die in gestörten Beziehungen leben, krank werden? Haltungsschäden bekommen, Übergewicht entwickeln, ihre Gesundheit durch krankmachende Lebensgewohnheiten ruinieren, ohne zu spüren, dass das ihrem Körper weh tut? Wie soll ihr Gehirn merken, dass etwas im Körper nicht stimmt und korrigierend darauf einwirken, wenn es davon nichts mehr mitbekommt? Eine Verbesserung unserer Beziehungskultur hätte daher weniger Erkrankungen und eine enorme Kostenersparnis im Gesundheitswesen zur Folge!“
„Nicht nur im Gesundheitswesen“, ergänzt Frick Hüthers Überlegungen. Eine Verbesserung der Beziehungskultur bescherte auch den Betrieben zum einen über den Rückgang der Krankschreibungen infolge berufsbedingter psychischer Probleme und zum anderen durch ein höheres persönliches Leistungsniveau erhebliche Kosteneinsparungen. „Kein Mensch hält auf Dauer mangelnde Wertschätzung im Beruf aus, ohne Schaden zu nehmen“, gibt Frick zu bedenken und verweist auf die sich daraus ergebenden weitreichenden Folgen: „Selbstvertrauen und Leistungsfähigkeit hängen im Beruf über das erwähnte Empfinden von Selbstwirksamkeit eng zusammen.“ Forschungsergebnisse zeigten, Menschen mit einem soliden Selbstvertrauen und einer entsprechenden hohen Selbstwirksamkeitserwartung weisen eine höhere Motivation auf, engagieren sich konsequenter und beherzter und sind bei Hindernissen ausdauernder und erbringen dadurch bessere Leistungen.
Frick: „Unternehmer wie Vorgesetzte tun sich selbst den größten Gefallen, wenn sie bei ihrem Führungshandeln immer auch die psychologische Grunderkenntnis im Blick haben, die da heißt: Je sympathischer oder bedeutsamer wir jemanden erleben, desto stärker aktiviert schon die bloße Begegnung unser Motivationssystem.“ Das Selbstvertrauen der Mitarbeiter mit einem entsprechenden Führungsverhalten zu fördern sei „ nun einmal die beste und zugleich die billigste denk- und machbare Leistungsförderungsmaßnahme!“ Warum? „Weil sie die berühmte intrinsische Motivation ankurbelt, das aus dem tiefsten eigenen Inneren kommende Wollen, etwas auf die Beine zu stellen!“