Projekt für einen energieautarken Campus gewinnt den Jurypreis bei der ersten Future Infrastructure Star Challenge von Bentley Education
3D-Modellierung und Digitalisierung beim Entwurf einer Mini-Modular-Anlage verbessern die Energieeffizienz des Izmir Institute of Technology in der TürkeiIm Rahmen des Bentley Education-Programms, das junge Menschen dazu inspiriert, Infrastrukturen zu modernisieren und Kompetenzen im digitalen Bereich zu entwickeln, hat Bentley Systems die erste Future Infrastructure Star Challenge ins Leben gerufen. Dabei werden Studierende dazu aufgerufen, ein Infrastrukturprojekt zu konzipieren, das weltweite Veränderungen bewirkt und bei dem ein globales Umweltproblem mithilfe der Anwendungen von Bentley angegangen wird.
Für das Programm wurden 144 Einsendungen aus über 60 Ländern registriert. 10 Finalisten wurden ausgewählt, die ihre Konzeptideen entwerfen und der Öffentlichkeit sowie einem Experten-Gremium zur Bewertung vorstellen durften. Elif Gungormus Deliismail, Doktorandin im Bereich Chemieingenieurwesen an der türkischen Universität Izmir Institute of Technology, erhielt den mit 5.000 USD (ca. 4.435 EUR) dotierten Jurypreis für ihr Projekt „Mini-Modular-Anlage für den digitalisierten Campus“.
Ihr innovatives Projekt zeigt, wie eine Mini-Modular-Anlage in Verbindung mit intelligentem zentralem Energiemanagement und kohlenstoffarmen Energieträgern die Energieeffizienz eines ländlichen Universitätsgeländes verbessern kann. Sie wählte einen ländlichen Universitätscampus als Pilotprojekt für ihre Idee aus, da der intensive Energieverbrauch entsprechender Einrichtungen und die Abgelegenheit vom Hauptenergienetz oft zu Ineffizienzen in der bestehenden Energieverteilungsinfrastruktur führen. Ihr Infrastrukturkonzept zeigt, wie wir der Realität des Klimawandels und den notwendigen Maßnahmen zu seiner Bewältigung sowie zur Energiewende Rechnung tragen müssen.
Nachhaltigkeit in der Campusinfrastruktur
„Nachhaltigkeit scheint die plausibelste Lösung zu sein, wie Energiesicherheit ausgebaut und erreicht werden kann. Die Bedeutung der Nachhaltigkeit kann man nicht ignorieren“, sagte Deliismail. Im Mittelpunkt ihres Projekts steht der Entwurf einer Mini-Modular-Anlage für einen digital nachhaltigen Campus, mit der die Autarkie und der sachgerechte Umgang mit Strom, Wasser und Brennstoffen für die Universitätsgebäude bei gleichzeitiger Minimierung der Versorgungsinfrastruktur sichergestellt wird. Die größte Herausforderung für sie bestand darin, ein sicheres, flexibles und einfach zu betreibendes modulares Anlagensystem zu konstruieren, das nur wenig Platz benötigt und durch die Integration zusätzlicher Module mit den bereits vorhandenen leicht skaliert werden kann, um die Kapazität zu erreichen oder zu erhöhen. Das Hauptziel besteht darin, diese modularen Systeme oder Mini-Kraftwerke zu verbreiten und anzupassen, um die Kreislaufwirtschaft zu verbessern.
Als Pilotprojekt für ihre modulare Energielösung wählte sie ihren eigenen Campus des Izmir Institute of Technology, der 32 Gebäude für 7.655 Gebäudenutzer umfasst. Mit der Mini-Anlage werden Methan zum Heizen sowie Wasser, Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt; der Wasserstoff wird dabei zur Stromerzeugung genutzt. Neben erneuerbaren Rohstoffen nutzt das System auch Kohlendioxid und Biogas als Rohstoff zur Herstellung von Dimethylether, einer Alternative zu Dieselkraftstoff für Generatoren und Transport. Durch die Möglichkeit, gleichzeitig Strom, Wärme, Wasser und sauberen Kraftstoff durch Digitalisierung zu erzeugen, sichert dieses zukunftsweisende System die Eigenversorgung von Gebäuden, die die Grundlage für ein nachhaltiges Campusleben schaffen.
Entwurf einer Mini-Modular-Anlage
Jede Mini-Modular-Anlage umfasst sowohl interne als auch externe Systeme, die von Reaktoren, Rohrleitungen und Kontrollinstrumenten bis hin zu einem Kohlendioxid-Abscheidungssystem und Speichertanks reichen. Deliismail musste zunächst die Grenzen des Campusgeländes festlegen, um die Anlage entwerfen zu können. „Der erste Schritt besteht darin, die Grenzen des Campus zu definieren, mit Drohnen Messungen vorzunehmen und mit ContextCapture ein 3D-Realitätsmodell des Campus zu erstellen“, so Deliismail.
Mit ContextCapture verarbeitete sie 689 mit Drohnen aufgenommene Bilder des Campusgeländes zu einem 3D-Realitätsmodell. Sie verwendete MicroStation, um den Entwurf der Anlage zu modellieren. „Das 3D-Campusmodell und die digitale modulare Anlage wurden mit LumenRT zu einer animierten Visualisierung kombiniert“, so Deliismail. Die Anwendung ermöglichte es ihr, eine dynamische Präsentation ihres vorgeschlagenen Energiekonzepts zu erstellen. Mit den Modellen zur Durchführung detaillierter chemisch-technischer Planungsberechnungen bestätigte Deliismail die Wirtschaftlichkeit der Module für die Energieverteilung mithilfe von erneuerbaren Rohstoffen und aus Gartenabfällen und Tierdung gewonnenem Biogas.
Der gesamte Energiebedarf für die Campusgebäude, einschließlich Kraftstoff für den Transport, ist äquivalent zu jährlich 1.429,6 Tonnen Öl. Durch digitale Modellierung und Analyse stellte Deliismail fest, dass mit dem von ihr vorgeschlagenen Anlagenentwurf die Gebäude durch die Installation von 60 Modulen autark gemacht werden könnten, um den Energiebedarf des Campus für Heizung, Strom und Transportkraftstoff zu decken. Der Einsatz von Bentley-Anwendungen half nicht nur beim Entwurf dieser innovativen Energielösung, sondern erleichterten auch die digitale Anlagenverwaltung sowie die Verfolgung und Lokalisierung von Anlagen, was für den zuverlässigen Betrieb der 60 Mini-Module des Campus von entscheidender Bedeutung ist.
„Einer der Hauptvorteile der Nutzung von Bentley-Anwendungen ist die Anlagenverwaltung“, sagte Deliismail. Die Software hat zu mehr Effizienz, organisatorischer Nachhaltigkeit, besserer Entscheidungsfindung und finanzieller Leistungsfähigkeit beigetragen. Bei Stückkosten von 28.015 USD (ca. 24.851 EUR) pro Modul und unter Berücksichtigung der Biogas-Investitions- und Erdgas-Verkaufskosten würde die Amortisationszeit für alle 60 Module weniger als sieben Jahre betragen. Durch die nachhaltige Energieversorgung wird die Hochschule in einem Jahr voraussichtlich 120.000 USD (ca. 106.449 EUR) einsparen.
Digitalisierung für intelligentes Energiemanagement vorantreiben
Deliismail nutzte ContextCapture, um nicht nur für den bestehenden Campus selbst ein Realitätsmodell zu erstellen, sondern auch für den Campus mit allen modularen Anlagen, die in seiner Nähe betrieben werden. Durch die anschließende Integration des industriellen Internet der Dinge (IIOT), künstlicher Intelligenz und Sensoren verwandelte sie die modulare Energieanlage durch die Erstellung eines digitalen Zwillings in ein intelligentes Energiesystem. Der digitale Zwilling optimiert den Energieverbrauch auf dem Campus und ermöglicht so die Überwachung und Planung der Energieversorgung basierend auf Aktivitätsniveaus. Durch digitale Intelligenz können Verantwortliche für Betrieb und Verwaltung Anlagenrisiken beobachten und identifizieren und prädiktive Wartungsprozesse implementieren, um die Zuverlässigkeit der Anlagen für jede der Mini-Modular-Einheiten zu gewährleisten.
Deliismail kam außerdem zu dem Ergebnis, dass als Alternative zur Installation eines einzelnen Mini-Modulsystems pro Gebäude ein vertikales, zentralisiertes Energiesystem organisiert werden könnte. Dadurch wird Platz gespart und es entsteht eine intelligente, zentralisierte Energieanlage auf dem Campus. Unabhängig davon, welche intelligente Energielösung verwendet wird, werden mit beiden Systemen autarke Gebäude und eine umweltfreundlichere Alternative zu einer konventionellen Strom-, Kraftstoff- und Wasserversorgung erreicht.
„Ich habe mich bei meinem Projekt auf Nachhaltigkeit im Rahmen der Infrastruktur konzentriert. Autarke Gebäude stehen für die nächste Generation von Technologien, die unsere Lebensqualität verbessern, unser Ökosystem schützen und die natürlichen Ressourcen erhalten können“, so Deliismail.