Rohrleitungen in Zeiten neuer Energiekonzepte
26. Oldenburger Rohrleitungsforum 2012
Die viel zitierte Energiewende, weg von Kohlenwasserstoffwirtschaft und Atomstrom, hin zu neuen Systemen auf der Basis regenerativer Energieträger, ist unbestrittener Megatrend des angehenden 21. Jahrhunderts und wird es in den kommenden Jahrzehnten bleiben. Da ein Großteil der heutigen, erdverlegten Rohrleitungsinfrastruktur der Energieversorgung dient, stellt das 26. Oldenburger Rohrleitungsforum am 09. und 10. Februar 2012 folgerichtig die Frage, welche Rolle dem Rohr im Rahmen der neuen Versorgungskonzepte künftig zukommt.
Rohrleitungsnetze sind in doppelter Hinsicht Energie-relevant: Erstens spielen sie eine tragende Rolle als Transportmedium für Primärenergieträger wie Gas und Öl wie auch für den Betrieb von Fern- und Nahwärmesystemen; zum anderen ist ihr Betrieb selbst natürlich auch auf der Verbrauchsseite energetisch bedeutsam. Das wiederum gilt nicht nur für Versorgungsnetze, sondern auch für Abwasser-Entsorgungssysteme. Diese wiederum gelten aufgrund der in ihnen transportierten wärmehaltigen Abwasserströme als Quelle möglicherweise nutzbarer „Abfall“-Energie. Es mangelt also keineswegs an aktuellen Bezügen zum Motto „Rohrleitungen - in neuen Energieversorgungskonzepten“, wenn Anfang Februar 2012 zum nunmehr 26sten Mal die Fachwelt nach Oldenburg strömt, um das Arbeitsjahr mit der größten Fachveranstaltung rund ums Rohr zu beginnen.
Wohin der Zug in puncto Versorgungskonzepte absehbar fährt, erfahren die Besucher von berufener Stelle, nämlich von Dietmar Schütz, dem Präsidenten des Bundesverbandes Erneuerbarer Energien e.V. (BEE), gleich in der Eröffnungsrunde des Kongresses am ersten Veranstaltungstag. Solchem Einstieg folgt unmittelbar ein Highlight mit Oldenburger Lokalbezug, nämlich die Präsentation des Pilotprojektes „Abwasserwärme in Oldenburg“, welches der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) gemeinsam mit dem iro quasi vor dessen „Haustür“ realisiert. Danach geht es bereits technisch ans „Eingemachte“, nämlich zu der Frage der Zukunft der vorhandenen Erdgasnetze und deren gegebenenfalls modifizierten Nutzung. Nach den vorgesehenen Vorträgen könnten Erdgasnetze ebenso ein „Auslaufmodell“ sein wie ein kommendes System zur Energiespeicherung. Ein Thema der Zukunft sind auch „Smart grids“ oder „Intelligente Netze“: In Oldenburg wird die Möglichkeit einer Konvergenz von Netzinfrastrukturen vor dem Hintergrund moderner Informations- und Regelungstechnik beleuchtet.
Das Thema der neuen Energiekonzepte ist auf das Engste mit dem Klimawandel verknüpft. Insofern macht es auch Sinn, wenn innovative Konzepte im Energie- und Abwassersektor unter dem Aspekt der Klimaneutralität analysiert und diskutiert werden. Wie in den Medien als Politikum thematisiert, wird es neue Energieversorgungskonzepte künftig nicht ohne neue (Stromleitungs)-Trassen geben. Da diese teils „offshore“ in der Nordsee liegen, stehen hinter dieser Aufgabe nicht zuletzt erhebliche bauliche Herausforderungen: Eben dies -der Offshore-Leitungsbau- wird ein weiterer hochaktueller Vortragsschwerpunkt auf dem Rohrleitungsforum 2012 sein. Da geht erfahrungsgemäß kaum etwas ohne Horizontal Directional Drilling (HDD)-Techniken, die auch 2012 wieder einmal mit zwei gut besetzten Vortragsblöcken Besucher anlocken.
Abwasser als Energieträger – das ist beim 26. Oldenburger Rohrleitungsforum eine wichtige, doch keineswegs die einzige Perspektive auf die Abwassernetze. Selbstverständlich nimmt die Sanierung dieser Infrastruktur auch 2012 breiten Raum im Programm ein. Ein Schwerpunkt unter anderen ist der status quo in Sachen Schlauchlining-Sanierung – eine Technologie, die auf nunmehr 40 Jahre Praxiserfahrungen zurückblicken kann und in der grabenlosen Kanalsanierung praktisch unverzichtbar ist. Intensiv setzen sich auch die Oldenburger Auftritte der Fachverbände GSTT und RSV mit aktuellen Fragen der Kanalsanierung auseinander. Auch die Diskussion im Café hat den Abwasserexperten 2012 eine interessante Thematik zu bieten: Das Spannungsfeld, in dem sich Ingenieurleistungen der Kanalsanierung in der Praxis bewegen. Einerseits spielen sie bei der Ausschreibung eine Schlüsselrolle für den Projekterfolg, anderseits ist ihre Vergütung allzu oft unangemessen, wenn man die Bedeutung dieser Leistungen berücksichtigt. Defizite an dieser Stelle führen fast zwangsläufig zu Konflikten und erzeugen Probleme bis hin zum völligen Scheitern von Vorhaben. Stets steht irgendwie der Ingenieur mit im Fokus – aber ist er deshalb auch „schuld“ an den Problemen? Eine Frage, zu der durchaus engagierte Statements der Expertenrunde und Diskussionen mit dem Publikum erwartet werden dürfen.
Auch der Bautechniker und -organisator kommt wieder einmal nicht zu kurz: Größte Aufmerksamkeit hat ein „leidiges“ Problem der Baupraxis verdient, mit dem sich auf dem Rohrleitungsforum gleich mehrere Referenten auseinandersetzen: Gestörte Bauabläufe, hier speziell solche im Zuge des Pipelinebaus.