Schätze vergraben
Im Moment gibt es drei Baustellen am Standort Etzel. Zum Einspeichern von Erdgas in die Kavernen und zum späteren Ausspeichern sind die im Bau befindlichen Betriebsanlagen auf der Erdoberfläche notwendig.
Deutschlands eigene Quellen an Erdöl und Erdgas können das Land nur zu einem kleinen Teil versorgen; Deutschland ist also auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Schon 1965 erließ die Bundesregierung das „Gesetz über die Mindestvorratsmenge an Erdölerzeugnissen“- 1970 wurde dann beschlossen, eine strategische „Bundesrohölreserve“ mit 10 Mio. Tonnen Rohöl anzulegen. Die Ölkrisen 1973 und 1979 bestätigten die Richtigkeit für diese wichtige Entscheidung.
Standortfrage
Je weniger Tanks, desto geringer der Aufwand. Und da Erdölerzeugnisse brennbar sind, sollte ein derart riesiges Lager auch so sicher wie möglich sein. Als ideale Lösung erwiesen sich unterirdische Kavernen, und hierbei künstlich anzulegende in tiefliegenden Salzstöcken in Norddeutschland. Sämtliche Anforderungen und Sicherheitsaspekte waren hierbei erfüllt. Die großflächigen Salzablagerungen entstanden vor rund 250 Mio. Jahren in der Erdepoche des Zechsteins. Ein ganzer Meeresabschnitt auf dem Kontinentalschelf, ähnlich wie heute die Ostsee, wurde mehrfach vom Zufluss abgeschnitten, trocknete aus, und bildete dicke Salzlagen. Später bedeckten zunehmend Sedimente diese Salzschichten.
Vor 80 Mio. Jahren letztlich begann ein bis heute andauernder Prozess, bei dem die Salze an geologischen Schwächezonen in die umgebenden Sedimente eindringen – ähnlich wie Teig, den man in der Faust quetscht, zwischen schlanken Fingern hervorquellen kann – und wie Ballons in Richtung Erdoberfläche treiben – allerdings mit kaum merklicher, geologischer Geschwindigkeit. Das Umgebungsgestein wird dabei zur Seite gedrückt. Je näher die Salze an die Erdoberfläche kommen, umso mehr lässt die Auftriebskraft nach. So bilden sich Pilzformen, die sogenannten Salzdome.
Jener Salzdom, der aufgrund seiner Beschaffenheit, Ausdehnung und geografischer Lage sehr gut für die bundesdeutsche Reserve geeignet schien, liegt bei Etzel. Er ist rund 12 km lang, 4 km breit, wurzelt in 4 km Tiefe, und der Dom ist von jungen Erdschichten mit 750 m Dicke bedeckt.
Etzel
Etzel ist eine kleine Ortschaft der Gemeinde Friedeburg im flachen Ostfriesland. Der Jadebusen oder Wilhelmshaven sind nur ca. 2 bzw. 10 km Luftlinie entfernt. Um Kavernen im Salzstock zu schaffen, muss durch die überdeckenden Sedimente gebohrt werden, tief genug in den gesteinsartigen Körper aus Salz hinein. In dieser Form hat das Salz den mineralischen Namen Halit. Die Kavernen haben typischerweise einen Durchmesser von einigen Zehnermetern und etwa die Form von großen, mehrere 100 m hohen Röhren.
Rein technisch könnten die Kavernen auch größer gebaut werden – allerdings würde sich dann der Bergdruck zu stark bemerkbar machen und die Standsicherheit der Kavernen beeinträchtigen. Es gibt für jede Kaverne ein gesteinsmechanisches Gutachten, das die einzuhaltenden Parameter (Minimal- und Maximaldruck, Abstände zu weiteren Kavernen usw.) vorgibt.
Anfang 2012 waren 52 Kavernen in Etzel für Erdöl und Erdgas vorhanden, weitere sind im Bau. Insgesamt sind schon 99 Kavernen genehmigt. Damit liegt Etzel auf einem der größten künstlich hergestellten Energiespeicher Europas.
War es anfangs vor allem Erdöl, das für Notzeiten gespeichert wurde, hat sich das in den letzten Jahrzehnten geändert: Hinzu gekommen sind Kavernen für Erdgas. Die Kapazität soll in den nächsten Jahren schrittweise um mehrere Milliarden Normkubikmeter erweitert werden. Diese Kavernen sind angeschlossen an die europäischen Gasnetze BEP und NETRA und dienen letztlich zur Zwischenspeicherung von Erdgas vor allem für Norddeutschland, aber auch für Europa.
Speichertechnik
Im Moment gibt es drei Baustellen am Standort Etzel. Zum Einspeichern von Erdgas in die Kavernen und zum späteren Ausspeichern sind die im Bau befindlichen Betriebsanlagen auf der Erdoberfläche notwendig.
E.ON Gas Storage GmbH (Essen) errichtet gemeinsam mit OMV Fas & Power GmbH (Wien), Verbundnetz Fas Aktiengesellschaft (Leipzig) und Gas-Union (Frankfurt) den ESE – Erdgasspeicher Etzel. Die Speicherstation wird von 2012 bis 2014 stufenweise mit insgesamt 19 Kavernen in Betrieb gehen und von E.ON Gas Storage technisch betrieben. Eine Kaverne hat ein Hohlraumvolumen von rund 700.000 m³ und enthält ca. 98 Mio. Nm³ Arbeitsgas (= Gas, das nicht zur Aufrechterhaltung des Minimaldrucks benötigt wird und genutzt werden kann). Das Projekt hat ein Auftragsvolumen von rund 356 Mio. Euro (Stand 2011).
Baustellenorganisation
Für die Ausführung der Rohbauarbeiten der Lose 1 und 8 wurde die Knoll GmbH, Haren, beauftragt. Die Baustelle umfasst 12 Hektar Fläche; hinzu kommen noch einmal 1,5 ha Stapelplätze für die Baustelleneinrichtung. Die Rohbauarbeiten begannen im Juni 2011 und endeten Anfang 2012.
Zunächst wurde der bindige Oberboden ausgekoffert und durch Füllsand ersetzt. Da der Grundwasserspiegel direkt unterhalb des Oberbodens anstand, war eine ständige Grundwasserabsenkung mittels Drainageleitungen erforderlich, welche tiefer als die zu gründenden Fundamente lagen.
Eine Besonderheit der Baumaßnahme bilden die über 30 Jahre alten Öl-, Seewasser- und Soleleitungen, die die Baustelle komplett von Westen nach Osten hin unterlaufen und so die Baustelle in die zwei Bereiche „Nord-“ und „Südfeld“ unterteilen. Im Bereich dieser Leitungen gibt es einen so genannten „Schutzstreifen“, zu dem bei jeder auszuführenden Tätigkeit eine Genehmigung beim Betreiber der Leitungen einzuholen ist. Über die Leitungen wurden überhöhte Überfahrten mittels Geogitter sowie Baggermatratzen erstellt, um die Last der Baustellenfahrzeuge gleichmäßig ins Erdreich abzuleiten und diese so vor Beschädigungen zu schützen.
Betonarbeiten
Für die Gebäude, aber auch für die einzelnen Pipeline-Führungen wurden fast 1.100 Fundamente gebaut. Für die Sauberkeitsschichten wurden 700 m³ C12/15-Beton verwendet, für die Konstruktionen ca. 3.800 m³ C 35/45 (je nach Anforderung XC4, XD3, XS3, XF2, XA3-WA) sowie 500 t BST 500 Baustahl, der vor Ort geflochten wurde. Auf der Baustelle gilt die Überwachungsklasse II.
Die Bauarbeiten liefen auch über den teilweise strengen Winter, weswegen einige Fundamente in beheizbaren, 30 x 40 m großen Winterbauzelten hergestellt und vor Ort mit Mobilkränen aufgestellt wurden. Um den Korrosionsschutz der erdverlegten Gashochdruckleitungen zu erhöhen, wurden sämtliche Rohrleitungsfundamente mit einem „Pohl’schen Kragen“ versehen, in diesem Fall aus einer Grundierung sowie Bitumendickbeschichtung. Die Rohrleitungsgräben liegen teils 5,0 m unter Geländeoberkante und wurden aufgrund des Platzmangels mittels Langarmbagger ausgehoben.
Für die etwa 20.000 m² zu schalende Fläche wurden lediglich 300 m² der Logo.3-Systemschalung von Paschal verwendet. Im Mittel war jede Schalung 66 Mal im Einsatz. Die Logo.3 wurde aufgrund ihrer mannigfaltigen individuellen Einsatzoptionen gewählt sowie der Möglichkeit, die Schalung komplett zu verheben, um sie am nächsten Einsatzort erneut zu verwenden, ohne diese erneut zu montieren. Der Bauausführenden schätzen sie als strapazierbares und flexibles System, bei welchem keine Sonderlösungen erforderlich wurden, zumal die Logo.3 im System auf 1,0 Zentimeter an jedes Maß angepasst werden kann.
An einigen wenigen, besonders kniffligen Stellen wurde die mit der Logo.3 kompatible Raster Universalschalung eingesetzt wegen ihrer Vielfalt an kleinflächigen Schalungselementen in verschiedenen Höhen und Breiten.
„Der Einsatz aller Kräfte war notwendig.“