Schlechte Planung
kostet richtig viel Geld
Die unzureichende Konzeption und Unterhaltung von Kanalnetzen führt zu schlechten technischen und wirtschaftlichen Ergebnissen. Das bekommen wir alle zu spüren: Die Netzbetreiber müssen mit höheren Betriebskosten rechnen und die Bürger zahlen die Zeche in Form von steigenden Gebühren.
Damit entsteht ein volkswirtschaftlicher Schaden, der bei einer systematischen Bedarfsplanung als Grundlage wirtschaftlicher und nachhaltiger Maßnahmen zur Kanalnetzunterhaltung durchaus vermeidbar ist. Wie lassen sich langfristige Bedarfe erkennen, die immensen Vermögenswerte generationenübergreifend nutzen, Planungen im Sinne sich verändernder Rahmenbedingungen optimieren und letztlich effektive, bürgerfreundliche Lösungen umsetzen? Kurzum: Wie lassen sich Kanalnetze fit machen für die Zukunft? Um diese und andere Fragen geht es beim Sanierungsplanungskongress 2014, zu dem der Verband Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e. V. (VSB) gemeinsam mit der DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. die politisch und technisch Verantwortlichen der Kanalnetzbetreiber, Mitarbeiter von Fachbehörden sowie planende Ingenieure am 12. und 13. Februar 2014 ins Kongress Palais Kassel eingeladen hat. Der Kongress mit begleitender Fachausstellung stellt die Herausforderungen für Kanalnetzbetreiber in den Fokus. Die Beiträge verdeutlichen die Wichtigkeit der Substanzerhaltung im Sinne des Vermögensschutzes, die Auswirkungen kommunalpolitisch beeinflusster administrativer und organisatorischer Aspekte bis hin zu neuen normativer Vorgaben für die Sanierungsplanungen für Kanalnetze. Schon zum Auftakt des zweitägigen Forums gibt ein Bürgermeister erste Impulse. „Herausforderung Kanalinstandhaltung für die Kommunen“ – so der Titel des Vortrages, mit dem die Teilnehmer zu einer fruchtbaren und möglichst kontroversen Diskussion animiert werden sollen. Es wird deutlich, dass es sich bei der Sicherstellung des Kanalbetriebs um eine kommunalpolitische Herausforderung handelt. Außerdem geht es um eine Menge Geld, das vor Ort in Form von Gebühren erwirtschaftet werden muss. Die Verantwortlichen haben keine leidige Pflichtaufgabe zu erfüllen, sondern eine wichtige Zukunftsausgabe – so die Botschaft. Doch wer ist eigentlich verantwortlich? Eine verlässliche Bedarfsplanung liegt im Verantwortungsbereich des Netzbetreibers – eine Aussage, die trotz ihrer Berechtigung zu Diskussionen führen wird. Erfahrungen belegen, dass sich Handhabung und Ablauf von Projekten von Kommune zu Kommune unterscheiden. Auch das wird in den verschiedenen Themenblöcken greifbar, die sich mit politischen und administrativen, strategischen und organisatorischen Rahmenbedingungen ebenso beschäftigen, wie mit zukunftsorientierter Planung und Beispielen baulicher Umsetzung.
Komplexe strategische Aufgabe
Modernes Kanalnetzmanagement ist eine komplexe strategische Aufgabe, bei deren Umsetzung vieles beachtet werden muss. Das fängt beim Kanalnetzmanagement an, auf dessen politische und administrative Aspekte der erste Vortragsblock eingeht. Moderne Netzstrategie berücksichtigt zunehmend Parameter wie Starkregenereignisse und die daraus resultierenden oberflächlichen Abflüsse, aus deren Volumen sich durchaus Rückschlüsse auf die Dimensionierung von Kanalnetzen wenn nicht gar der Stadtgestaltung ziehen lassen. Alles ist irgendwie voneinander abhängig, nichts einzeln zu betrachten. Wie gehe ich als Kommune mit dem mir zur Verfügung stehenden Raum überhaupt um? Stadtentwicklung hat sich längst zu einer Herausforderung für die Wasserwirtschaft entwickelt. Wie diese in einzelnen Kommunen gehandhabt wird, und welche Entscheidungsprozesse zur Festlegung notwendiger Projekte erforderlich sind, machen die Referenten exemplarisch deutlich.
Selber machen oder delegieren
Um die Aufgaben stemmen zu können, braucht man geeignete Mitarbeiter in ausreichender Zahl. Das greift folgerichtig die Überschrift eines Themenblocks auf, der sich mit „Organisation kommunaler Aufgaben“ bzw. „Aufgabenfülle versus Personalabbau“ befasst. Die Aufgaben des Netzbetreibers hinsichtlich Planung und Organisation haben weichenstellenden Charakter – soviel sei vorweggenommen. Ob man Lösungen alleine erarbeitet, oder im Verbund mit anderen? Mitarbeiter von Entsorgungsbetrieben und kommunalen Behörden nehmen hierzu Stellung. „Der Netzbetreiber muss nicht alles selbst machen, aber er muss sagen, was er will und seine Bauherrenaufgaben wahrnehmen“, erklärt Dipl.-Ing. (FH) Markus Vogel, Initiator des Kongresses auf Seiten des VSB. Und daraus dann konsequent die richtigen Schritte ableiten. Wie stelle ich mich personell auf, um meine Aufgaben zu erfüllen, lautet eine entscheidende Frage. Wenn der eigene Personalstamm nicht ausreicht, können sich Kommunen zusammenschließen und die Aufgaben gemeinsam lösen oder Betreiberfunktionen delegieren. Auch dies ist ein Thema des Kongresses.
Vorteile strategischer Planung
Werden die Aufgaben vernachlässigt, die sich aus der Verantwortung für das Leitungsnetz ergeben, hat das negative Auswirkungen. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist allerdings nicht nur die Infrastruktur. Kanalnetzunterhaltung muss letztendlich als Generationenaufgabe verstanden werden, für die wir alle Verantwortung tragen. Deshalb gilt es bei allen Planungen schon heute den Blick in die Zukunft zu richten. Unter den Stichworten „Entwicklung des Kanalnetzes“ und „Technik versus kurzfristigem Politikerdenken“ werden in Vortragsblock 2 die Vorteile strategischer Planung deutlich. Anhand des Spannungsfeldes zwischen Kämmerer und politischen Instanzen wird geschildert, wie Auftraggeber die technischen, betriebswirtschaftlichen und baulichen Parameter optimieren können. Dass diese nicht nur in größeren sondern auch in kleineren Kommunen zum Tragen kommen, wird bei einem Vergleich der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf mit der baden-württembergischen Gemeinde Kappelrodeck erkennbar.
Delegieren an den richtigen Partner
Netzbetreiber die sich auf die wesentlichen Aufgaben beschränken wollen, vergeben regelmäßig Ingenieurleistungen. War es früher üblich den Planer des Vertrauens zu beauftragen, meinen heute Verwaltungen zunehmend, auch Planerleistungen auf Angebotsbasis vergeben zu müssen.
Die Durchführung von „Leistungs“-Wettbewerben tragen – wenn schon erforderlich – in solchen Fällen dazu bei, dass leistungsfähige und für die jeweilige Planungsaufgabe qualifizierte Ingenieurbüros einen Auftrag erhalten. Nur ein Wettbewerb auf dieser Basis kann für unser aller Gemeinwesen wertvoll sein. Deshalb gilt es, das Bewusstsein bei Auftraggebern und Planern zu schärfen. „Wie finde ich den Planer, der die bestmögliche Leistung erwarten lässt?“ so das Thema, das den ersten Tag beschließt, bevor es zum Tagesausklang im Rahmen einer gemeinsamen Abendveranstaltung kommt.
Einzelaspekte im Fokus
Nachdem sich am ersten Tag vieles um das so genannte große Ganze dreht, stehen am zweiten Kongresstag ausgewählte Einzelaspekte im Fokus. Unter anderem haben Klimawandel und Bevölkerungsveränderungen Einfluss auf die Entwässerungsplanung. In Themenblock 4 beschäftigt sich ein Vortrag mit dem Titel „Es regnet stärker, wir werden weniger“ mit diesen Entwicklungen. Darüber hinaus werden die Auswirkungen des Regelwerkes auf eine ganzheitliche Sanierungsplanung beleuchtet.
Beispielhaft wird auf die DIN EN 14654 – Management und Überwachung von betrieblichen Maßnahmen in Abwasserleitungen und -kanälen - Teil 2: Sanierung; Deutsche Fassung EN 14654-2:2013 eingegangen. Sie stellt künftig die einschlägige Planungsnorm dar. Sie lässt neben den konkreten Planungsvorgaben Ingenieurleistungen für Auftraggeber künftig mess- und bewertbar werden. Für Markus Vogel war die Norm Auslöser der Veranstaltung. „Sanierungsplanung wurde in der Vergangenheit selten losgelöst betrachtet. Sie wurde meistens nur in Zusammenhang mit Technik, sei es in Verbindung mit der Herstellung von Kanälen, dem Schlauchlinertag oder dem Reparaturtag thematisiert.“, so Vogel. „Nun ist es an der Zeit, die Komplexität der Planung und dieses Regelwerk bekannt zu machen sowie die Abhängigkeiten darzustellen – ein Anspruch, den der Sanierungsplanungskongress leisten will und kann.“
Erfordernisse für die Zukunft
Die strategischen Ziele im Visier, heißt konsequent die Aufforderung aus dem letzten Vortragsblock, bevor die Frage nach der erforderlichen Öffentlichkeitsarbeit den Themenkreis des Sanierungsplanungskongresses inhaltlich schließt. So viel scheint jedenfalls klar zu sein: Für die Umsetzung muss eine solide Basis geschaffen werden. Das endet nicht mit der Bereitstellung von ausreichendem und qualifiziertem Personal. Es gilt, den Menschen mitzunehmen und die Öffentlichkeit in die Baumaßnahme mit einzubeziehen. Erst dann hat die Umsetzung eines Projektes Aussicht auf Erfolg. ⇥