Sichtbeton für die neue Stromzentrale
Beim Neubau der Südweststrom-Hauptverwaltung
waren Teile des Gebäudekerns in SB3 herzustellen –
eine Herausforderung für den Schalungsbau.
Der Büroneubau des Energieversorgers Südweststrom in Tübingen zeichnet sich durch klare
Linien und ein großzügiges, offenes Raumkonzept sowie durch hochwertige Sichtbetonflächen am zentralen Treppenhaus- und Aufzugskern aus. Die Bauarbeiten an dem Stahlbetonskelettbau begannen Ende März 2016 mit dem „ersten Baggerbiss“, wie die Lokalpresse meldete: Schließlich wird im Zeitalter der fortgeschrittenen Baumechanisierung auch der altbekannte „erste Spatenstich“ längst maschinell erledigt.
Neue Büroflächen für wachsenden Stromversorger
Die Südwestdeutsche Stromhandels GmbH war vor 17 Jahren mit dem Ziel gegründet worden, die Wettbewerbsposition von Stadtwerken gegenüber den überregionalen Energiekonzernen zu stärken, und beliefert heute mehr als 160 kommunale Energieversorger mit kostengünstigem Strom und Gas. Die Expansion von Südweststrom erfordert nun dringend neue Büro-
flächen, die für knapp zehn Millionen Euro Investitionssumme in dem neuen, von Steimle Architekten GmbH in Stuttgart entworfenen Verwaltungs-
gebäude entstehen – rund 130 Arbeitsplätze auf insgesamt sechs Stockwerken.
Der markante kubische Baukörper mit seinen großen Fensteröffnungen wird von der Eisenhutstrasse aus über eine zum Hochparterre führende Freitreppe erschlossen. Bedingt durch die leichte Hanglage bildet das Untergeschoss eine Art Souterrain, das über ein voll verglastes Verbindungsbauwerk an das bestehende Verwaltungsgebäude der Stadtwerke angeschlossen ist. Die insgesamt sechs Stockwerke haben die Architekten mit Höhen zwischen 3,5 und 4,5 m festgelegt. Die Wände des Gebäudekerns – insgesamt 2400 m2 Wandfläche – wurden zum Teil in Sichtbeton SB3 ausgeschrieben.
Entscheidung für die Primax
Der Zuschlag für die Rohbauarbeiten ging an die F.K. Systembau GmbH aus Münsingen, die sich aufgrund der positiven Erfahrungen auf einer kürzlich abgeschlossenen Sichtbetonbaustelle wieder für die Ausführung mit der Primax-Schalung von Mayer Schaltechnik entschieden hat. Trotzdem war diese Stahlträger-Systemschalung für die in Tübingen eingesetzte F.K.-Mannschaft Neuland – bis die ersten Elemente der insgesamt rund 250 m2 Schalungsvorhaltung angeliefert wurden. Dank umfassender Erfahrungen mit klassischen Holzträgerschalungen hatte das routinierte Schalungsteam von Polier Thomas Eichinger das neue System schnell im Griff, denn die Arbeitsabläufe beim Stellen und Ausrichten waren vergleichbar.
Restmaßausgleich und Abschalungen erforderten eine sorgfältige Arbeitsvorbereitung, denn Improvisationen sind bei Sichtbetonanforderungen nicht ratsam. Die Primax-Trägerschalung punktet mit ihrer enormen Steifigkeit und Maßhaltigkeit, was für extrem ebene Betonwände steht. Mühelos können so die Ebenflächigkeitstoleranzen der DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 7 eingehalten werden.
Sichtbetonergebnisse erster Güte
Belegt mit der gewünschten Schalhaut bot die Primax-Trägerschalung somit eine passende Voraussetzung für Sichtbeton erster Güte. Dazu wurden aus den in 2,5 m und 4 m Höhe erhältlichen Grundrosten und Teleskoprosten mit verschraubten Kopf- und Gleitrahem fertige Elemente vormontiert. So entstanden bis zu 6 m hohe Elemente, die mit passender Schalhaut
belegt von hinten verschraubt wurden.
Für die Baustelle in Tübingen kamen Birkensperrholzplatten mit Phenolharzbeschichtung zum Einsatz. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Betonflächen wurden diese nach rund acht Einsätzen ausgetauscht – eine Arbeit, die problemlos auf der Baustelle zu erledigen war.
Grundsätzlich erreicht die Primax ihre hohe Frischbetondruckaufnahme von bis zu 100 kN/m2 mit einem extrem geringen Ankeranteil: Im Idealfall sind nur 0,5 Anker/m2 Wandfläche nötig, was entsprechend günstige Schalzeiten ergibt. An den kurzen und verwinkelten Wandabschnitten des Gebäudekerns waren diese optimalen Werte allerdings nicht zu schaffen.
Elemente hielten mühelos Maß
Auf der Tübinger SWS-Baustelle waren für das unterste Geschoss mit 4,5 m Höhe zunächst Elemente aus 4 m Grund-
rosten mit kurzen Teleskoprosten im Einsatz. Diese wurden in den aufgehenden Geschossen auf 4 m Elementhöhe zurück rückgebaut, um die Schalungsvorhaltung zu begrenzen. Diese einfache Höhenanpassung gibt es nur bei der Primax, während eine klassische Holzträgerschalung in einem solchen Fall auf- bzw. abgestockt werden muss.
Bei 4 m Wandhöhe erreicht der auftretende Frischbetondruck selbst bei normaler Betoniergeschwindigkeit bzw. Steighöhe kaum die zulässigen 100 kN/m2 der Primax. Auch bei größeren Betonierhöhen blieb die Schalung maßhaltig, die Elementstöße gingen nicht auf. Zusätzlich an den Stößen der Schalplatten aufgeklebte Neoprenbänder verhinderten wirksam, dass Zementmilch auslief.
Ankerbild: Große Gestaltungsfreiheit
Die Primax-Elemente werden über die Gurtung mit Keilen und Verbindungslaschen ausgerichtet und dichtgezogen. Die Gurtung kann standardmäßig im 10 cm Raster versetzt werden und ermöglicht somit das gewünschte Ankerbild oder die erforderliche Betondruckaufnahme. Ist das 10 cm Raster nicht ausreichend, so können die Riegel mit Variklemmen stufenlos fixiert werden. Damit bietet das Primax-System nahezu völlige Gestaltungsfreiheit bei der Anordnung der Ankerstellen. So konnten auch beim Bauvorhaben SüdWestStrom-Neubau die konkreten Vorstellungen der Architekten, wo sich die Ankerlöcher im Beton abbilden sollen, realisiert werden.
Auf diese Weise hat das Team von Thomas Eichinger etwa alle drei Wochen ein Stockwerk fertiggestellt. Das entsprach jeweils rund 440 m2 Ortbetondecke mit 350 m2 Sichtbetonwänden um den Treppenhaus- und Aufzugskern sowie die Lochfassaden mit 70 lfm Brüstung und 16 Stahlbetonstützen. Diese werden später zusammen mit der Wärmedämmung hinter der dekorativen Klinkerfassade verschwinden.