Strukturiertes Sanierungskonzept

Sanierung einer Tochtergesellschaft unter Insolvenzschutz

Wiederherstellung der Wettbewerbs- und Marktfähigkeit der RS Gleisbau GmbH: Warum integrierte Kommunikation und eine rasche Verfahrensabwicklung ein Schlüssel zum Erfolg sind.

Die Wiederherstellung der Wettbewerbs- und Marktfähigkeit der in die Unternehmensgruppe Rhomberg Sersa Rail Group integrierte RS Gleisbau GmbH nach den Regularien des § 270a InsO in Eigenverwaltung und mit Insolvenzplan in weniger als sechs Monaten war die große Herausforderung für alle Beteiligten. Für den Erfolg war es wichtig, dass neben der Einhaltung aller insolvenzrechtlichen Regularien und dem Erstellen eines tragfähigen Sanierungskonzeptes alle internen und externen Stakeholder erreicht wurden und ein möglichst hoher Konsens für alle Interessenslagen hergestellt werden konnte. Am 11. Oktober 2016 wurde der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung
gestellt. Am 03. April 2017 wurde das Insolvenzverfahren wieder aufgehoben.

Die RS Gleisbau GmbH

Wie bei vielen Unternehmungen im gewerblichen und maschinellen Gleisbau in Europa, so ist auch die Historie der RS Gleisbau durch eine lange und traditionsreiche Firmengeschichte geprägt. Die Wurzeln des Unternehmens reichen weit in das letzte Jahrhundert zurück. Seit Januar 2015 gehört das Unternehmen RS Gleisbau zur Rhomberg Sersa Rail Group und ist dort in die Struktur der Deutschen Gesellschaften der Gruppe vollständig integriert. Ein Ergebnis- und Gewinnabführungsvertrag wurde nicht geschlossen.

Das Unternehmen hat zum Zeitpunkt der Antragstellung über 340 Mitarbeiter bundesweit beschäftigt und ca. 50 Mio. Euro Jahresbauleistung erbracht. Die Bauleistung ist in den letzten Jahren rasant angestiegen und führte zu einer Ausweitung von Mitarbeitern und Strukturen. Die Integration der RS Gleisbau in die Rhomberg Sersa Unternehmensgruppe war bis zur Antragstellung noch nicht abgeschlossen.

Bedingt durch mehrmaligen Gesellschafterwechsel in der jüngeren Firmengeschichte waren die Strukturen des Unternehmens nicht mehr so gefestigt, wie es die Marktsituation erfordert hätte. In dieser Folge wurden Baustellenverluste erwirtschaftet, die durch gut laufende Projektergebnisse nicht mehr ausgeglichen werden konnten. Diese Entwicklung hat sich im Herbst 2016 so rasant weiterentwickelt, dass am 11. Oktober 2016 der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 270a InsO gestellt wurde.

Konzentration auf das Kerngeschäft

Der erste Schritt zur Wiederherstellung der Markt- und Wettbewerbsfähigkeit ist die Einsicht, dass in der Vergangenheit Fehler auf allen Ebenen gemacht wurden. Auch die Gruppenleitung und Geschäftsleitung der RS Gleisbau hat sich bei dieser Analyse nicht ausgenommen und eigene Fehler genauso analysiert wie grundlegende Fehlentwicklung aufgezeigt.

Mit Unterstützung der Sanierungsexperten der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung wurde von der Geschäftsleitung und den Führungskräften ein Sanierungskonzept mit einer Konsolidierungsstrategie erstellt:

Der Markt für Gleisbauarbeiten in den Kundengruppen Infrastruktur, Öffentlicher Personennahverkehr und Industrie wird auch in den nächsten Jahren moderat wachsen.

Das Leistungsspektrum konzentriert sich zukünftig auf die Kernkompetenz Gleisbau sowie Instandhaltung und Inspektion / Service.

Um die Struktur und die Baustellen hinsichtlich der Führung zu steuern konzentriert sich das Unternehmen zukünftig auf das Gebiet Ostdeutschland.

Das risikoreiche Einzelprojektgeschäft im Gleisbau wird auf die Standorte konzentriert, die über die Mitarbeiter mit der notwendigen Qualifikation und
Erfahrung für dieses Geschäft verfügen.

Standorte mit keiner positiven Fortführungsprognose wurden geschlossen.

Die Organisationsstruktur wurde verschlankt und transparent für alle Mitarbeiter gestaltet.

Die operative Führungsstruktur wurde überprüft und angepasst.

Die internen Steuerungswerkzeuge für den wirtschaftlichen Erfolg der Bauvorhaben wurden komplett überarbeitet und neu implementiert.

Die baubetrieblichen Prozesse wurden intensiv überprüft und insbesondere im Hinblick auf die Steuerung der Baustellen
erheblich verbessert.

Umsetzungsphase

Mit Abschluss des Verfahrens werden noch ca. 150 Mitarbeiter beschäftigt, die eine Jahresbauleistung von ca. 20 Mio. Euro erbringen werden. Im Anschluss an die Konzept- und Strategiephase beginnt die harte und oft langwierige Umsetzungsphase. Die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der RS Gleisbau haben zu jedem Zeitpunkt den Maßnahmenkatalog sehr ernst genommen und hart an der Operationalisierung der einzelnen Maßnahmen gearbeitet. So wurden z.B. effiziente Steuerungssysteme für die Baustellen angepasst und die Führungsstruktur transparent und einfach gestaltet. Die konsequente Umsetzung der formulierten Maßnahmen ist ein weiterer, wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.

Verfahrensbezogene Anforderungen

Mit dem Chief Restructuring Officer (CRO) Andreas Schmieg (Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung GmbH) wurde externer Sachverstand für die Sanierung unter Insolvenzschutz in das Unternehmen geholt. Die juristischen Experten von Buchalik Brömmekamp haben alle insolvenzrechtlichen und steuerrechtlichen Fragestellungen aufgegriffen und Lösungen erarbeitet.

Die offene und regelmäßige Information des Sachwalters und des Gerichts über den Stand des Verfahrens und über besondere Ereignisse wurde von allen Beteiligten zur Handlungsmaxime erklärt. Der Sachwalter bzw. die Mitarbeiter des Sachwalters wurden in alle wesentlichen Fragen während des Verfahrens sehr eng eingebunden.

Der Gläubiger-ausschuss im Verfahren RS Gleisbau war stets auf die Einhaltung der Rahmenbedingungen und auf den Nachweis, dass die Sanierungsbemühungen auch den entsprechenden Erfolg bringen können, bedacht. In den Ausschusssitzungen herrschte ein kritisch, konstruktiver Dialog, der am Ende tragfähige Lösungen hervorgebrachte.

Externe Stakeholder

Das Wort „Insolvenz“ führt in der Regel zu einer hohen Besorgnis und Verunsicherung bei den Auftraggebern. Erschwerend kommt im Baugewerbe dazu, dass die Bauherren nach den Regelungen der VOB, § 8 Abs2 VOB/B ein „Sonderkündigungsrecht“ im Falle der Antragstellung oder Eröffnung eines Insolvenzverfahrens haben.

Hätten mehrheitlich die Kunden, deren Verträge auf der Basis der VOB geschlossen wurde, von diesem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht, so wäre die erfolgreiche Sanierung erheblich erschwert worden. Hinzu kommt, dass im Gleisbau die Bauleistung für wenige, große Kunden aus dem Bereich der Infra-struktur, der kommunalen Verkehrsträger und der
Industrie erbracht wird.

Unter Führung der Geschäftsleitung wurde von der ersten Stunde an ein Kommunikationskonzept gegenüber den Kunden erstellt. Durch persönliche Besuche und Gespräche konnte dargelegt werden, dass es aus wirtschaftlicher Sicht für den Auftraggeber von Vorteil ist, wenn das Unternehmen RS Gleisbau alle laufenden Bauvorhaben weiter durchführt. Den Kunden konnte zudem nachvollziehbar dargestellt werden, dass das Unternehmen weiterhin Gleisbauleistungen am Markt anbieten wird und dass das gewählte Sanierungsverfahren eine sehr gute Aussicht auf Erfolg hat. Die
unterbrechungsfreie Fortsetzung der Baustelle war für den Kunden der beste Vertrauensbeweis.

Lieferanten und Nachunternehmer: Vertrauen zurückgewinnen

Neben der Fortsetzung der laufenden Maßnahmen war es zwingend notwendig, dass das Unternehmen RS Gleisbau an weiteren Ausschreibungen teilnehmen durfte. Auch für diesen Fall sieht die VOB/A ein mögliches Ausschlusskriterium vor. Durch ständige Informationen an den Kunden über den Sachstand des Verfahrens wurde der Vertrauensvorschuss der Kunden immer wieder bestätigt. Dadurch ist es gelungen, dass das Unternehmen RS Gleisbau keine laufenden Aufträge verloren, die vorhandenen Zertifizierungen beim Kunden behalten und im laufenden Verfahren neue Aufträge erhalten hat.

Neben den Kunden galt es in intensiven Gesprächen das Vertrauen der Lieferanten, Dienstleister und Nachunternehmer wieder zu gewinnen. Natürlich war die Tatsache, dass Lieferanten und Nachunternehmer auch monetären Schaden haben, nicht wegzudiskutieren. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es für die Lieferanten und Nachunternehmer jedoch gewinnbringender, dass die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten wird. Denn würde der Kunde später wegfallen, entstünden erhebliche Kosten für Maßnahmen zur Neukundengewinnung. Um in der aktuellen Situation Vertrauen zu erzeugen, musste sichergestellt werden, dass alle Lieferanten ihre Lieferungen sehr zeitnah bezahlt bekommen. Über den Weg der Vorauskasse konnte dieses Vertrauen in den ersten Tagen nach Antragstellung in den meisten Fällen wiederhergestellt werden. Die offene Kommunikation und die Verlässlichkeit der Aussagen waren in dieser Phase ein Schlüssel zum Erfolg. Der Gläubigerausschuss kann in dieser Phase eine unterstützende Rolle einnehmen.

Umgang mit Arbeitsgemeinschaften

Zu den schwierigsten Aufgaben in der Bauwirtschaft gehört der Umgang der Arbeitsgemeinschaften mit einem strukturierten Sanierungsverfahren. Die Standard Arbeitsgemeinschaftsverträge für Dach-Arbeitsgemeinschaften und Beistell-Arbeitsgemeinschaften sehen unter Ziffer 23.41 vor, dass die restlichen Arbeitsgemeinschaftspartner bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung einen Ausschluss des zu sanierenden Unternehmens mit Mehrheitsbeschluss erwirken können. Gemäß Ziffer 23.52 der Muster Arbeitsgemeinschaftsverträge ist bei Verfahrenseröffnung darüber hinaus der automatische Ausschluss vorgesehen.

Die Situation ist damit eindeutig und klar geregelt. Deshalb war es bei den Arbeitsgemeinschaften notwendig, durch intensive, offene und verlässliche Kommunikation alle Partner der Arbeitsgemeinschaften zu überzeugen, dass die gemeinsame Weiterführung in der Regel die beste wirtschaftliche Alternative darstellt. Dies
gelingt nicht bei jeder Arbeitsgemeinschaft. Doch bei der überwiegenden Anzahl der Argen der RS Gleisbau konnte die Geschäftsführung überzeugen und die Weiterführung wurde einvernehmlich beschlossen.

Mitarbeiterkommunikation

Eine erfolgreiche Sanierung setzt weiterhin voraus, dass Mitarbeiter und alle Beteiligten einer Unternehmensgruppe einbezogen werden. Insbesondere, da im konkreten Fall aufgrund der Konsolidierungsstrategie einzelne Standorte geschlossen und die Mitarbeiter freigesetzt wurden. Bereits von Anfang an wurde gegenüber den Mitarbeitern in Form der üblichen Betriebsversammlungen eine offene Informationspolitik verfolgt. Auch schwierige Themen, wie die Schließung einzelner Standorte, wurden weit im Vorfeld kommuniziert.

Da es aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, in kurzen Abständen Betriebsversammlungen durchzuführen, hat die Geschäftsleitung der RS Gleisbau das Konzept der Mitarbeiter-Dialoge implementiert. Im Rahmen dieser Mitarbeiterdialoge ist die Geschäftsleitung in die einzelnen Standorte gefahren und hat dort die Mitarbeiter zu einer zwanglosen Veranstaltung, meistens am Nachmittag eingeladen. Die Teilnahme war den Mitarbeitern freigestellt. Im Rahmen eines kurzen Berichts hat die Geschäftsführung über den aktuellen Stand berichtet. Den viel größeren zeitlichen Raum hat die offene Fragerunde eingenommen. Dieses Konzept wurde monatlich an allen Standorten wiederholt. Der Aufwand für die Geschäftsleitung war nicht unerheblich. Jedoch konnte durch diese Vorgehensweise auch die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht und entstehende
Informationsdefizite schnell ausgeräumt werden.

Kommunikation in der Gruppe

Die RS Gleisbau ist eingebettet in die Teilholding Deutschland der Rhomberg Sersa Rail Group. Im Sinne einer modernen Firmenstruktur werden dort viele Verwaltungsaufgaben als Shared Services an zentraler Stelle für alle Gesellschaften in Deutschland erbracht. Damit die Zusammenarbeit mit diesen Einheiten reibungslos weitergehen konnte und alle Anforderungen des Insolvenzrechts berücksichtigt wurden, war ein erhöhter und ständig wiederholender Kommunikationsprozess seitens der Geschäftsleitung notwendig.

Verantwortliche Führungskräfte der Schwestergesellschaften waren sich am Anfang des Verfahrens unsicher, wie sie mit der RS Gleisbau umgehen sollten. Durch Gespräche und Informations-Mails wurden die Führungskräfte der Unternehmensgruppe
immer wieder über den Sachstand informiert und abgeholt. Neben den Mitarbeitern und Schwestergesellschaften müssen auch die Eigentümer die neue Situation akzeptieren. Wie die Geschäftsleitung, so hat auch die Gesellschafterversammlung der RS Gleisbau von der ersten Stunde die gesetzlichen Regelungen dieses Verfahrens zur Handlungsmaxime erklärt und sehr aktiv an der schnellen Sanierung des Unternehmens in moralischer,
persönlicher und finanzieller Hinsicht mitgewirkt.

Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung GmbH

www.buchalik-broemmekamp.de

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