Insolvenz am Bau:
Aktuelle Rechtsprechung
Eine kürzlich ergangene Entscheidung (VII ZR 56/15) des Bundesgerichtshofes lässt auf den ersten Blick vermuten, dass
die Kündigungsrechte des Auftraggebers eines VOB/B-Werkvertrages bei Insolvenz des Auftragnehmers gestärkt worden seien.
Kündigungsrecht des Auftraggebers wird nicht gestärkt
Rechtsanwältin Kathrin Heerdt, Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Bau-und Immobilienrecht (ARGE Baurecht), stellt jedoch klar: „Dass das mitnichten der Fall ist, wird erst bei näherer Betrachtung der Urteilsbegründung offenbar.“ Der Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht zufolge stellt der BGH darauf ab, dass es dem Auftraggeber im Falle des Eigeninsolvenzantrages des Auftragnehmers nicht zuzumuten sei, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die sich anschließende Entscheidung des Insolvenzverwalters zur Fortführung des Bauvertrages abzuwarten. Heerdt betont: „Erfahrungsgemäß kann sich das über Monate hinziehen. Das ist für die meisten Auftraggeber nicht zumutbar.“
Privilegierte Kündigung nur bei Eigeninsolvenzantrag
Das Insolvenzverfahren ist ein so genanntes Antragsverfahren, das lediglich auf Antrag des Schuldners selbst oder eines seiner Gläubiger eröffnet wird. Vor der Insolvenzeröffnung prüft ein gerichtlich bestellter Gutachter, ob ein Insolvenzgrund vorliegt. Dazu gehören die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder, bei juristischen Personen, die Überschuldung. Der Gutachter hat Einblick in die Informationen des Insolvenzgerichtes und weiß daher, ob der Insolvenzantrag durch einen Gläubiger oder den Schuldner selbst gestellt wurde.
Für Dritte, etwa den Vertragspartnern des insolvenzbetroffenen Auftragnehmers, sind diese Informationen in amtlich bestätigter Form nicht zugänglich. Auskünfte, die direkt vom betroffenen Auftragnehmer kommen, sind keine verlässliche Quelle. Heerdt erläutert: „Es ist aber von entscheidender Bedeutung, ob der Auftragnehmer selbst den Antrag gestellt hat. Nur dann steht dem Auftraggeber das Recht auf eine privilegierte Kündigung zu, die ihn zur Einstellung weiterer Zahlungen berechtigt.“
Zeitliche Nähe zwischen Eigen- und Fremdantrag
Hat der Auftragnehmer selbst einen Insolvenzantrag gestellt, so kann hieraus keineswegs sicher geschlossen werden, dass nicht von einem Dritten zuvor auch ein Insolvenzantrag gegen ihn ausgebracht wurde. Beispielsweise kann eine Krankenkasse aufgrund rückständiger Beiträge einen Insolvenzantrag stellen und kurz darauf reicht der Auftragnehmer seinerseits einen Antrag auf Insolvenz aufgrund seiner angespannten Liquiditätslage ein.
In einem solchen Fall kann einige Zeit vergehen, bis der Auftragnehmer selbst überhaupt von dem von dritter Seite gestellten Antrag erfährt. Heerdt unterstreicht daher: „Lässt sich das Insolvenzantragsverfahren auf Eigenantrag nicht belegen und stellt sich heraus, dass das Verfahren aufgrund zeitlich vorausgehendem Fremdantrag eingeleitet wurde, vermittelt die Entscheidung keine (Kündigungs-) Sicherheit.“