Wasser, das hoffentlich niemand braucht
Vorbeugender Brandschutz bei WindenergieanlagenAuch für Windräder wird ein Löschwasserbedarf definiert. Sind an den Standorten weder Hydranten noch andere Entnahmestellen vorhanden, wird die Löschwasser-Versorgung durch einen unterirdisch eingebauten Behälter sichergestellt.
Die gute Nachricht zuerst: Windenergieanlagen (WEA) brennen selten. Eine offizielle Statistik gibt es nicht, laut Schätzung des Bundesverbandes WindEnergie e. V. waren es in den vergangenen Jahren jeweils etwa 5 bis 10 Fälle, bei insgesamt 29.608 Windrädern, Stand 31.12.2020. Das sind pro Jahr nur 0,03 Prozent. Im Straßenverkehr haben wir das gleiche Verhältnis: 15.000 Autos, die laut „AutoBILD Digital“ auf Deutschlands Straßen abbrennen, bei 60 Mio. zugelassenen Fahrzeugen Ende 2020.
Die schlechte Nachricht: Trotz regelmäßiger TÜV-Hauptuntersuchung lassen sich Brände bei Autos nicht ganz vermeiden. Fachleute stellen Marderbiss, fehlerhafte Bauteile, Montagefehler, außergewöhnlich schwere Kollisionen und Brandstiftung als hauptsächliche Ursachen fest. Ähnlich die Situation bei WEA. Statt Marder und Brandstifter können hier Kupferdiebe die Übeltäter sein und einen Kurzschluss auslösen, statt einer Kollision kann ein Blitzeinschlag die Windturbine entzünden – falls die vorhandene Blitzschutzanlage in der Gondel (dem Maschinenhaus) und den Rotorblättern ausnahmsweise defekt sein sollte.
Ein aktueller Brandfall, mögliche Ursachen
Südliches Niedersachsen: Nach Meldungen des Täglichen Anzeigers Holzminden waren am Dienstag, 12. Januar 2021, nachmittags rund 60 Einsatzkräfte im Windpark Hehlen vor Ort, als ein Windrad in 80 Metern Höhe brannte. Da Teile der havarierten Anlage abzubrechen drohten, musste weiträumig abgesperrt werden. Wegen der starken Rauchentwicklung war auch das ABC-Messfahrzeug der Kreisfeuerwehr Holzminden zur Messung der Schadstoffe in der Umgebungsluft im Einsatz.
„In einem solchen Fall“, sagt Silvia Oestreicher, Pressesprecherin des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) mit Sitz in Berlin, „müssen die Einsatzkräfte die Anlage leider kontrolliert abbrennen lassen. Mit Drehleitern und Wasserdruck kommen wir mit den Standardfahrzeugen nicht über 20-30 Meter Höhe hinaus. Vorrangig ist, am Boden so weiträumig abzusperren, dass keine Personen zu Schaden kommen. Und das vorgehaltene Löschwasser dient dazu, einen Flächen- bzw. Waldbrand durch Funkenflug oder brennende Trümmerstücke zu verhindern.“ Details zur Vorbereitung auf derartige Aufgaben finden Einsatzkräfte in einer Fachempfehlung des DFV (1).
Brände können insbesondere in der Gondel, im Turm und in der Umspannstation einer WEA entstehen. Typische Ursachen sind Blitzschlag, Fehler in elektrischen Einrichtungen, Funkenflug durch Überlastung mechanischer Bremsen sowie feuergefährliches Arbeiten im Rahmen von Wartung und Reparatur. Brennbare Komponenten sind Getriebe-, Transformator- und Hydrauliköle, Elektrokabel, das Maschinenhaus selbst wie auch die meist aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigten Rotorblätter (2).
Vorsorge durch rechtzeitige Prüfungen
Der Gesetzgeber verpflichtet die Betreiber von WEA, ihre elektrischen Anlagen und Betriebsmittel nach der Vorschrift 3 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV V3) mindestens in 4-jährigem Turnus prüfen zu lassen. Dienstleister, die diesen Service anbieten, sollten über ausreichend Erfahrung im Umgang mit den unterschiedlichen WEA-Fabrikaten verfügen.
Um den Markt transparenter zu machen und den Betreibern Hilfestellung zu bieten, führt der Bundesverband WindEnergie e. V. in Berlin (BWE) Jahr für Jahr eine Umfrage bei den Betreibern durch und veröffentlicht das Ergebnis im Internet als Report zur Servicezufriedenheit. Eigentlich selbstverständlich, aber dennoch erwähnenswert: Prüftechniker müssen neben der Niederspannung auch regelmäßig die Mittelspannung (Transformatoren, Schaltanlagen, Leistungskabel) sowie den Blitzschutz prüfen.
Gefahr aus den Wolken
Ihre Höhe macht Windenergieanlagen zu bevorzugten Objekten für Blitze. Und sowohl Höhe als auch Leistung nehmen kontinuierlich zu, nicht nur bei Anlagen auf See. Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des BWE, erwartet eine Verdoppelung der Leistung in den kommenden Jahren bei gleichbleibender Anlagenzahl.„Selbst bei einer Halbierung der Anzahl bei Rückbau und Repo-wering werden wir in absehbarer Zeit den Stromertrag an Land verdreifachen“, schätzt er. Die Bauhöhe, die sich aus dem halben Rotordurchmesser plus der Nabenhöhe ergibt, dürfte entscheidend dafür sein. In Hausbay-Bickenbach/Rheinland-Pfalz wurde 2016 mit 230 m ein Weltrekord erzielt. Ein Jahr später liefen solche Anlagen auch in Winterbach-Goldboden/Baden-Württemberg.
Dem standardmäßig installierten Blitzableiter an der Gondel und an den Spitzen der Rotorblätter kommt eine wachsende Bedeutung zu. Als Regel der Technik für Blitzschutz gelten DIN EN 62305 und VDE 0185. Laut Windenergie-Erlass des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2018 sind bei Standort- oder Risikofaktoren, wie im Wald oder in der Nähe des Waldes, in diesem Bundesland zusätzliche Maßnahmen erforderlich – unter anderem ein System zur Brandfrüherkennung und eine selbsttätige Feuerlöschanlage. Die funktioniert mit Inertgas, das Sauerstoff am Brandherd verdrängt, oder mit einer wässrigen Lösung aus Feinsprühdüsen.
Löschwasser schützt die Umgebung
In Baden-Württemberg gelten andere Bestimmungen. Seit 2017 betreibt die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) mehrere Windparks im Landkreis Schwäbisch Hall. Selbsttätige Löscheinrichtungen sind weder in Dünsbach und Burgholz (je 3 WEA mit 149 m Nabenhöhe), noch in Brettenfeld (2 WEA mit 134 m Nabenhöhe) installiert, denn es war keine Auflage für die Baufreigabe.
Einer der technisch Verantwortlichen bei EnBW ist Ivan Vujcic. Er informiert: „Die Genehmigungsbehörden haben in diesen Fällen je Windpark ein unterirdisches Löschwasserreservoir gefordert.“ Ovale Behälter gemäß DIN 14230 (3) mit 30 m³ Fassungsvermögen wurden erstellt und durch Tankfahrzeuge mit Wasser befüllt. Die Bauweise mit Fertigteilen aus Stahlbeton brachte schnelle Betriebsbereitschaft bei gleichzeitig hoher Belastbarkeit (4).
„Sämtliches Zubehör, auch die Löschwasserentnahmestelle, war Bestandteil der Lieferung und wurde von uns montiert“, erklärt René Zweigart. Er ist beim Hersteller Mall für Großprojekte verantwortlich. „So ist die Gewährleistung für das komplette Bauwerk in einer Hand.“ Bei unterirdischen Löschwasserbehältern sind die Folgekosten niedrig, denn der Wartungsaufwand ist gering. Empfohlen wird in allen Bundesländern, dass Betreiber von Windenergieanlagen den vorbeugenden Brandschutz und das Anlegen von Löschwasservorräten in der Planungsphase mit ihrer Versicherung abklären. Vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) gibt es dazu einen Leitfaden.
Mall GmbH
www.mall.info
(1) DFV-Empfehlung: Einsatzstrategien an Windenergieanlagen, 2008 (in Überarbeitung). www.feuerwehrverband.de/
fachliches/publikationen/fachempfehlungen
(2) Schulz, Sascha: Windenergieanlagen und Brandgefahr. Blog
Erneuerbare.Energien.NRW, EnergieAgentur.NRW, 15. März 2016
(3) DIN 14230:2012-09. Unterirdische Löschwasserbehälter.
Beuth Verlag Berlin, 2012
(4) Mall-Umwelt-Info 02/2018. Aktuelle Informationen zur Bereit-
stellung von Löschwasser bei Windenergieanlagen.
Hrsg.: Mall GmbH, Donaueschingen, 2018
Löschwasserreservoir unterirdisch, jeweils 1 x 30 m³ Mall-Ovalbehälter
Standort Brettenfeld, Gemeinde Rot am See
Anlagen: Nordex, 2 x Typ N131, je 3,3 MW = 6,6 MW Gesamtleistung mit 134 m Nabenhöhe und 131 m Rotordurchmesser
Standort Burgholz, Gemeinde Rot am See
Anlagen: Vestas, 3 x Typ V126, je 3,3 MW = 9,9 MW Gesamtleistung mit 149 m Nabenhöhe und 126 m Rotordurchmesser
Standort Dünsbach, Gemeinde Gerabronn
Anlagen: Vestas, 3 x Typ V126, je 3,3 MW = 9,9 MW Gesamtleistung mit 149 m Nabenhöhe und 126 m Rotordurchmesser
Produktdaten Ovalbehälter mit Löschwasserentnahmestelle
Löschwasserbehälter unterirdisch: Fab. Mall, 3 x Typ LW 30, je 30 m³ Nutzvolumen als Ovalbehälter aus Stahlbetonfertigteilen
Pumpensumpf und Luftpolster: gemäß DIN 14230
Saugrohr inkl. Dichtungseinsatz: DN 125/100
Lüftungsrohr aus Edelstahl 1.4301: DN 100, ca. 1,0 m über Gelände
Saugleitung inkl. Kupplung aus Edelstahl 1.4301: ca. 0,3 m über Gelände mit Hinweisschild „Löschwasser-Saugleitung“
Schachtaufbauten: gemäß DIN 4034 Teil 1
Abdeckplatten: SLW 60
Lastbild der Schachtabdeckung: Klasse D 400
Lieferung und Montage: Mall GmbH