„Wir denken immer langfristig!“

Der moderne Tiefbau Fachhandel nimmt zunehmend die Funktion eines
Vermittlers zwischen Industrie und Anwender ein, um moderne Techno-
logien und Verfahren voranzubringen. tHIS sprach mit Horst Collin,
verantwortlich für die HTI-Gruppe und persönlich haftender Gesellschafter der RHEIN-RUHR COLLIN KG.

tHIS: Herr Collin, die HTI-Gruppe blickt in diesem Jahr auf ihr 20jähriges Bestehen zurück. Hier bei der Rhein-Ruhr Collin KG am Standort Duisburg – dem Ursprung der HTI-Gruppe - hat sich in dieser Zeit eine Menge verändert.

Horst Collin: Ja, das ist richtig. Die Collin-Gruppe verfügt hier in Duisburg traditionell über einen großen Standort für die Gebäudetechnik, an dem wir lagertechnisch ein sehr breites Sortiment mit ca. 50.000 Artikeln vorhalten. Da unser altes Grundstück in Duisburg-Rheinhausen zu klein wurde und unseren Anforderungen nicht mehr gewachsen war, haben wir im Jahr 2007 damit begonnen, dieses neue 148 000 m2 große Grundstück zu bebauen. Wir haben gemeinsam mit unseren Partnern an diesem neuen Standort eine sehr hohe Investition getätigt. Es war genau die richtige Entscheidung, denn wir konnten uns logistisch dadurch nachhaltig verbessern. Bereits im Jahr 2012 haben wir in eine Erweiterung investiert.

Durch diese Maßnahme  konnten wir die bislang in Moers
ansässigen regionalen Betriebsstätten der Unternehmen
HTI Collin & Schulten KG sowie HTI Collin & Hofmann KG
ebenfalls auf dem neuen Betriebsgelände in Duisburg ansiedeln. Die HTI Collin & Schulten KG ist übrigens die erste HTI-Gesellschaft und somit auch ein Teil des Ursprungs
der HTI-Gruppe. Wir verfügen hier am Standort Duisburg
aktuell über rund 30 000 m2 Hallenfläche sowie rund 16 000 m2 Außenlagerfläche. Die eigene LKW-Flotte besteht aus über 70 Fahrzeugen (25 t / 7,5 t). Durch die entstandenen Synergien sind wir nochmals flexibler geworden und beliefern unsere Kunden bis zu 2-mal täglich.

tHIS: Die Logistik ist ja auch eine Stärke der gesamten
HTI-Gruppe. Was zeichnet dies im Besonderen aus?

Horst Collin: Die erweiterten logistischen Möglichkeiten in
Duisburg waren u.a. auch Voraussetzung, um die von der HTI Collin & Hofmann KG übernommene Materialversorgung in Form eines Logistikmodells für die Bayer AG zu gewährleisten. Insgesamt haben wir uns als HTI Gruppe auf Logistikmodelle, teils in 2-stelliger Mio.-Umsatzgröße, spezialisiert und stellen unsere Leistungsfähigkeit in mehreren herausragenden Modellen im Versorgungsbereich unter Beweis.

tHIS: Jubiläen sind immer auch ein Anlass nach vorne zu
blicken. Wie werden sich die Aufgaben des Tiefbau
Fachgroßhandels nach Ihrer Einschätzung in den
nächsten Jahren verändern?

Horst Collin: Dies ist eine Frage, mit der wir uns in den letzten Jahren in der HTI sehr intensiv auseinander gesetzt haben. Wir haben uns eingehend damit beschäftigt, wie sich der gesamte Tiefbaumarkt in den kommenden Jahren entwickeln wird, um wesentliche Weichen für die zukünftige strategische Ausrichtung der HTI-Gruppe zu stellen. Wir haben uns ganz konkret die folgenden Fragen gestellt: Wie funktionieren die Prozesse im Markt? Wie werden die produzierende Industrie sowie der Handel und die Verarbeiter gestern, heute und in Zukunft gesehen? Wie sieht der Markt die HTI-Gruppe?

Wir wollten unserer zukünftigen strategischen Ausrichtung natürlich keine beliebigen Meinungen zugrunde legen, sondern eine solide Faktenbasis. Deshalb haben wir mit dem renommierten Beratungsunternehmen nextpractice aus Bremen eine aufwändige Marktstudie durchgeführt. Ziel dieser Studie war es, valide Aussagen darüber zu erlangen, wohin unser Tiefbaumarkt sich entwickeln wird und was die Rolle der HTI-Gruppe in diesem Markt zukünftig sein wird bzw. sein muss.

tHIS: Was waren die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie und was haben Sie daraus abgeleitet?

Horst Collin: Wir haben eine Reihe für uns sehr überraschender Resultate erhalten, die aber viel positiver waren als wir es vielleicht erwartet hätten. Diese Ergebnisse haben die HTI Partner dann intensiv analysiert und daraus Strategien für die Zukunft entwickelt. Im folgenden Schritt  haben wir daraufhin  unsere Vertriebsmitarbeiter umfassend eingebunden und somit die definierten Strategien perfektioniert sowie den anstehenden Umsetzungsprozess eingeleitet. Abschließend haben wir die Ergebnisse und  die von uns entwickelten Strategien unseren engen Partnern aus der Industrie präsentiert und erläutert.

tHIS: Strategien welcher Art?

Horst Collin: Ich werde kurz die 5 wichtigsten Ziele und
Fragestellungen, die wir aus der Studie heraus unter dem Thema „VISION2020“ zusammen gefasst haben, skizzieren.

1) Mitarbeiter: Wir müssen uns zukünftig sehr intensiv Gedanken darüber machen, wie es uns gelingen wird, in Anbetracht des demographischen Wandels, Mitarbeiter langfristig an uns zu binden, sie zu fördern, sie weiter zu bilden mit dem Ziel, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich bei uns wohl fühlen und somit auch ihre beste Schaffenskraft in den Dienst der HTI-Gruppe stellen.

2) Wachstum: Wie können wir im Tiefbau weiter wachsen und weitere Standorte aufbauen?

3) Entwicklung des industriellen Sektors: Wir streben eine deutliche Weiterentwicklung auf dem industriellen Sektor, beim industriellen Anlagenbau an. Hier haben wir maßgeschneiderte eigene Strategien entwickelt.

4) Spezialisierung versus Generalisierung:  Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir als HTI-Gruppe tatsächlich generalistisch einen immer größeren Bereich des Tiefbaus und der Industrietechnik abdecken sollten oder ob wir uns auf bestimmte Themenkomplexe, wie z.B. den umfassenden Bereich der Rohrleitungssysteme, spezialisieren sollten.

Als Fachgroßhandel ist es unsere Aufgabe, unseren Kunden ein breites, aber nicht ausuferndes  Produktspektrum zur Verfügung zu stellen. Gleichwohl ist es unsere feste Absicht, uns zukünftig noch stärker auf den spezialisierten Rohrleitungsbau zu fokussieren, um unsere vielen hoch qualifizierten Mitarbeiter ganz zielgerichtet einzusetzen.

5) Marke: Die Studie hat gezeigt, dass handelsgeführte Marken einen hohen Stellenwert bei den Marktteilnehmern haben. Die Nähe der HTI-Vertriebsmannschaft zum Kunden sowie ein flächendeckendes Logistikangebot – hier nur beispielhaft genannt - bieten hierfür große Vorteile. Unser erklärtes Ziel ist es deshalb – gemeinsam mit unseren Kunden und den Herstellern – Produkte für die Praxis zu entwickeln. Das machen wir nicht als HTI-Gruppe selbst. Wir stoßen lediglich den Prozess an, indem wir den entsprechenden Input - den wir von unseren Kunden erhalten - bündeln und weiterleiten.

tHIS: Verstehe ich das richtig, dass Sie den Schritt hin zur aktiven Produktentwicklung anstreben?

Horst Collin: Die Entwicklungsarbeit der relevanten Produkte bis zur Marktreife übernehmen zwei eigenständige Unternehmen. Im Tiefbausektor ist dies die Firma aduxa GmbH, im Industriebereich arbeiten wir mit der Tendux GmbH zusammen. Diese Unternehmen produzieren nicht selbst, erteilen jedoch entsprechende Produktionsaufträge bei verschiedenen Herstellern. Stellen Sie sich das bitte ähnlich der Vorgehensweise bei adidas vor.

Wir werden also die Vorteile einer klassischen Handelsmarke mit den Vorteilen der Herstellermarken kombinieren. Eine aus unserer Sicht erfolgversprechende Symbiose!

tHIS: Befürchten Sie hier keine Konflikte mit anderen Marktteilnehmern auf Seiten der Hersteller?

Horst Collin: Unser Ziel besteht nicht darin, Marken, die derzeit im HTI-Sortiment fest verankert sind, zu ersetzen. Wir möchten vielmehr einen Mehrwert in der Zusammenarbeit mit unseren industriellen Partnern erzielen, um nicht zu kannibalisieren, sondern durch den Zusammenschluss von beiden Seiten deutlich mehr Marktanteile für beide Partner zu generieren. Es geht um gemeinsames Wachstum. Wir schauen gemeinsam, welche Produktentwicklungen sinnvoll und möglich sind. Vielleicht hat ein Hersteller eine interessante Entwicklung in der Schublade, die er selbst nicht verwerten kann. Diese Entwicklung könnte aber eventuell in den Systemgedanken der Unternehmen aduxa und Tendux gut passen.

Hier gibt es viele Möglichkeiten. Konflikte entstehen also nur vordergründig. Ich bin der festen Überzeugung, wenn man sich relativ offen den aktuellen Marktentwicklungen stellt, dann wird es keine andere Möglichkeit geben, als einen solchen Weg zu beschreiten und unsere Marktnähe zum Nutzen der Branche produktiv zu machen. Hierfür bedarf es eines festen Vertrauensverhältnisses aller Beteiligten zueinander.

tHIS: Ein weiterer wichtiger Punkt, den Sie aus der Studie heraus erwähnt haben, waren Ihre Mitarbeiter und die
Nachwuchsförderung.

Horst Collin: Es ist für unsere Branche sehr schwierig, Nachwuchs zu generieren. Tiefbau, Abwasser- und Versorgungsohre sind nicht im täglichen Focus. Für die Menschen zu Hause ist es selbstverständlich, dass sie über top aufbereitetes Trinkwasser höchster Güte verfügen, aber wie dieses zu ihnen gelangt und auch wieder entsorgt wird, interessiert natürlich zunächst nicht. Wir müssen Besonderes leisten, um junge Menschen für eine Ausbildung bei uns zu begeistern. Das ist kein ganz leichter Prozess. Aber wenn wir diese jungen Menschen gewonnen haben, ist es entscheidend, dass sie bei uns in die Unternehmensfamilie hineinwachsen. Wir haben in unseren Kommanditgesellschaften jeweils einen persönlich haftenden Unternehmenslenker. Dieser haftet persönlich und uneingeschränkt für sein gesamtes unternehmerisches Handeln. Das wird im Unternehmen hoch anerkannt. Hier existiert ein Leitbild, auf das viele im Unternehmen stolz sind. Über diesen Weg gelingt es uns, unsere Mitarbeiter zu motivieren. Wir haben sehr flache Hierarchien. Da ist der persönlich haftende Gesellschafter, ein Prokurist oder Niederlassungsleiter sowie unsere Mannschaft. Egal wo man sich gerade befindet, im Innendienst, im Außendienst, im Fuhrpark oder im Lagerbereich, das spielt überhaupt keine Rolle. Wir sind eine  Mannschaft. Durch diesen familiären Gedanken gelingt es uns sehr gut, Menschen langfristig an uns zu binden. Unsere Mitarbeiter gehen immer wieder mit einem großen Maß an Engagement, das weit über dem Durchschnitt liegt, an ihre Aufgaben heran. Das erfüllt mich mit großem Stolz.

tHIS: Das schafft auch ein hohes Maß an Verantwortung,

das Sie als persönlich haftender Gesellschafter hier tragen, nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern auch Ihren Mitarbeitern gegenüber.

Horst Collin: Wir sind ein Verbund mittelständischer Familienunternehmen – das macht den Charakter der HTI-Gruppe aus. Und natürlich spielt auch die soziale Verantwortung des persönlich haftenden Gesellschafters seinen Mitarbeitern gegenüber eine ganz wichtige Rolle. Das treibt uns persönlich an. Nehmen Sie das Jahr 2009 mit seiner globalen Wirtschaftskrise, als wir alle eine erhebliche Rezession zu bewältigen hatten. Zu dieser Zeit ist bei uns – im Gegensatz zu vielen anderen Marktteilnehmen - kein einziger Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen entlassen worden. Wir denken hier langfristig. Denn hat man solche Mitarbeiter erst einmal verloren, ist es sehr schwer, sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu gewinnen. Wir schauen in die Zukunft und investieren auch in die Zukunft und das nicht nur auf die nächsten 2 bis 3 Jahre gesehen.

tHIS: Noch einmal zur Studie zurück: Waren Sie manchmal von den Ergebnissen überrascht und fühlten sich zum
Umdenken bei dem einen oder anderen Aspekt veranlasst?

Horst Collin: Ich war mir immer der Tatsache bewusst, dass die Studie auch Ergebnisse zutage fördern könnte, die uns zu einem kompletten Umdenken veranlassen würden. Schließlich haben die gewonnenen Ergebnisse uns aber in unseren strategischen Weichenstellungen bestärkt. Aber natürlich ist es unabdingbar, sich kontinuierlich Gedanken darüber zu machen, wie der Markt der Zukunft aussehen wird. Man muss sich immer wieder neu hinterfragen, sein eigenes Handeln auf den Prüfstand stellen, um weiterhin erfolgreich agieren zu können. Hierfür ist eine solche Studie ein guter Weg, da wesentliche Prozesse noch einmal transparent gemacht werden. Die gesamte Studie steht für mich unter dem Thema Komplexitäts-Reduktion für alle beteiligten Ebenen; vom Hersteller über den Handel bis hin zum Verarbeiter.

Die Materialien und Produkte, mit denen wir uns im Tiefbau beschäftigen, werden immer aufwändiger und erklärungsbedürftiger. Hersteller fokussieren sich i.d.R. auf einzelne Produkte bzw. einzelne Systemkomponenten. Der verarbeitende Kunde muss jedoch den Überblick über z. B. aktuelle Technologien, neue Produkte und den fachgerechten Einbau behalten. Hier braucht es einen starken Handelspartner, der die Aufgabe der Komplexitäts-Reduktion wahrnimmt und den Kunden z. B. durch ein hoch qualifiziertes Team unterstützt und Werkstoff – sowie Herstellerneutral berät. Hier versteht sich die HTI-Gruppe als Trichter, in dem das Know-how, das Wissen und die Komplexität der Tiefbaubranche effektiv  gebündelt und zielgerichtet an die entscheidenden Kundenstellen geleitet werden.

Das ist, so glaube ich, die Aufgabe, die ein Handelsunternehmen in der Zukunft übernehmen muss. Hier bin ich der festen Überzeugung, dass uns dies bereits recht gut gelingt und von uns künftig  weiter perfektioniert wird.

Herr Collin, vielen herzlichen Dank für das offene Gespräch!

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