„Wir wollen den Betoniervorgang digital besser steuern können“
Peri InSite ConstructionGespräch mit Alois Bogner, Produktmanager Digitale Produkte & Tools der Peri Vertrieb Deutschland GmbH & Co. KG, über die Möglichkeiten der digitalen Prozess- und Qualitätsoptimierung im Ortbetonbau
THIS: Welche Ziele strebt Peri mit der Entwicklung der sensor- und messtechnischen Paketlösung „InSite Construction“ an?
Alois Bogner: Wir wollen den Betoniervorgang digital transparent machen. Bisher hat sich die Digitalisierung der Baustelle auf die Prozessoptimierung der Bauabläufe konzentriert. Für Bauunternehmen stehen bei der Ausführung ihrer Bauprojekte aber immer zwei Zielsetzungen im Vordergrund, für den sie einen „idealen“ betriebswirtschaftlichen Mix aus Effizienz und Effektivität finden müssen.
Bei der Effizienz geht es darum, Schalung und Rüstung in einem möglichst „schlanken“ Prozess konstruktions- und montagegerecht aufzubauen und einsetzen zu können. Beim Stichwort Effektivität steht das qualitative Betonergebnis des Bauwerksprodukts im Vordergrund. Für den Auftraggeber und Bauherrn ist der letzte Punkt – neben der Termin- und Kostentreue – ja das wichtigste Argument, um die Leistung eines Bauunternehmens beurteilen und honorieren zu können.
THIS: Dann zielt InSite Construction im Ortbetonbau nicht nur auf die Prozessoptimierung des Schalungseinsatzes, sondern auch auf die Produktqualität in Form eines digitalen, exakten Qualitätsmanagements?
Alois Bogner: Ja, genau. Bisher hat sich das Thema der Qualitätssicherung auf die Materialprüfung des Frischbetons vor dem Betoniervorgang beschränkt anhand der Lieferscheine und den manuellen Ausbreit- und Darrversuchen. In Zukunft wird bei Frischbetonprüfung auch der Wasserzementwert als Entscheidungsbasis für die nachfolgenden Betonierprozesse digital bestimmt und dokumentiert werden.
Mit InSite Contruction als web- und cloudbasierte QM-Lösung gehen wir im Echtzeit-Monitoring des Betoniervorgangs einen bzw. zwei entscheidende Schritte weiter und machen so für unsere Kunden die „Black-Box“ der Schalung transparent.
THIS: Für welche Art von Betonbauwerken ist InSite Contruction gedacht?
Alois Bogner: Die Einsatzorte dieser Technologien sind vornehmlich im konstruktiven Hochbau beheimatet und im Infrastrukturbau mit seinen Tunnel-, Brücken- und Wasserbauwerken. Hier wird der sogenannte Massenbeton verwendet mit Bauteildicken von > 80 cm, bei denen Zwängungen und Eigenspannungen besonders zu beachten sind.
THIS: Werden neben der Temperaturentwicklung und Betonfestigkeit weitere Parameter über die Sensorik von InSite Construction erfasst, kontrolliert, ausgewertet oder dokumentiert?
Alois Bogner: Ja. Bei massigen Betonbauteilen entstehen oft hohe Temperaturdifferenzen zwischen Bauteilkern und Bauteiloberflächen, die im ungünstigsten Fall zu Trennrissen über die ganze Querschnittsbreite führen können. Gleichzeitig ist die gemessene Hydrationswärme ein Indikator für die Festigkeitsentwicklung und Eigentragfähigkeit von Betonbauteilen, aus dem zum Beispiel der früheste sichere Ausschalzeitpunkt abgeleitet werden kann.
Um beide Materialeigenschaften ins richtige Verhältnis setzen zu können, haben wir als ersten Baustein der Peri-Produktfamilie InSite Construction die Temperatur- und Betonreifegradmessung entwickelt.
Mit den beiden anderen Peri Sensor-Lösungen werden in der Reihenfolge des Betoniervorgangs folgende Eigenschaften in Echtzeit gemessen und kontrolliert:
der Betondruck auf die Schalung in Abhängigkeit zur Betoniergeschwindigkeit
und der Füllstand bzw. die Verdichtung des Betons in der Schalung.
THIS: Was sind die Vorteile dieser beiden genannten digitalen Messvorgänge im Verhältnis zwischen Frisch- und Festbetoneigenschaften?
Alois Bogner: Der zulässige Frischbetondruck, der auf einen bestimmten Schalungstyp einwirken darf, basiert auf abstrakten, mathematischen Berechnungsmodellen. Und der tatsächliche Druckaufbau in der Schalung wiederum hängt vom erfahrungsbasierten Betonierwissen und der Arbeitsgeschwindigkeit des verantwortlichen Bau-Teams ab. Und dieser Frischbetondruck kann jetzt in Echtzeit direkt und kontinuierlich an der Schalhautoberfläche präzise gemessen werden. Dies hat nicht nur unmittelbare Vorteile für die Bauteiloptik, indem Verformungsfehler oder sichtbare Schüttungslagen vermieden werden. Die Überwachung und Steuerung der Betoniergeschwindigkeit wirkt sich auch positiv auf die Gefügequalität der Betonbauteile aus.
THIS: Lässt sich die Peri Sensorik für die Füllstands- und Verdichtungsmessung zur Sicherung der Dauerhaftigkeit und Gebrauchssicherheit von Betonbauteilen nutzen?
Alois Bogner: Bei sanierungsbedürftigen Stahlbetonbauten liegen die Schadensursachen oft in Verdichtungsmängeln, die im Betongefüge zu Hohlstellen, Entmischungen, Kiesnestern und Abplatzungen von der Bewehrung geführt haben. Mit der Peri Sensorik für die Füllstands- und Verdichtungsmessung kann die tatsächliche Homogenität des Verbundwerkstoffs Stahlbeton vor dem Erstarrungs- und Erhärtungsvorgang genau erfasst und beurteilt werden. Diese Messung ist vor allem bei komplexen Bauteilgeometrien mit einem hohen Bewehrungsgrad essentiell, um hier gezielt Verdichtungsmängel vermeiden zu können.
THIS: Wie funktioniert die digitale Sensortechnik zur Überwachung der Betoniervorgänge genau?
Alois Bogner: Die drei verschiedenen Sensoren für die Mess-Daten werden online durch mobil platzierbare Sendeeinheiten (Sensor-Knoten) über eine ebenfalls mobile Verbindungsstation (Gateway) an ein Webportal übermittelt und ausgewertet. Die Applikation hat ein intuitiv verständliches Interface, das dem Anwender in Echtzeit einen Überblick über den jeweiligen Betoniervorgang bietet. Wird ein vorab eingestellter Wert erreicht, erhält der Anwender automatisch eine Nachricht. Neben unterschiedlichen Berichtsfunktionen können die Messdaten zur weiteren Nutzung auch in Windows- bzw. BIM-Anwendungen integriert werden.
Peri Vertrieb Deutschland GmbH & Co. KG
www.peri.de