Wirtschaftsbau noch stabil
Die Investitionsneigung der deutschen Wirtschaft ist trotz der konjunkturellen Abkühlung noch sehr stabil. Obwohl das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr - verglichen mit den hohen Vorjahreswerten von + 3,7 % bzw. + 3,0 % – „nur“ um real 1 % zulegen soll, haben im ersten Halbjahr 2012 Baugenehmigungen und Auftragseingänge für gewerbliche Auftraggeber gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich zugelegt.
Wichtigster Frühindikator sind die Neubaugenehmigungen (veranschlagte Baukosten). Nachdem diese für Wirtschaftsgebäude bereits im Vorjahr deutlich um 25 % oder 3,7 Mrd. Euro gestiegen sind, legten sie im ersten Halbjahr nochmals um 14 % zu. Dabei war das Wachstum im zweiten Quartal mit fast 20 % sogar noch deutlich höher als im ersten Vierteljahr.
Die Renaissance des Investitions- und Produktionsstandortes Deutschland zeigt sich vor allem bei den Fabrik- und Werkstattgebäuden. Hier lag das Genehmigungsplus im ersten Halbjahr bei 18 %. Verglichen mit dem Tiefpunkt in den ersten sechs Monaten 2010 war das Volumen der Genehmigungen sogar um 73 % höher. In der Frühsommerumfrage des DIHK lag der Saldo der Industrieunternehmen, die ihre Investitionen ausweiten wollen abzüglich derer, die ihre Investitionen kürzen wollen, unverändert bei plus 14. Auch die aktuelle Investitionsumfrage des ifo-Instituts bestätigt die steigenden Investitionsabsichten.
Erklärt werden kann dies auch mit dem anhaltend hohen Auslastungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe. Trotz des leichten Rückgangs in den ersten beiden Quartalen 2012 wurde mit 85 % Auslastung der Durchschnittswert der vergangen zehn Jahre von unter 84 % noch übertroffen. Entsprechend hat in der deutschen Industrie das Investitionsmotiv der Kapazitätserweiterung, das für die Baubranche besonders wichtig ist, seit dem Krisenjahr 2009 wieder deutlich an Gewicht gewonnen.
Auch bei den Handels- und Lagergebäuden (vor allem für Dienstleister im Logistikbereich) sowie den sonstigen gewerblichen Betriebsgebäuden (u. a. Hotels, Gaststätten, Bahnhöfe, Flughäfen) wurden basierend auf dem hohen Vorjahresniveau nochmals Zunahmen von 16 % bzw. 20 % verzeichnet.
Lediglich im sehr volatilen Markt der Büro- und Verwaltungsgebäude kam es nach dem starken Wachstum im vergangenen Jahr im ersten Halbjahr 2012 zu einer Stagnation bei den Genehmigungen. Von der derzeitig viel zitierten „Flucht in wertbeständige deutsche Immobilien“ ist zumindest in diesem Teilsegment des Marktes bei Neubauten bislang wenig zu verspüren. Die Nachfrage konzentriert sich eher auf Transaktionen bereits bestehender Gebäude.
Die positive Entwicklung der Genehmigungen zeigt sich auch bei der Entwicklung des Auftragseinganges im Bauhauptgewerbe im Wirtschaftshochbau. Nach dem tiefen Einbruch im Jahr 2009 sind seit Beginn des Jahres 2010 in nunmehr zehn aufeinander folgenden Quartalen Zuwächse zu verzeichnen. Im ersten Halbjahr 2012 lag die Ordertätigkeit um gut ein Drittel höher als im Vergleichszeitraum des Krisenjahres 2009.
Normalerweise zeigt sich die Entwicklung der Baugenehmigungen ein Quartal später in den Auftragseingängen. Daher dürften diese im Wirtschaftshochbau zumindest im dritten Quartal 2012 weiter zulegen. Der Umsatz bei den Betrieben des Bauhauptgewerbes folgt dann nochmals mit einer Verzögerung von ein bis zwei Quartalen der Ordertätigkeit. Aus heutiger Sicht ist daher für das Gesamtjahr 2012 mit einem Umsatzwachstum im gewerblichen Hochbau von rund 5 % zu rechnen. Die positive Entwicklung des Vorjahres (+ 14 %) wird somit fortgesetzt.
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