Zu Bauleistung und Nebengebot
Kommentare zur aktuellen Rechtsprechung für die BauwirtschaftDrei aktuelle Urteile stellt Rechtsanwalt Michael Werner vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hier vor: zur Funktionstauglichkeit einer Bauleistung und Erfüllung der Bedenkenhinweispflicht (BGH), zur mangelfreien Leistung trotz Verstoß gegen DIN-Normen (OLG Celle) und zu Mindestanforderungen an Nebenangebote im Unterschwellenbereich (BGH).
Zur Funktionstauglichkeit einer Bauleistung und Erfüllung der Bedenkenhinweispflicht
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 29. September 2011 – VII ZR 87/11 - (www.ibr-online.de) Folgendes entschieden:
1. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt.
2. Beruft sich der Unternehmer zu seiner Entlastung darauf, er habe aufgrund bindender Anordnung einer untauglichen Ausführungsweise durch den Auftraggeber die vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllen können, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für eine solche Behauptung.
Eine Stadt beauftragte einen Bauunternehmer (AN) mit der Herstellung eines sog. „Elektrodükers“. Gegenstand des Auftrags war auch die Vermessung des Dükers sowie die Dokumentation seiner Lage. Diese Leistungen übertrug der AN einem Vermesser. Dieser nahm die Lage der Start- und Zielgrube des Dükers auf und stellte dessen Verlauf mittels einer idealisierten geradlinigen Verbindung der zwei aufgemessenen Punkte dar. Eine Einmessung des tatsächlichen Verlaufs des Dükers erfolgte nicht. Bei den auf Basis der vorliegenden Bestandspläne ausgeführten Rammarbeiten wurde der verlegte Düker beschädigt, es kam zu einer Unterbrechung der Stromversorgung in einem ganzen Stadtteil. Auf Verlangen der Stadt musste der AN den Düker mit einem Kostenaufwand von 82.000 Euro neu verlegen. Hierfür verlangte er von dem Vermesser Schadensersatz; dieser wandte ein, der AN habe ihn ausdrücklich beauftragt, den Verlauf des Dükers so – wie geschehen – darzustellen.
Das erstinstanzliche LG hatte die Klage des AN gegen den Vermesser abgewiesen. Das OLG hatte der Klage wegen eines Mitverschuldens des AN nur zu 50 Prozent stattgegeben. Mit der Revision zum BGH erstrebte der Vermesser volle Klageabweisung.
Der BGH hebt das OLG-Urteil wegen eines Verfahrensfehlers auf und weist den Rechtsstreit zur erneuten Beweisaufnahme an das Berufungsgericht zurück. Allerdings sei das OLG zu Recht davon ausgegangen, dass das Werk des Vermessers mangelhaft sei, weil es nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweise (§ 633 Abs. 2 Satz 1 BGB). Zu dieser vereinbarten Beschaffenheit gehörten alle Eigenschaften des Werks, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollten. Letzterer bestimme sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen solle. In Fortführung des zum alten Recht entwickelten sog. „funktionalen Mangelbegriffs“ liege eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit dann vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht werde und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfülle. Das gelte unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart hätten.
Im vorliegenden Falle fehle dem Werk des Vermessers die vereinbarte Beschaffenheit. Die von den Parteien übereinstimmend vorausgesetzte Verwendung der Leistung habe darin bestanden, als Grundlage für mit Erdarbeiten zusammenhängende, zu erstellende Rammpläne zu dienen. Diese Funktion erfülle die Werkleistung des Vermessers hier nicht, weil der Vermesser den tatsächlichen Verlauf des Dükers nicht durch Vermessung seiner Lage erfasst und dementsprechend dokumentiert habe, obwohl nur die präzise Einmessung des Dükers Gewähr für die Erarbeitung von Rammplänen bieten konnte, bei deren Beachtung der Düker nicht durch Erdarbeiten beschädigt worden wäre.
Das Werk des Vermessers sei auch dann funktionsuntauglich und damit mangelhaft, wenn der Unternehmer die erfolgte Ausführungsart ohne präzise Einmessung des Dükers ausdrücklich verlangt haben sollte. Diese Behauptung des Vermessers betreffe Vereinbarungen zur Art der Ausführung der Werkleistung, die ohne Einfluss auf die vertraglich vorausgesetzte Verwendung der vom Vermesser gefertigten Bestandspläne als Grundlage für die Planungsausführung von Erdarbeiten getroffen worden sein können. Es gehe hier auch nicht um eine Unterschreitung des geschuldeten üblichen Qualitätsstandards und damit den Maßstab für die Funktionalität des Werkes. Denn eine solche „Beschaffenheitsvereinbarung nach unten“ sei nicht gegeben, wenn – wie hier – die Funktionstauglichkeit des Werkes für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch mit der vertraglich vereinbarten Ausführungsart nicht zu erreichen sei.
Nach der Rechtsprechung des BGH sei ein Unternehmer dann nicht für den Mangel seines Werks verantwortlich, wenn er auf verbindliche Vorgaben des Bestellers zurückzuführen sei und der Unternehmer seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt habe. Der Unternehmer hafte nicht für die fehlende Funktionstauglichkeit des Werks, wenn er dem Besteller auf die Bedenken gegen dessen ausdrückliche Anordnung hingewiesen habe und dieser auf der untauglichen Ausführung bestehe. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Tatbestand, der dazu führe, dass der Unternehmer von der Mangelhaftung befreit sei, trage der Unternehmer. Er habe dementsprechend vorzutragen und zu beweisen, dass die Zweck- und Funktionsverfehlung des Werks auf bindende Anordnung des Bestellers zurückzuführen und er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen sei. Speziell diese Frage müsste das OLG in einer weiteren Beweiswürdigung prüfen.
Anmerkung
Mit der Entscheidung werden insbesondere Bauunternehmen noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass neben dem Inhalt des Bauvertrags die Funktionstauglichkeit der erbrachten Leistung wesentlich ist. Konkret heißt dies, dass das unreflektierte Abarbeiten von Leistungen nach dem bloßen Wortlaut des Vertrages mit einer qualitätsvollen und mangelfreien Werkleistung nicht zusammenpasst. Von dieser Verpflichtung zur Schaffung eines funktionstauglichen Werkes können sich Bauunternehmer nur dann befreien, wenn die mangelnde Funktionstauglichkeit auf einer verbindlichen Vorgabe des Auftraggebers beruht. Erkennt der Auftragnehmer, dass die vertraglich vorausgesetzte Funktion mit dem konkreten Vertrag gar nicht erreicht werden kann, muss er umfänglich seine Prüfungs-, Hinweis- und Dokumentationspflicht erfüllen, weil er selbst die Beweislast dafür trägt, dass er genau diesen Verpflichtungen gegenüber dem Auftraggeber nachgekommen ist. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, bleibt er für die beschriebene mangelhafte Leistung letztlich verantwortlich.
Mangelfreie Leistung trotz Verstoß gegen DIN-Normen?
Das OLG Celle hat mit Urteil vom 2. November 2011 – 14 U 52/11 – (www.ibr-online.de) u. a. Folgendes entschieden:
In der Regel verpflichtet sich der Unternehmer stillschweigend zur Beachtung der anerkannten Regeln der Technik. Die anerkannten Regeln der Technik werden nicht allein durch die DIN-Normen festgelegt. Denn hierbei handelt es sich lediglich um private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, welche hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben oder im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens sogar noch darüber hinausgehen können. Auch bei einer Abweichung von DIN-Normen kann deren bezweckter Erfolg erreicht werden.
Ein Bauträger wurde von den Bauherren von Doppelhaushälften verklagt, Schadensersatz wegen behaupteter Mängel des Wärmedämmverbundsystems (WDVS) zu leisten. Im Vertrag war u. a. eine Klausel enthalten, wonach sich der Bauträger verpflichtete, „das Bauwerk gemäß der Baubeschreibung herzustellen und auszustatten, nur normgerechte Baustoffe zu verwenden und das Bauvorhaben nach den anerkannten Regeln der Baukunst und technisch einwandfrei zu errichten“.
Nach Ansicht der Kläger habe der Bauträger mit der Verarbeitung eines systemfremden Oberputzes gegen die bauaufsichtliche Produktzulassung sowie gegen die einschlägigen DIN-Normen verstoßen.
Nach Ansicht des OLG ist die eingebaute Wärmedämmung hier nicht mangelhaft. Zwar könne hier nach dem subjektiven Fehlerbegriff des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ein Mangel vorliegen. Die Kläger versuchten diesen Mangel daraus herzuleiten, dass das WDVS Herstellervorgaben oder bauaufsichtliche Zulassungen nicht gerecht werde oder einschlägigen DIN-Normen widerspreche. Dabei übersähen sie, dass der Bauträger nach dem Vertrag lediglich eine Wärmedämmung schuldete, aber kein Verbundsystem, wie es letztlich angebracht wurde. Das vorliegend eingebaute WDVS erfülle jedenfalls die ausdrücklichen Vorgaben im Hinblick auf die Wärmedämmung. Die im Vertrag enthaltene Klausel entspreche ohnehin dem, was der Werkunternehmer ohne ausdrückliche Vereinbarung schulde. Denn in der Regel verpflichte sich der Unternehmer stillschweigend zur Beachtung der anerkannten Regeln der Technik. Für das WDVS lasse sich aus dem Vertragsinhalt keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung herleiten. Weil es somit auf die übliche Beschaffenheit ankomme, könne nicht unberücksichtigt bleiben, ob und inwieweit die Gebrauchstauglichkeit objektiv beeinträchtigt werde. Danach sei hier nicht von der Mangelhaftigkeit der Wärmedämmung auszugehen. Wegen der behaupteten Abweichung von der bauaufsichtlichen Zulassung für das verwendete WDVS ergebe sich dies schon daraus, dass die Zulassung bereits vor Klageerhebung geändert wurde und das verbaute WDVS den neuen Anforderungen gerecht werde. Für den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten könne es aber nicht genügen, dass ein etwaiger Mangel bei Abnahme vorgelegen habe, wenn er gegenwärtig nicht mehr existiere.
Dass der Bauträger entgegen der bauaufsichtlichen Zulassung und unter Missachtung der Vorgaben der DIN-Normen einen systemfremden Oberputz verarbeitet habe, begründe ebenfalls keine Mangelhaftigkeit. Wenn die Einhaltung der DIN-Norm nicht explizit vereinbart werde, sei die objektive Auswirkung der Abweichung auf die Gebrauchstauglichkeit der Wärmedämmung entscheidend. Die anerkannten Regeln der Technik würden nicht allein durch die DIN-Norm festgelegt. Es handle sich lediglich um private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, die hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückblieben und im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens sogar noch darüber hinaus gehen könnten. Auch bei einer Abweichung von DIN-Normen könne deren bezweckter Erfolg erreicht werden. Allein aus einer Missachtung ihrer Vorgaben könne damit nicht auf einen Mangel geschlossen werden, wenn sich die Abweichung effektiv nicht auswirke.
Letztlich würden die DIN-Normen nicht davon befreien, sich mit dem jeweiligen Einzelfall auseinanderzusetzen.
Zu Mindestanforderungen an Nebenangebote im Unterschwellenbereich
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 30. August 2011 – X ZR 55/10 – (www.ibr-online.de) u. a. Folgendes entschieden:
1. Zur Beurteilung der Frage, ob an einem öffentlichen Auftrag ein grenzüberschreitendes Interesse besteht, ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen, d. h. mit Blick auf die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant sein könnte.
2. Bei der Zulassung von Nebenangeboten werden die Grundfreiheiten des Primärrechts der Europäischen Union und die Gebote der Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz gewahrt, wenn in den Vergabeunterlagen vorgegeben wird, dass Ausführungsvarianten eindeutig und erschöpfend beschrieben werden und alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind, und dass bei nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Vergabeunterlagen geregelten Leistungen im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen zu machen sind.
Eine Kommune hatte ein Vergabeverfahren betreffend eine Regenentlastung ausgeschrieben. Die Unterlagen für die Vergabe unterhalb des Schwellenwertes bestimmten u. a., dass die Bieter die in Änderungsvorschlägen und Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben hätten, diese alle Leistungen umfassen müssten, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich seien und der Bieter Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistung zu machen hätte, wenn er von Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder den Vergabeunterlagen abweichen wolle.
Die Vergabestelle wollte darauf den Zuschlag auf das Nebenangebot eines Bieters erteilen. Ein Konkurrent wehrte sich gegen die Beauftragung des Nebenangebots mit dem Hinweis, dass die Vergabestelle für Nebenangebote keine Mindestanforderungen vorgegeben habe; dies sei mit EU-Recht nicht vereinbar, welches hier aufgrund des grenzüberschreitenden Interesses am Auftrag zu beachten sei. Ein solches Interesse könne nach Ansicht des Klägers bei Bauvergaben ab einem Wert von 1 Mio. Euro regelmäßig unterstellt werden. Dies ergebe sich aus § 2 Nr. 6 Vergabeverordnung (VgV), der den Schwellenwert für Lose von Bauaufträgen auf den genannten Betrag festlege.
Die Revision des Mitbieters gegen die abweisende Entscheidung der Vorinstanz hat keinen Erfolg. Der BGH bestätigt, dass öffentliche Auftraggeber zwar das Primärrecht der EU im Unterschwellenbereich zu beachten hätten, sofern ein grenzüberschreitendes Interesse am Auftrag bestehe. Ob ein solches Interesse allein wegen des geschätzten Auftragwerts zu bejahen sei, erscheine fraglich. Die Ansicht des Klägers, das grenzüberschreitende Interesse in Anlehnung an § 2 Nr. 6 VgV pauschal bei Auftragswerten ab 1 Mio. Euro zu bejahen, überzeuge nicht. Diese im europäischen Recht wurzelnde Regelung privilegiere Bauauftraggeber bei kleineren Losen von an sich schwellenwertübersteigenden Aufträgen in einem gewissen Umfang (bis zu 20 Prozent des Gesamtwerts) hinsichtlich der Ausschreibungspflichten. Dies biete jedoch keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung, dass bei Aufträgen von einem Gesamtvolumen ab
1 Mio. Euro ein grenzüberschreitendes Interesse bestehe. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei es stets Sache des nationalen Gerichts, alle maßgeblichen Gegebenheiten, die den fraglichen Auftrag beträfen, eingehend zu würdigen, um festzustellen, ob im Einzelfall ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse bestehe. In Anlehnung an die für Vergabeverfahren außerhalb der Vergaberichtlinien ergangene Mitteilung der EU-Kommission (vom 1. August 2006) biete es sich an, eine Prognose unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien anzustellen. Dabei müsse abgeschätzt werden, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen für ausländische Bieter interessant sein könnte. Maßgeblich seien insoweit die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes auch grenzüberschreitend auszuführen.
Ob ein solches Interesse hier bestehe, könne jedoch dahinstehen. Denn zum Primärrecht der EU gehöre das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und die „grundlegenden Vorschriften“ des Unionsrechts, insbesondere diejenigen über die Freiheit des Warenverkehrs und der Dienstleistungen sowie das Niederlassungsrecht, samt der daraus abgeleiteten Grundprinzipien, z. B. der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz. Der Auftraggeber einer Beschaffung unterhalb der EU-Schwellenwerte sei jedoch auch im Falle eines grenzüberschreitenden Interesses nicht verpflichtet, sachlich technische Anforderungen in Bezug auf den Gegenstand von Nebenangeboten zu stellen, wie sich dies für den Bereich oberhalb der Schwellenwerte aus § 16a Abs. 3 VOB/A 2009 bzw. § 9 EG-VOL/A ergebe.
Fehlte diese Anforderung, so beeinträchtige dies nicht die Möglichkeiten etwaiger ausländischer Interessenten, ihre Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere ihre Fachkunde durch Einreichen von Nebenangeboten zur Geltung zu bringen. Schließlich sprechen auch Verhältnismäßigkeitserwägungen gegen eine entsprechende Anforderung an Nebenangebote, da sie – ohne einen angemessenen Mehrwert – zu erheblichen Zusatzbelastungen der Auftraggeber führen würden.
Anmerkung
Mit der Entscheidung stellt der BGH noch einmal klar, dass – trotz der im Jahre 2006 ergangenen Mitteilung der EU-Kommission, die zu Verwirrung beigetragen hat - zwar die Grundprinzipien (z. B. der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit, Nichtdiskriminierung und Transparenz) auch unterhalb der Schwellenwerte gelten, jedoch daraus nicht die gleichen Anforderungen an Ausschreibungen wie oberhalb der Schwellenwerte abgeleitet werden können. Es bleibt also bei einer klaren Zweiteilung der vergaberechtlichen Anforderungen, so dass auch nicht zu befürchten ist, dass über das „Hintertürchen“ des EU-Primärrechts gleiche Anforderungen wie oberhalb der Schwellenwerte gestellt werden können.