Urbanes Quartier statt Brachfläche
Auf ehemaligem Fabrikgelände entsteht ein neuer Ortsteil für LenningenIm schwäbischen Lenningen entsteht aus einer brachliegenden Papierfabrik ein Quartier mit bis zu 650 Wohneinheiten. Das Sanierungs- und Neubauprojekt lässt so einen neuen Ortsteil entstehen, der Oberlenningen und Unterlenningen vereint.
Auf dem 250.000 Quadratmeter großen Areal der Scheufelen Papierfabrik im schwäbischen Lenningen wurde einst hochwertiges Papier hergestellt und bis nach Übersee exportiert. Nun will der Berliner Projektentwickler DLE Land Development GmbH das seit 2018 brachliegende Industriegelände revitalisieren und in ein urbanes, gemischt genutztes Quartier mit bis zu 650 Wohneinheiten umwandeln. 30 zum Teil denkmalgeschützte Betriebsgebäude sollen dafür saniert oder durch Neubauten ersetzt werden. Die Steuerung des Gesamtprojekts verantwortet das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE mit Hauptsitz in Stuttgart. Mit der Vorstellung des Vorhabens im Planungsausschuss der Gemeinde Lenningen Ende Januar startet nun die konkrete Planung.
Mit dem Scheufelen-Quartier wird ein mehr als 31 Fußballfelder großes und derzeit brachliegendes Industrieareal nachhaltig umgenutzt und mit neuem Leben gefüllt.
© DLE GmbH
Pro Tag werden in Deutschland derzeit 52 Hektar Neufläche für Siedlungs- und Verkehrsflächen erschlossen. Dabei will die Bundesregierung bis 2050 den Flächenverbrauch auf Netto-Null reduzieren. Erreichen lässt sich das nur, wenn leerstehende Brachflächen und stillgelegte Industrieareale, sogenannte Brownfields, revitalisiert und umgenutzt werden. „Die Umnutzung der ehemaligen Scheufelen Fabrik schafft nicht nur einen neuen, nachhaltigen Lebens- und Wohnraum für Lenningen, sondern trägt auch dazu bei, die wertvollen Flächen zu entsiegeln und wiederzubeleben. Insgesamt planen wir, durch die Quartiersentwicklung rund 25 Prozent der Fläche zu entsiegeln“, sagt Petra Müller, Director Conceptual Development & Communication bei der DLE.
Der Großteil der rund 30 Bestandgebäude, darunter ehemalige Werkstätten und Produktionshallen, werden dafür zurückgebaut. Einige der Bauwerke, wie zum Beispiel das Verwaltungsgebäude und die Werkswohnungen, stehen jedoch unter Denkmalschutz und sollen erhalten bleiben und einer neuen Nutzung zugeführt werden. Sofern mit dem Denkmalschutz vereinbar, plant der Projektentwickler zudem, den derzeit teils unter dem Fabrikgelände verlaufenden Fluss Lauter freizulegen und zu renaturieren. Durch diese grün-blaue Ader würden im Scheufelen Quartier neue Grünräume sowie Freizeit- und Erholungsflächen entstehen.
Ein Quartier, das verbindet
Das insgesamt mehr als 31 Fußballfelder große Areal bietet viel Raum für kreative Quartiersentwicklung. So sehen die derzeitigen Planungen mehrere Teilquartiere mit unterschiedlichen Nutzungen wie Wohnen, Arbeiten und Gewerbe vor. Bis zu 650 Wohneinheiten könnten im künftigen Scheufelen Quartier, das seinen Namen der historischen Papierfabrik verdankt, entstehen. Für Michael Schlecht, Bürgermeister von Lenningen, ist ein weiterer Aspekt von zentraler Bedeutung: „Das neue Quartier übernimmt eine wichtige Rolle, indem es die beiden derzeit durch das Industrieareal getrennten Ortsteile Oberlenningen und Unterlenningen künftig verbinden kann. Sowohl die Gemeinde als auch die Region profitieren somit von diesem einzigartigen Projekt und wir sind sehr daran interessiert, dass das Vorhaben zügig voranschreitet.“
Das Sanierungs- und Neubauprojekt lässt einen neuen Ortsteil entstehen, der Oberlenningen und Unterlenningen vereint.
© DLE GmbH
Flächenrecycling als Chance
Im Januar dieses Jahres wurde das städte-bauliche Konzept im Planungsausschuss der Gemeinde Lenningen sowie beim Landratsamt Esslingen vorgestellt. Sobald in den kommenden Monaten der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan vom Gemeinderat gefasst ist, kann der Projektentwickler die Planungen weiter konkretisieren. Begleitet wird die DLE dabei vom Stuttgarter Beratungsunternehmen Drees & Sommer, das als Projektsteuerer unter anderem die Termine, Wirtschaftlichkeit und Schnittstellen im Auge behält und die beteiligten Planer sowie ausführenden Firmen koordiniert.
„In Deutschland ist ein Flächenrecycling mit vielen Hürden verbunden und in der Regel sehr aufwendig. Neben Denkmalschutzauflagen erschweren oft die büro-kratischen Hürden und die fehlenden einheitlichen Standards die Flächenerneuerung. Gleichzeitig bietet es die Chance, der Neuversiegelung von Grünflächen entgegenzuwirken und einfach das zu nutzen, was schon da ist. Brownfield-Entwickler nehmen somit eine große Verantwortung in die Hand und gehen zugleich mit gutem Beispiel voran“, erklärt Max Vogel, Verantwortlicher für das Projekt Scheufelen Quartier bei Drees & Sommer. „Gerade wenn es darum geht, aus alten Liegenschaften neue Lebensräume zu schaffen, sind wir mit unserer Erfahrung rund um Brownfields oft als Begleiter für Entwickler und Kommunen gefragt“, fügt Max Vogel hinzu.
Stillgelegte Industrieflächen wie das Scheufelen-Areal belegen derzeit mehr als 150.000 Hektar Fläche in Deutschland. Seit 2020 setzt sich der neu gegrün-
dete Deutsche Brownfield Verband (DEBV) dafür ein, diesen Zustand zu ändern und die Rahmenbedingungen für die Umnutzung von ungenutzten Brachflächen zu verbessern.
Drees & Sommer SE
www.dreso.com