Besser und wertvoller

Risikomanagement in Bauunternehmen

Jedes Unternehmen setzt sich im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit Risiken aus. Diese zu beherrschen, ist notwendig für das langfristige Überleben des Unternehmens. Mehr noch, der wirtschaftliche Erfolg wird maßgebend dadurch geprägt, wie gut ein Unternehmen die (potentiell) auftretenden Risiken bewältigt.

In seiner Funktion als Betriebswirtschaftliches Kompetenzzentrum der Bauindustrie organisiert das BWI-Bau unter anderem einen Arbeitskreis „Risikomanagement für Unternehmen der Bauindustrie“. Das BWI-Bau kooperiert hier mit der Funk RMCE GmbH, Nürnberg, die durch Herrn Günter Meier im Arbeitskreis vertreten ist. Zusätzlich wurde ein Fachbeirat aus Vertretern am Arbeitskreis teilnehmender Bauunternehmen berufen, in dem die Inhalte und Themen der einzelnen Arbeitskreissitzungen abgestimmt werden.

Hauptziel des Arbeitkreises ist die Darstellung und Dokumentation von Erfahrungswerten im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von Risikomanagement-Systemen in Unternehmen der Bauindustrie.

Der Schwerpunkt liegt dabei erstens auf der Definition einer „best-practice“ (Wenn ein Unternehmen nach best-practice vorgeht, setzt es bewährte und kostengünstige Verfahren, technische Systeme und Geschäftsprozesse ein, die es zumindest auf wesentlichen Arbeitsfeldern zum Musterbetrieb für andere machen; im Gegensatz zu einem „best-ever“) und auf dieser Basis zweitens auf der Erarbeitung eines Leitfadens zur Weiterentwicklung eines Risikomanagement-Systems für Unternehmen der Bauindustrie, das an die besonderen Anforderungen der branchentypischen Besonderheiten angepasst ist:

n Konsequente Chancen- und Risikobetrachtung

n Fokussierung auf die relevanten Risiken des Unternehmens

n Fundierter und nachvollziehbarer methodischer Ansatz für ein ganzheitliches Risikomanagement-System

n Unterstützung durch eine leistungsfähige Software-Lösung zur Minimierung der Fehleranfälligkeit der Datenauswertung und zur Absicherung einer schlanken Prozessorganisation (Aufgaben und Personen)

n Aufbau von integrierten Management-Systemen, d. h. konsequente Vernetzung von Risikomanagement mit Unternehmensplanung, -steuerung, Reporting, Versicherungswesen etc

n Durchführung von turnusmäßigen Risk-Audits zur Überprüfung der Einsatzfähigkeit des Risikomanagement-Systems 

 

Aufgaben und Ziele des

Risikomanagements

Nicht zuletzt spektakuläre Unternehmenskrisen und -insolvenzen haben den Gesetzgeber veranlasst, den Vorstand börsennotierter Unternehmen mit dem 1998 in Kraft getretenen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) zu verpflichten, „geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“.

Dabei handelt es sich nicht um eine Erweiterung des Aufgabenbereiches für den Vorstand, sondern um eine Hervorhebung der allgemeinen Sorgfalts- und Leistungspflichten nach § 76 Abs. 1 AktG.

Diese gesetzlichen Anforderungen, die formal nur für börsennotierte Aktiengesellschaften gelten, lassen sich analog auch auf andere Gesellschaften (Kapital- und Personengesellschaften) übertragen. Nach dem HGB sind diese z. B. verpflichtet, im Lagebericht „die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern; zugrunde liegende Annahmen sind anzugeben“ .

Allerdings nennt das Gesetz keine konkreten Mindestvoraussetzungen, so dass in der Praxis verschiedene Ausgestaltungen Anwendung finden. Die gesetzlichen Anforderungen stellen dabei allenfalls Minimalanforderungen dar und lassen sich am Besten erfüllen, indem ein Risikomanagement-System installiert wird, mit dem das Thema Risikomanagement systematisch in die Unternehmensabläufe/-organisation eingebunden wird.

Neben diesen externen Anforderungen bestehen zudem interne Gründe für die Einführung eines Risikomanagements:

n die bestehenden Risiken transparent zu machen (] Transparenzfunktion),

n einen Überblick über die existierenden Risiken zu verschaffen (] Überblicksfunktion),

n durch frühzeitiges Erkennen der Risiken bzw. risikobehafteten Entwicklungen eine Frühwarnfunktion für das Unternehmen (oder interessierte Dritte, z. B. Gesellschafter, Aktionäre) zu übernehmen (] Frühwarnfunktion),

n ein Instrument zur Prognose zur Verfügung zu haben (] Prognosefunktion),

n die Steuerungsfähigkeit des Unternehmens zu verbessern (]Controllingfunktion) und

n das Risikobewusstsein der Mitarbeiter zu fördern (] Kommunikationsfunktion).

Durch gezielte Risikosteuerung und -reduzierung lässt sich zudem der Unternehmenswert steigern. Der Unternehmenswert bildet die gesamten erwarteten zukünftigen Erträge eines Unternehmens ab. Im Shareholder-Value-Ansatz wird er – statt eines aktuellen (kurzfristigen) Periodengewinns – als Maßstab für die Beurteilung des Erfolgs von Unternehmen und auch einzelnen unternehmerischen Maßnahmen herangezogen, weil er die gesamten Zukunftsperspektiven des Unternehmens einbezieht. Das Risikomanagement erfüllt also eine Teilaufgabe der strategischen Unternehmensplanung.

Die wichtigsten Ziele des Risikomanagements liegen in der langfristigen Bestandssicherung des Unternehmens, in der Sicherstellung des zukünftigen Unternehmenserfolges und in der Minimierung der Risikokosten.  Das Risikomanagement soll das Unternehmen dabei unterstützen, Risiken (bzw. deren Auswirkungen) rechtzeitig zu erkennen und diese zu verhindern bzw. zu reduzieren.

Jedes Unternehmen muss sich dem Thema Risiko stellen, da ein Unternehmen ohne eine Einschätzung seiner (individuellen) Risiken dauerhaft nicht im Wettbewerb bestehen kann. In jedem erfolgreichen Unternehmen existieren – bewusst oder unbewusst – Ansätze eines Risikomanagements, die in ihrer Ausprägung und Ausgestaltung variieren. Die Ausprägungen reichen dabei von einem einfachen „Bauchgefühl“ bis hin zu einem systematischen Risikomanagement. Aber erst eine systematische Betrachtung und Einordnung der Risiken lässt ein Risikomanagement-System entstehen, das den internen und externen Anforderungen entspricht.

Ziel eines Risikomanagement-Systems ist deshalb nicht die Vermeidung jeglichen Risikos, sondern die optimale Risikotragfähigkeit des Unternehmens aufzuzeigen und diese bestmöglich auszuschöpfen. Das Gesamtrisiko eines Bauunternehmens ist geprägt durch die Unternehmensrisiken einerseits und die Projektrisiken andererseits. Erträge und Risiken sind deshalb zunächst getrennt abzuwägen (siehe Abbildung 1).

 

Pilotprojekt zum Thema

Risikomanagement

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hat aus diesem Grund zum Thema Risikomanagement in Bauunternehmen ein Pilotprojekt unterstützt, bei dem der Aufbau und die Einführung eines Risikomanagement-Systems auf Unternehmensebene in einem Bauunternehmen begleitet wurde.

Ziel dieses Pilotprojektes war es, die Herangehensweise und die Rahmenbedingungen für den Aufbau und die Einführung eines Risikomanagements in einem Bauunternehmen für die Bauindustrie zu erschließen.

Mit der W. Markgraf GmbH & Co. KG Bauunternehmung stand ein mittelständisches Bauunternehmen als Pilotunternehmen zur Verfügung, um die Vorgehensweise bei dem Aufbau und der Einführung eines Risikomanagement-Systems in ihrem Unternehmen begleiten und dokumentieren zu lassen. Das Unternehmen ist sowohl im Tief- als auch im Hochbau einschl. Schlüsselfertigbau tätig. Eingebunden von Seiten des Unternehmens waren der stellvertretende Geschäftsführer als Mitglied der Geschäftsleitung, der Leiter des Finanz- und Rechnungswesens, der Leiter des Controllings und der Leiter des Qualitätsmanagements sowie zeitweise die Bereichsleiter u. a. Zum Aufbau des Risikomanagement-Systems für das Pilotunternehmen fanden mit den Beteiligten aus dem Unternehmen insgesamt vier Workshops einschl. Vor- und Nachbereitung statt, die folgenden Themen umfassten:

n Risikoanalyse (1. Workshop)

n Risikobewältigung und -transfer

(2. Workshop)

n Konfiguration und Softwareschulung

(3. Workshop)

n Prozesse und Organisation

(4. Workshop)

Die Dokumentation zu diesem Pilotprojekt steht auf der Internet-Seite http://www.
bwi-bau.de/News-Downloads.44.0.htm zum Download bereit.

 

Jahrestagung

Anlässlich der BWI-Bau-Jahrestagung zur Baubetriebswirtschaft am 19. September 2009 in Kerpen werden die Risikomanagement-Instrumente auf Unternehmens- als auch auf Bauprojektebene in einem Workshop behandelt. Nähere Informationen stehen auf www.bwi-bau.de/veranstaltungen bereit oder können unter 0211/6703-276 angefordert werden.

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