Buchtipp: Fleiß allein genügt nicht

Dass Kompetenz, Fleiß und Leistung Grundbausteine für das Vorankommen im Beruf sind, ist eine Binsenweisheit. Weniger verbreitet hingegen ist die Einsicht, dass diese Grundbausteine zwar eine notwendige, bei weitem aber noch keine hinreichende Voraussetzung für den Aufstieg darstellen. Das sollte bedenken, wer die Karriereleiter fest im Blick hat.

Und sich fragen: Gehören strategisch-taktisches Handeln und exzellente Netzwerke nicht genauso dazu?  Muss,um die Frage weiterzuspinnen, nicht hier und da auch mal  geblufft, getäuscht und getrickst werden, um im Management nach oben zu kommen?  Erweisen sich nicht recht viele Seilschaften und Sachkoalitionen bei näherem Hinsehen als raffinierte Formen der Ausnutzung?  Verbirgt sich nicht hinter so manch salbungsvoll vorgetragenem Feedback an den Chef kalkuliertes Einschmeicheln? Sind nicht viele der in Besprechungen und Meetings rational vorgetragenen Argumente bloß Scheinbegründungen, die der Kaschierung persönlicher Vorteile dienen? 

Neben diesen latenten Formen der Interessendurchsetzung gibt es (bekanntlich) auch direktere, die mit Einschüchterung oder offenem Druck operieren. Und die genauso zum Karrieremachen und dem Ringen um Einfluss, Macht und die nächste Stufe der Karrierleiter gehören wie die Trias aus Können, Einsatz und Professionalität. „Im Mangel an dieser Menschen- und Weltkenntnis liegt die Ursache, daß so unendlich oft das wahre Verdienst  nicht erkannt wird, unterdrückt und unbelohnt bleibt“,   informiert bereits das famose Buch „Wie man Karriere macht - ein praktischer Ratgeber für alle, die in der Welt ihr Glück machen wollen, insbesondere für Beamte, Offiziere, Lehrer, Kaufleute und Angestellte aller Kreise“ aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts (1910) seine  Leser. Um sie dann auf die tatsächlichen Bedingungen des beruflichen Vorankommens einzustimmen. „Nicht die Leistungen bestimmen in erster Linie die Laufbahn, sondern die Kunst, sich geltend zu machen, Schwächen und Eigenheiten anderer auszunützen.“ Und „Es ist eben eine alltägliche Erfahrung, dass man in der Welt nur soviel gilt, wie man sich geltend zu machen weiß.“  Als lebensklug erweist sich mithin, wer das berufliche Vorankommen ein wenig detaillierter – und illusionsloser – betrachtet. Und sich entsprechend rüstet.

Vorbereitet sein auf das, was einen erwartet, zumindest erwarten könnte, ist eine sehr empfehlenswerte Maxime im Leben. Das ist die Perspektive, aus der Jürgen Lürssen und Marc Opresnik, Fachhochschulprofessoren mit solidem beruflichem Erfahrungshintergrund in der  Wirtschaft,  ihren erfolgreichen Karriereratgeber geschrieben haben. Das Buch ist nun aber mitnichten ein Guerillahandbuch für den innerbetrieblichen Aufstiegskampf, sondern eine ausgewogen-informative Betrachtung all dessen, was das berufliche Vorankommen fördert oder behindert, was es mithin im betrieblichen Alltagsgeschehen karrierebegünstigend zu bedenken und zu beherzigen gilt.

Lürssen und Opresniks Buch zielt darauf, den Leser zu befähigen, auch in den unbedingt notwendigen politischen Kategorien des Karrieremachens zu denken und die politische Situation in deren Organisation zu verstehen. Mit   ihrem  Ratgeber wollen sie das Rüstzeug vermitteln, um die eigene Lage im Unternehmen hinsichtlich der persönlichen Ziele und der spezifischen Widerstände, die es zu überwinden gilt,  theoretisch durchdringen und praktisch verbessern zu können. Wahrlich nicht nur für die ambitionierten jungen, auch für die schon etwas gesetzteren, gestandenen Berufler eine aufschlussreiche, anregende Lektüre.

Rezension: Hartmut Volk

Jürgen Lürssen / Marc Opresnik: Die heimlichen Spielregeln der Karriere Campus Verlag, Frankfurt/Main, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage 2010, 233 Seiten, € 19,90

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