Internationales Strategisches Bau-Marketing

Teil 2: Japan und China

Im ersten Teil der Untersuchung wurde das internationale Marktbearbeitungsverhalten der führenden Baukonzerne Europas und der USA aufgezeigt, der zweite und letzte Teil beschäftigt sich mit der strategischen Marktbearbeitung der Baukonzerne aus Japan und aus der VR China.

Japan

Das Hauptbetätigungsfeld der japanischen Baukonzerne liegt eindeutig in der Region Asien (44%), gefolgt vom Mittleren Osten (26%). Als eine der Ursachen mag auch die Exportförderung des japanischen Staates sein, der vielfach die Bauexporte durch finanzielle Anreize fördert. Anders als in anderen Industriezweigen spielen die USA mit 14% und Europa mit 7% des Auslandsengagements der japanischen Baukonglomerate lediglich eine untergeordnete Rolle.


Die hohe Bedeutung der asiatischen Märkte für die japanische Bauwirtschaft wird weiterhin untermauert, wenn man die aktuellen Zahlen des japanischen Auslandsbauverbands (The Overseas Construction Association of Japan Inc.) betrachtet, demnach legten die Auslandsumsätze für die Region Asien auch in 2010 gegenüber 2009 erneut deutlich zu (ca. 31%). Im Gegensatz zur Konsumelektronik oder der Automobilwirtschaft scheint Europa für die japanischen Bauunternehmen von einer eher geringeren Bedeutung zu sein. Andererseits muss man bedenken, dass die japanische Bauwirtschaft im Gegensatz zu den o.a. Industriezweigen wenige Alleinstellungsmerkmale verfügt und somit in Europa nicht über die Wettbewerbsfähigkeit anderer japanischer Branchen verfügt.

Die Auslandsbauunternehmen in Japan scheinen sich demnach stark auf zwei bzw. drei Regionen zu konzentrieren; in der wachstumsstarken Region Asien sind die Unternehmen gut vertreten, während sie vom Wachstum in LA offenbar nur wenig profitieren können. 

Die Anzahl der international agierenden Unternehmen nahm im Verlaufszeitraum moderat aber kontinuierlich ab. Der Auslandsumsatz (die Auslandsbauleistung) stieg indes im gleichen Zeitraum, bis auf 2009, um das Zweieinhalbfache an.

Die japanischen Baukonzerne operieren stark in ihren kulturell und geografisch nahestehenden Märkten Asiens, die Märkte des Mittleren Ostens sind zwar bedeutsam, vergleicht man jedoch die saldierten Umsatzzahlen über die Dekade rangiert Japan mit einer Gesamtbauleistung von ca. 40. Mrd. USD deutlich hinter Europa (ca. 135 Mrd. USD) und den USA (ca. 88 Mrd. USD) in dieser Region. Offenbar scheint die Wachstumsregion LA keine ausreichende Attraktivität für die japanischen Baugiganten darzustellen, möglicherweise hängt dies auch damit zusammen, dass die japanische Industrie insgesamt in LA nicht so präsent ist wie in den anderen untersuchten Regionen.

 

China

Die chinesischen Bauunternehmen haben in der Anzahl der ENR Statistik im Betrachtungszeitraum deutlich zugenommen, um fast 70%. Die Bauumsätze der chinesischen Baukonzerne haben sich in diesem Zeitraum fast verzehnfacht.

Die Hauptmärkte liegen für die chinesischen Unternehmen eindeutig in Asien, allerdings nahm die Bedeutung in den zehn Jahren kontinuierlich ab. Im gleichen Zeitraum wuchsen die Bauaktivitäten deutlich an, von 540 Mio. USD (2001) auf über 20 Mrd. USD (2009). Damit scheint Afrika neben Asien der wichtigste Auslandsmarkt zu sein. Dies schein eindeutig auch auf eine gesteuerte Industriepolitik zurückzuführen sein, Chinas „Hunger“ nach Rohstoffen zum weiteren Ausbau der heimischen Industrie scheint schier unerschöpflich; die Bauaktivitäten stellen häufig Kompensationsgeschäfte im Kampf um den Zugang und die Abbaurechte für die chinesische Volkswirtschaft dar. Diese Situation ist in den anderen Baukonzernen aus Europa, den USA und Japan nicht vergleichbar und stellt somit eine Sondersituation dar, deren weitere Betrachtung hier als wenig relevant erscheint.

Dass die chinesischen Unternehmen sich ebenfalls stark im Mittleren Osten (14%) engagieren, würde ebenfalls in das Bild einer gesteuerten Industriepolitik passen. Europa und LA rangieren mit jeweils drei Prozent der chinesischen Bauleistungen relativ weit hinten, obwohl sich hier in jüngster Zeit ebenfalls neue Impulse ergaben. So hat das chinesische Unternehmen COVEC ein großes Autobahnlos in Polen akquiriert und versucht dies als Brückenkopf für seine europäischen Ambitionen zu nutzen.

Die Bauwirtschaft Chinas kann nicht ohne den starken Einfluss des Staates auf diese Unternehmen betrachtet werden, dennoch kann man aus einer Branchenperspektive einige Schlussfolgerungen ziehen: Die chinesischen Bauunternehmen haben ihre Internationalisierung sehr deutlich ausgebaut und agieren überwiegend in ihrem kulturellen und geografischen Vorhof Asien. Das Engagement in Afrika und im Mittleren Osten weist starke industriepolitische Momente auf, sodass man unterstellen kann, dass diese Ziellandwahl nicht nur auf unternehmenspolitische Entscheidungen zurückgeführt werden kann.

 

Abschluss

Insgesamt ist festzustellen, dass in Bezug auf die Marktbedienungsformen klar erkennbar ist, dass die Bauwirtschaft in einem eingeschränkteren Spektrum der Möglichkeiten als klassische Industrieunternehmen agiert, was eindeutig auf das Geschäftsmodell bau zurückzuführen ist. Im Hinblick auf die Entwicklung der Internationalisierung konnte der gestufte Ansatz, mit zunehmender Marktkenntnis das Risikoprofil dementsprechend anzupassen, nicht nachgewiesen werden. Die Ziellandwahl scheint ebenfalls nicht vollumfänglich mit den gängigen Konzepten der klassischen Internationalisierung zu harmonisieren. In einigen Bereichen werden die Unternehmen in ihrem Heimatumfeld tätig, allerdings mag dies auch durch die spezifischen Marktgegebenheiten, und nicht allein aus der geografischen und kulturellen Nähe der Herkunftsländer der internationalen Bauanbieter zu resultieren.

 

Fazit

In der vorliegenden Untersuchung sollte versucht werden, branchenspezifische Momente und Muster bei der Internationalisierung von Bauunternehmen zu identifizieren und aufzuzeigen, wie sich diese sowohl bei der Marktbedienungsform als auch bei der Ziellandwahl ausprägen.

Trotz einer schwierigen Datenbasis und teilweise widersprüchlicher Quellen scheint sich herauszukristallisieren, dass eindeutige bauspezifische Muster bei der Marktbedienungsform zu existieren scheinen. Während beispielsweise das Unternehmen McDonalds unter anderem durch sein Franchisesystem zügig mit internationalisierte, ist dieser Pfad für die internationalen Baudienstleister nicht möglich. Darüber hinaus ist der plausible Ansatz, mit zunehmender Markterfahrung eine höhere Risikobereitschaft an den Tag zu legen, nicht nachzuweisen.

Auch bei der Ziellandwahl scheinen die Bauunternehmen sich nur bedingt an die klassischen Routen der Internationalisierung zu halten, was sich auch teilweise durch den Projektcharakter des Baugeschäfts erklären lässt. Die vorliegende Studie sollte die akademische Diskussion weiter beflügeln, auch wenn viele Fragen aus Kapazitätsgründen offen bleiben müssen. Wenn durch diese Veröffentlichung weitere Diskussionen initiiert werden, ist bereits ein wichtiges, möglicherweise sogar das wichtigste Ziel der Autoren erreicht worden.


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... es existieren eindeutige bauspezifische Muster bei der Marktbedienungsform.

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