Kein einheitliches Bild

Bilanzen Teil II

Die sechs größten deutschen Bauunternehmen haben eines gemeinsam: keiner gleicht dem anderen. Im Gegensatz zu mittelständischen und kleinen Firmen der Branche sind sie sehr heterogen aufgestellt. Die Großen haben sich auseinander entwickelt. Sie sind entweder stark diversifiziert oder spezialisiert. So ist Bilfinger Berger mehrheitlich ein Dienstleister geworden und Strabag ein Straßenbauer. Nur Züblin und Max Bögl entsprechen noch in etwa den klassischen Vorstellungen: sie agieren vornehmlich auf inländischen Baustellen, im Schlüsselfertig- und Infrastrukturbau.

Vorbemerkung

In Teil I der Bilanzen haben wir uns im vorigen Heft mit den „Majors“ Hochtief und Bilfinger Berger befasst. Beide legten gute Zahlen für 2009 vor. Die Perspektiven für 2010 waren auch ermutigend. Allerdings hat inzwischen die Mannheimer Gruppe einen Rückzieher machen müssen: der Börsengang der australischen Bautöchter wurde wegen der schlechten Marktverfassung auf unbestimmte Zeit verschoben. Bilfinger Berger muss jetzt länger auf den Verkaufserlös warten, der es dem Konzern gestattet hätte, die Expansion im profitablen Servicebereich noch stärker als ohnehin geplant zu forcieren. In Teil II der Bilanzen beleuchten wir heute die Strabag AG in Köln und Züblin in Stuttgart, beides Töchter der Strabag SE in Wien, sowie Bauer aus Schrobenhausen (Bayern) und Max Bögl aus Neumarkt (Oberpfalz). In 2009 mussten alle vier Unternehmen die Wirtschaftskrise durchstehen, aber keines erlitt dabei Verluste.

 

Strabag Köln steigert Ergebnis deutlich …

Vorstand Dr. Thomas Birtel, der auch im Vorstand der Konzernmutter sitzt, bemerkte in schönem Understatement, 2009 sei für Strabag Köln „erfolgreich“ verlaufen. Das kann man wohl sagen. In der Tat legte das Ergebnis vor Steuern um 44 % zu, von 65 Mio. Euro in 2008 auf 94 Mio. Euro. Als Gründe führte er operative Verbesserungen an: die Marktstärke sei gewachsen, die Strukturen seien optimiert worden, die Kapazitätsauslastung habe sich verbessert. Allerdings musste im Kerngeschäftsfeld Verkehrswegebau ein Gewinnrückgang von 8 %, von sehr guten 68 Mio. Euro in 2008 auf 62,5 Mio. Euro, hingenommen werden.

Dazu kam eine „Normalisierung“ des Ergebnisbeitrags des Segments Beteiligung Österreich; dieser hatte sich glatt verdoppelt, von 19 Mio. Euro auf 42 Mio. Euro. Der Vorsteuerverlust der Sparte Hochbau, die planmäßig abgewickelt wird, stieg von 4,7 Mio. Euro auf 6,4 Mio. Euro in 2009. Das Ebit der Gruppe (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) stieg um 26 % auf 102 Mio. Euro. Die Eigenkapitalquote ist nunmehr sehr komfortabel: sie verbesserte sich von 35 % in 2008 auf 41 %.

Einmal mehr zeigt sich, wie interpretationsbedürftig die Zahlen der Strabag Köln sind. Das Konstrukt der internen Beteiligung von 35 % an der österreichischen BHB lässt die Rheinländer passiv am Geschehen am österreichischen und osteuropäischen Markt teilnehmen. „Von Wien aus hat man eben den besseren Überblick“, sagte mal Thomas Birtel. Für das abgelaufene Jahr hatte er in 2008 eine gleichbleibende Leistung erwartet. Tatsächlich sank die Bauleistung in 2009 um 7,3 % auf 4,08 Mrd. Euro. Auch hier gab das Segment Beteiligung Österreich den Ton an mit einem Leistungsminus von 8 %. Parallel lief das Hochbaugeschäft weiter aus.

Andererseits blieb, dank der beiden aufgelegten Konjunkturprogramme, der wichtige Verkehrswegebau stabil. Die operative Hoheit der Kölner Tochter beschränkt sich praktisch auf diesen Bereich. Das darf man nicht unterbewerten, denn Strabag ist die Nummer Eins im inländischen Straßenbau mit einem Anteil von ca. 12-13 % auf einem atomisierten Markt; Teerbau (Veolia) folgt mit 5 % Marktanteil. Zur Zeit integriert Strabag die Neuzugänge aus den vergangenen Jahren im Bereich Asphaltmischanlagen und Steinbrüche und vernetzt die Baustoffproduktion mit den operativen Straßenbaueinheiten.

In 2010 hofft Birtel darauf, die Marktposition im Verkehrswegebau weiter zu verstärken. Die Leistung soll gegenüber 2009 nicht zunehmen, das Konzernergebnis dürfte sich leicht verbessern. Der Rückgang der Leistung um 14,5 % im ersten Quartal ist vor allem winterbedingt.

 

…und Züblin macht es gleich

Auch die Ed.Züblin am Albstadtweg oberhalb von Stuttgart wartete mit überraschend guten Ergebnissen auf. Vorstand Dr. Alexander Teschen gab für 2009 einen deutlichen Anstieg des Vorsteuerresultats um 19 %, von 43 Mio. Euro auf 51 Mio. Euro, bekannt.

Dies gelang, obwohl wegen der Zurückhaltung der Investoren aus Industrie und Handel, die Leistung deutlich um 14,4 % auf 2,5 Mrd. Euro sank. Bemerken wir nebenbei, dass sich der Vorstand mit seinen Prognosen für das abgelaufene Jahr doppelt geirrt hatte. Im Frühjahr 2008 hatte er nämlich für 2009 eine Leistung von 2,8 Mrd. Euro (2008: 2,95 Mrd. Euro) und ein Ergebnis auf Vorjahreshöhe vorhergesagt. Branchenkenner wissen, wie schwer solche Voraussagen zu treffen sind. Für den höheren Gewinn gibt die Unternehmensleitung die selektive Auftragshereinnahme an. Das Ebit verbesserte sich von 46 Mio. Euro in 2008 auf 51 Mio. Euro, ein Anstieg von 15 %; der Jahresüberschuss erreichte 37 Mio. Euro (+20 %).

Erstmals seit langem gelang es Züblin, die Eigenkapitalquote, die 2008 noch auf 13 % verharrt hatte, auf 16 % zu erhöhen. Dies ist zwar kein berauschender Wert, aber die Firma konnte so zumindest die niedrige Eigenkapitalausstattung verbessern. In 2008 hatte Teschen noch von einer „sehr angespannten Eugenkapitalsituation“ gesprochen. Der Minderheitsaktionär und frühere Eigentümer, die Familie Lenz, die 43 % der Anteile hält, weigert sich bekanntlich, eine Kapitalerhöhung mitzumachen. Der Zwist mit der Strabag SE in Wien belastet Züblin weiterhin. Es ist erstaunlich, dass die österreichische Mutter nicht das nötige Geld in die Hand nimmt, um Lenz auszukaufen. Für das laufende Jahr ist Teschen zuversichtlich: Leistung und Ergebnis sollen auf Vorjahreshöhe liegen. Im ersten Quartal fiel, winterbedingt, die Leistung um 25 %, aber der Auftragseingang stieg um glatte 45 %.

 

Bauer auf der Achterbahn

Kein großer deutscher Baukonzern hat in letzter Zeit ein solch dramatisches Auf und Ab erlebt wie der Spezialtiefunternehmer und Baumaschinenhersteller Bauer. Die bayerische Firma erfuhr die tiefste Rezession des Maschinenbaus nach 1945. Ihre globale Präsenz half wenig, da die Industriekonjunktur weltweit einbrach. Trotzdem gab sich der Vorstandsvorsitzende und Großaktionär Prof. Thomas Bauer „angesichts der gewaltigen Turbulenzen auf den internationalen Märkten zufrieden“. Tapfer verteidigte er auf der Bilanzpressekonferenz die gewählte „Strategie“ der weltweiten Präsenz als „sehr effizient“. Der Anteil des Auslands an der Bauleistung von 71,5 % wird in Deutschland nur von Hochtief (88,9 %) überflügelt.

Die Gesamtkonzernleistung 2009 sank um 16,3 % – kein anderes großes Bauunternehmen gab so stark nach- auf 1,28 Mrd. Euro. Das Segment Maschinen verlor stärker als der Bau. Das Ergebnis vor Steuern der Gruppe sank stark um 59 % auf 59,5 Mio. Euro, das Ebit gab um 50 % auf 84,4 Mio. Euro nach und das Nachsteuerergebnis erreichte nur noch 42 Mio. Euro (-61 %). So schwarz hatte es Prof. Bauer nicht kommen sehen. Er hatte im Frühjahr 2008 noch geglaubt, den Rückgang der Leistung um 8 % auf 1,4 Mrd. Euro beschränken zu können und ein Nachsteuerergebnis auf dem Niveau von 2007 (74 Mio. Euro) erwartet. Besonders zu leiden hatte in 2009 das Segment Maschinen, wo das Ebit um 57 % auf 51 Mio. Euro fiel; das Ebit des Bausegments sank um 44 % auf 26 Mio. Euro. Nur das Ebit des neuen Geschäftsfelds Resources stieg von 4 Mio. Euro auf 6 Mio. Euro. Alle Segmente waren also in 2009 profitabel. Das war im ersten Quartal 2010 nicht mehr der Fall. Das Nachsteuerergebnis des Konzerns war um 4,4 Mio. Euro negativ, gegenüber einem Plus von 11 Mio. Euro im Vorjahresquartal. Das Ebit von Januar-März fiel von 22 Mio. Euro auf 6 Mio. Euro. Die Konzernleistung nahm in den ersten drei Monaten noch stark um 31 % auf 261 Mio. Euro ab. Allerdings zeigte der Auftragseingang zum ersten Mal seit einem Jahr wieder nach oben: er stieg um 22 %. „Wir sehen einen wieder relativ stabilen Markt“, kommentierte Prof. Bauer den Start in 2010. Für das Gesamtjahr erwartet er eine gleichbleibende Konzernleistung und ein leicht nachgebendes Nachsteuerergebnis von 40 Mio. Euro.

 

Max Bögl überholt Bauer

Max Bögl, das Familienunternehmen aus der Oberpfalz, war in 2009 die einzige große deutsche Baufirma, die ein Wachstum hinlegte. Der Jahresumsatz stieg auf 1,35 Mrd. Euro. Damit überrundete Max Bögl Bauer, der stark abfiel. In 2008 hatte Max Bögl gar um 30 % zugelegt. Die Zahl der Mitarbeiter stieg letztes Jahr um 5 % auf 6.000. Da die GmbH keine Bilanz vorzulegen braucht, kennen wir die Ertraglage nicht. Ein Gewinneinbruch scheint jedoch ausgeschlossen zu sein.

Marcel Linden,

Bonn

Die Großen der Branche trotzen
den widrigen Umständen

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