Konjunkturerwartungen der Bauwirtschaft haben sich abgekühlt
Erstmals seit drei Jahren haben sich die Konjunkturerwartungen der Bauunternehmen wieder stark abgekühlt. Das geht aus dem aktuellen Konjunkturbericht hervor, den der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) Ende Oktober veröffentlicht hat und an dem sich 1.800 Bauunternehmen beteiligt haben. Danach sank der Saldo der Geschäftserwartungen gegenüber der Frühsommerumfrage um 22 Punkte. Einen vergleichbar starken Einbruch gab es zuletzt im Herbst 2008. Die aktuelle Lage wird allerdings nach wie vor als ausgesprochen gut bewertet.
Geschäftslage
Die Bauunternehmen schätzen ihre aktuelle Lage derzeit noch als außergewöhnlich gut ein. Während sich die Lagebeurteilung in der Industrie und im Handel im Vergleich zur Vorumfrage schon verschlechtert hat, bewerten die Unternehmen des Baugewerbes ihre Geschäftslage deutlich besser als im Frühsommer. Das niedrige Zinsniveau hält die Bautätigkeit in Schwung, sowohl im Wirtschafts- als auch im Wohnungsbau. Die aktuelle Lagebewertung der Bauwirtschaft knüpft im Herbst 2011 an die Zeiten der florierenden Geschäfte zur Wiedervereinigung an: Der Saldo aus „gut“- und „schlecht“-Meldungen kletterte noch einmal um neun auf 39 Punkte; während der Jahre der Hochkonjunktur zwischen 2006 und 2008 hatte der beste Wert bei 17 Punkten gelegen.
Geschäftserwartungen
Demgegenüber haben sich – erstmals seit drei Jahren – die Konjunkturerwartungen der Bauunternehmen wieder stark abgekühlt. Der Saldo der Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate aus „besser“- und „schlechter“-Meldungen sank um 22 Punkte auf Minus 6 Punkte. Einen vergleichbar starken Einbruch verzeichnete der Saldo zuletzt im Herbst 2008. Im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt ist der Wert um 18 Punkte auf Plus 7 Punkte gesunken. Alle anderen Wirtschaftzweige weisen noch einen positiven Saldo aus, lediglich das Baugewerbe verzeichnet einen negativen Saldo. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Bauunternehmen traditionell skeptisch sind – der langjährige Durchschnitt liegt bei Minus 18 Punkten – und der Einbruch von einem sehr hohen Niveau erfolgte: Der Erwartungssaldo der Vorumfrage lag bei Plus 16 und fiel damit so gut aus, wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Außerdem folgt der Rückgang der Geschäftserwartungen einem wiederkehrenden Konjunkturmuster im witterungsabhängigen Baugewerbe, d. h., die Zukunftserwartun-
gen der Bauunternehmen sinken meist vor Beginn des Winters. Zudem erfasst die Verunsicherung durch die Staatsschuldenkrise und die Entwicklung an den Finanzmärkten die Wirtschaft flächendeckend und lässt die Abkühlung besonders stark ausfallen. Es überwiegen aber immer noch die positiven Meldungen: Insgesamt 81 Prozent der befragten Bauunternehmen erwarten eine „bessere“- bzw. „gleichbleibende“ Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. Nur jedes fünfte Unternehmen erwartet eine Verschlechterung. Damit spiegeln sich in den Erwartungen noch die hohen Auftragseingänge der ersten acht Monate dieses Jahres wider, die um 7,3 % über dem Niveau des vergleichbaren Vorjahreszeitraums lagen. Viele dieser Aufträge reichen noch bis ins nächste Jahr. Dies gilt insbesondere im Wirtschaftsbau, wo der Timelag zwischen Auftragseingang und Umsatz vergleichsweise lang ist. Allerdings haben die Investitionsabsichten der Industrie aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven einen leichten Dämpfer erhalten. Auch vom Öffentlichen Bau dürfte im kommenden Jahr kein wesentlicher Impuls zu erwarten sein – eher im Gegenteil: Dieser wird unter dem Auslaufen der Konjunkturprogramme und der Investitionszurückhaltung des Bundes leiden. Auch die Kommunen werden diese Lücke nicht füllen: Sie dürften ihre wieder steigenden Steuereinnahmen eher zum Abbau der Kassenkredite und nicht zur Steigerung der Bauausgaben verwenden – auch wenn der Zustand der Infrastruktur Bauinvestitionen dringend nötig hätte. Zusätzliche Aufträge dürften im kommenden Jahr vor allem vom privaten Wohnungsbau kommen. Niedrige Zinsen und die Einstellung der Anleger, dass Wohnimmobilien als vergleichsweise stabile Anlagen gelten, lassen die Nachfrage steigen.
Die vollständige Auswertung – welche auch Informationen zu Konjunkturrisiken, Investitionsabsichten der Industrie sowie Beschäftigungsabsichten der Bauunternehmen enthält – kann bei der Autorin bezogen werden.
Petra Kraus,
Berlin
E-Mail: petra.kraus@bauindustrie.de