Ohne Netz –
aber mit doppeltem Boden
Planung und Ausführung zertifizierter Systemböden
Für Bauwerke in den Bereichen Verwaltung, Dienstleistung, Handel aber auch Produktion werden flexible Raumkonzepte im wichtiger. Sie ermöglichen es die Ressource Gebäudefläche dauerhaft, wirtschaftlich und effizient zu nutzen. Systemböden leisten auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zu der sich parallel rasant entwickelnden Technisierung der Gebäudeinfrastruktur. Planung und Ausführung von Systemböden haben sich daher zu einer anspruchsvollen Aufgabe entwickelt.
Systemboden: ein Klassiker
Es war der Boom in den siebziger Jahren mit der Errichtung zahlreicher Büro- und Verwaltungsgebäude und der gleichzeitige, massenhafte Einzug der Personalcomputer die den Systemboden zur Standardausstattung solcher Gebäude erhoben haben. Neben dem bereits bekannten Doppelboden etablierte sich der Hohlboden in den 1980er Jahren als eine neue Bauart des Systembodens. Der in einer Folienschalung vergossene Gipsestrich schuf zunächst in Form einer Kuppelkonstruktion eine Tragschicht mit einer weitgehend fugenfreien Bodenfläche sowie etwas Installationsraum für Datenleitungen etc.. Der Bedarf an Installationsfreiraum in der Bodenkonstruktion ist seit dieser Zeit anhaltend steigend, so dass sich im Laufe der Zeit entsprechende konstruktive Lösungen ergaben.
Vor dem Hintergrund der sich entwickelnden und ständig ändernden Anforderungsprofile an Produkte und deren Nutzbarkeit, haben sich seit Ende der 1980er Jahre die Hersteller und Verarbeiter von Systemböden zum Bundesverband Systemböden e. V. zusammengeschlossen. Gemeinsames Konstruktionsmerkmal der verschiedensten Systemböden ist aktuell die mit Spindelstützen höhenverstellbare Unterkonstruktion. Bei den Doppelböden entsteht die tragen-
de Bodenfläche aus einzelnen wieder aufnehmbaren, industriell vorgefertigten Plattenelementen. Hohlböden dagegen entstehen durch die Auflage einer verlorenen Schalung, auf der ein Estrichmörtel als Tragschicht gegossen wird. Es kann aber auch durch das zusammenfügen von vorgefertigten Plattenelementen in trockenbauweise eine zusammenhängende Tragschicht erstellt werden. Der Zugang zum Bodenhohlraum bei Hohlböden erfolgt über Revisionsöffnungen und sogenannten Doppelbodentrassen in Doppelbodenbauweise.
Auch in Zukunft werden neue Raum-, Büro- und Arbeitsplatzkonzepte sowie sich weiterentwickelnde Organisations- oder Nutzungsformen in Unternehmen und Verwaltung den Flächenbedarf minimieren. Gleichzeitig steigen die Qualitätsanforderungen hinsichtlich Tragfähigkeit, Brandschutz, Schallschutz, Gestaltung und Flexibilität der Gebäudeflächen. Die moderne Bürokommunikation, Gebäudeautomation sowie die Organisation und der physikalische Transport von Energie, Luft, Wasser, Trägermedien sonstiger Art erfordern eine intelligente Systemintegration.
Im Sinne einer variablen, nachhaltigen und langlebigen Gebäudenutzung bekommt der Systemboden eine gebäudetechnische Adapterfunktion. Des Weiteren legt die europäische Kommission in einem Normungsmandat fest, dass der Systemboden als sicherheitsrelevantes Bauteil zu sehen ist. Diese Aspekte zeigen die besondere Bedeutung dieser Bauart.
Projektieren von Systemböden (Abb. 1)
Während der Planung und Ausschreibung ist zu beobachten, dass der Auftragswert von Systemböden im Kostengefüge aller Gewerke gegenüber seiner tatsächlichen Wertigkeit stark unterschätzt wird.
Raumarchitektur, Flächenbeanspruchung und das Vernetzen digital angesteuerter Anlagen, Maschinen, Präsentationszentren und Arbeitsplätze in der Installationsebene von Hohl- oder Doppelböden ruft grundsätzliche Eigenschaften für Systemböden auf den Plan. Die Aufnahme von Nutz- und Verkehrslasten, Nutzungssicherheit inklusive Brand- und Schallschutz, Oberflächengestaltung, Ableitung statischer Ladungen und die Pflege bzw. Hygiene bilden ein Anforderungsprofil das über eine reine Gebrauchstauglichkeit hinaus zu erfüllen ist.
Die Übertragung in ein ingenieurtechnisches Belastungsmodell ist ein wesentlicher Schritt für die Nutzungssicherheit und Gebrauchstauglichkeit von Systemböden. In den Prüf- und Klassifizierungsnormen DIN EN 12825 Doppelböden und DIN EN 13213 Hohlböden wird die Einzellast als kritische Beanspruchung aufgezeigt. Auf der Anforderungsseite müssen nun Lasten definiert werden, um diesen normativ festgelegten Laststufen zu entsprechen. Diese finden sich in den Tabellen der Anwendungsrichtlinien (ARILI), die dort vergleichbar mit den Nutzungsbeispielen in DIN 1055 -3 aufgelistet sind.
(Die aktuellen Fassungen der ARILI´s vom April 2011 sind als Download auf der Internetseite des Bundesverbands Systemböden „www.systemboden.de“ verfügbar) Damit wird es in einfacher Form ermöglicht, eine aus der Nutzung resultierende Belastung einer Laststufe zuzuordnen.
Die Anwendungsrichtlinien stellen sich den steigenden Anforderungen an Systembodenflächen. So werden z. B. in EDV-Räumen mittlerweile Server aufgestellt die Einzellasten von bis zu 15 kN verursachen. Um auch in solchen Fällen Unsicherheit in der Planung, Konstruktion und Ausschreibung zu vermeiden, werden die definierten Begriffe wie Lastabstand und Lastkonfiguration als Parameter für die Ermittlung der Tragfähigkeit integriert. Bei bewegten Belastungen (aus Flurförderfahrzeugen, Hubsteigern etc.) sind nach der Einzellastermittlung, beispielsweise auch Schwingbeiwerte oder ggf. Beschleunigungskräfte zu berücksichtigen.
Normung von Systemböden
Die Ermittlung der zu erfüllenden Tragfähigkeitsanforderungen führt zu Lastklassen in Bezug auf die jeweiligen Prüfnormen für Hohlböden DIN EN 13213 und DIN EN 12825 Doppelböden. Eine einzubauende Systembodenkonstruktion hat als Konstruktionseinheit aller Komponenten der jeweiligen Lastklasse zu entsprechen.
Es gehört zu grundsätzlichen Philosophie der europäischen Normung geforderte Eigenschaften zu beschreiben, jedoch keine konkreten Ausführungen vorzugeben. Dieser Ansatz soll kreative Lösungen fördern und Alternativen ermöglichen, um das oft formulierte Prinzip „Resultate zählen“ zu unterstützen. Das bedeutet, dass einzelne Detailfestlegung wie Estrichdicke oder Gewindedurchmesser der Spindelstützen, vergleichbar mit Baukastenmerkmalen, nicht mehr in Normen zu finden sind. Die Einzelelemente eines Hohl- oder Doppelbodens werden vom Hersteller ausgewählt. Mit den notwendigen Detailangaben und Ausführungshinweisen von den Systemherstellern entsteht jeweils eine Bauart, die die entsprechend zugesicherten Systemeigenschaf-
ten zu erbringen hat.
Die Prüf- und Klassifizierungsnormen beschränken sich darauf, Klassifizierungen und einheitliche Prüfverfahren vorzugeben, mit denen die geforderten Eigenschaftswerte der Systembodenkonstruktionen wie Festigkeit, Steifigkeit und Beständigkeit einheitlich bestimmt und untereinander verglichen werden können. Der Abgleich einer geschuldeten mit der erbrachten Leistung leitet sich hingegen aus den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik ab, die in den jeweils nationalen Anwendungsregeln formuliert sind. Die Anwendungsrichtlinien des Bundesverbandes Systemböden e. V. übernehmen diese Aufgabe in Deutschland. Sie stellen eine technisch wie rechtlich verbindliche Grundlage für Bauherrn, Planer, Systemgebende und ausführende Unternehmen dar.
Zertifizierung von Systemböden
In der Planung bzw. für die Baustelle ist grundsätzlich zu erwarten, dass Systemböden mit zugesicherten Systemeigenschaften entsprechend der genormten Prüfung zu liefern und montieren sind. Prüfberichte mit einmalig in einem Prüfstand und ggf. unter Sonderbedingungen ermittelten Ergebnissen eigenen sich in der Regel nur sehr eingeschränkt als Nachweis, dass der aktuell im Gebäude verbaute Systemboden damit auch übereinstimmt. Über die Anwendungsrichtlinien wird ein schlüssiges Nachweisverfahren geführt. Eine Produktions- und Montagebegleitende Qualitätssicherung bildet hierzu die Grundlage. In Verbindung mit einem Zertifizierungsleitfaden einer unabhängigen Institution (der System Flooring EWIV kurz SFE) wird die Authentizität und das Leistungsspektrum des jeweiligen Bodensystems schlüssig und nachvollziehbar dargestellt. Eine Erstprüfung der Eigenschaften (z. B. Tragfähigkeit), eine laufende Eigenüberwachung zur Gewährleistung erforderlicher Eigenschaften sowie eine turnusmäßige, jedoch unangemeldete Fremdüberwachung kontrolliert stichprobenartig die Aufzeichnungen der Eigen-
überwachung. Durch die in diesem Zu-
sammenhang von der SFE jährlich neu ausgestellten Konformitätszertifikate erfolgt eine unabhängige und kompetente Verifizierung der Leistungsmerkmale gegenüber dem Planer, Nutzer, Bauherrn etc.
Sicherheit im Bauablauf und Nutzung
Der hier aufgezeigte Zusammenhang zeigt auf, welche Bedeutung zertifizierte Systemböden als Element im Innenausbau in der Planung und Ausführung haben. Die DIN EN 13213 Hohlböden und DIN EN 12825 Doppelböden mit den entsprechenden Anwendungsrichtlinien bilden dazu die Grundlage.
Mit der Zertifizierung wird eine Vergleichbarkeit der Qualität angebotener Systemböden ermöglicht. Mit zunehmender Durchdringung der Normung im Rahmen der europäischen Bauproduktenrichtlinie sind derartige Nachweise der Wettbewerbsfähigkeit der Anbieter geschuldet, und bilden für den Bauherrn die Grundlage für die Bewertung von Angeboten sowie souveräne Beauftragung.
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