Qualität am Bau?
Bauqualität und Wahrnehmung von Bauqualität aus der Sicht von privaten und öffentlichen Bauherren sowie Bauunternehmen
Veranlassung für die Durchführung einer Studie zur Bauqualität und deren Wahrnehmung durch den Lehrstuhl Baubetrieb und Bauwirtschaft der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag des regionalen INQA-Netzwerks Gutes Bauen in NRW als Arbeitsgruppe der Initiative Neue Qualität des Bauens (INQA-Bauen) war die subjektiv wahrgenommene Diskrepanz zwischen der für Deutschland so sprichwörtlich hohen Bauqualität und dem negativen Image der Baubranche.
Die Baubranche wird in der Bevölkerung gemäß einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach vor allem mit Qualitätsproblemen, Korruption und Schwarzarbeit in Verbindung gebracht. Dies bestätigen auch die Ergebnisse der Studie (Abb. 1). In der Studie wurden die Grundsätze von Bauqualität und deren Wahrnehmung, sowie mögliche Maßnahmen zu deren Verbesserung betrachtet. Im Vergleich mit der stationären Industrie fallen die folgenden besonderen Herausforderungen für die Baubranche auf:
n Informationsbrüche zwischen den Phasen der Planung, der Ausführung und der Nutzung durch den Wechsel der handelnden Personen
n Unikatsfertigung auf dem Bau; in der stationären Industrie wirkt sich die Serien- bzw. Sortenfertigung positiv auf die Produktqualität aus
Wahrnehmung von Bauqualität
Die Umfrage des Institutes für Demoskopie Allensbach stellte 2007 fest, dass die technische Leistungsfähigkeit der Baubranche in konkreten Projekten des Hochbaus sowie des Verkehrswegebaus von der Bevölkerung zwar grundsätzlich hoch eingeschätzt wird; allgemein werden der Branche aber kaum qualitativ hochwertige Leistungen zugetraut. Die Mehrheit der Befragten hat persönlich jedoch noch keine schlechten Erfahrungen in Bezug auf die Bauqualität gemacht.
Im Rahmen der nun vorliegenden Studie wurden darüber hinaus fast 250 private und öffentliche Bauherren sowie Unternehmen des Bauhandwerks und der Bauindustrie befragt. Ebenso wie in der Allens-
bach-Umfrage, verbinden die privaten Bauherren die Baubranche vor allem mit schlechter Qualität, Schwarzarbeit und Korruption. Die Einschätzung der professionellen öffentlichen Bauherren ist allerdings im Vergleich dazu wesentlich weniger kritisch, sie assoziieren die Baubranche mit hoher Qualität, renommierten Hochbauprojekten.
Kommunikation und Kundenfreundlichkeit
Gerade die privaten Bauherren verbinden die Baubranche aber auch mit schlechter Kommunikation. Umgekehrt sind die Unternehmen der Ansicht, dass die Kenntnisse sowohl der privaten als auch der öffentlichen Bauherren in der Regel nicht ausreichend sind Allerdings kann von einem fachfremden Bauherrn nicht erwartet werden, dass er weitreichende Vorkenntnisse mitbringt; der Erfolg eines Bauvorhabens darf deshalb in keiner Korrelation zum Fachwissen des Bauherrn stehen.
Der erste Lösungsansatz für die Bauunternehmen besteht darin, dass sich die Unternehmer und Führungskräfte diese unterschiedlichen Perspektiven bewusst machen. Der zweite Schritt ist dann, dass Unternehmen alles tun, um die Missverständnisse und die daraus resultierende Unzufriedenheit möglichst gering zu halten. Dies geschieht am besten dadurch, dass die Vorstellungen und Planungen möglichst detailliert beschrieben und vereinbart werden.
Hilfreich für Bauunternehmen kann hier auch der „Check Bauen“ sein, der nationale Qualitätsstandard für Bauherren zum wirtschaftlichen und qualitätsbewussten Bauen der Initiative „Neue Qualität des Bauens“ (INQA-Bauen) – siehe www.inqa-bauen.de und www.check-bauen.de. In diesem Standard wird für Bauherren beschrieben, warum das detaillierte Abstimmen der Vorstellungen und die kontinuierliche Kommunikation Voraussetzung für Qualität und Wirtschaftlichkeit sind.
Unterstützung der Bauherren
Das vor allem bei den fachfremden privaten Bauherren eingetrübte Vertrauensverhältnis kann durch die fachliche Begleitung und Beratung verbessert werden. Verbesserungsansätze sehen die Bauherren selbst vor allem in einer verbesserten Planung und vermehrten Kontrollen, dem erhöhten Einsatz von qualifizierteren Arbeitskräften sowie einer besseren Kommunikation zwischen den einzelnen Parteien. Der Bauherr kann oftmals die komplexen Anforderungen an ein Bauwerk fachlich gar nicht überschauen. Durch eine kompetente Bauherren-Beratung seitens der Architekten, Fachplaner sowie der Unternehmen aus Bauhandwerk, Baugewerbe und Bauindustrie, unterstützt durch die Verbände der Bauwirtschaft, muss dem Bauherrn vermittelt werden, dass eine intensive Planungsphase für eine hohe Bauqualität grundlegende Voraussetzung ist. Darüber hinaus besteht für den Bauherrn die Möglichkeit, sich einen unabhängigen Dritten (z.B. einen „Vertrauenspartner“ entsprechend „Check Bau“ vom INQA-Bauen) zur Seite zu holen.
Leistungsänderungen
Die Umfrage zeigt auch, dass die privaten Bauherren der Auffassung sind, dass die von den Unternehmen zu erbringenden Leistungen von ihrer Seite kaum oder gar nicht verändert worden sind. Die Bauunternehmen vertreten die Ansicht, dass gerade die privaten Bauherren oftmals Änderungen der Leistungen vornehmen (Abb. 2).
Es scheint so, als wäre dem privaten Bauherrn nicht klar, ob und wann er Änderungen an den Leistungen vornimmt, die mit Mehrkosten bzw. Terminverschiebungen einhergehen können, so dass das Projekt zum einen teurer geworden ist und zum anderen später fertig gestellt wurde als ursprünglich geplant. Die Tatsache, dass private Bauherrn bei ihren Bauvorhaben oftmals von vornherein an der Grenze ihrer finanziellen Kapazität arbeiten, ist ein weiterer Konfrontationskomplex Der Bauherr muss darüber unterrichtet werden, welche Qualität er für den gebotenen Preis bekommen kann und dass Änderungen nicht in diesem Preis inbegriffen sind. Dem Kunden muss weiterhin bei jeder Änderung der Leistungen verdeutlicht werden, was diese Entscheidung für den Bauprozess und für seinen Geldbeutel bedeutet, so dass er seine Entscheidungen genauer abwägt und nicht leichtfertig trifft.
Aus- und Weiterbildung
Innerhalb der Studie sind die Bauunternehmen darüber hinaus zum Ausbildungsniveau der Fachkräfte in der Baubranche befragt worden. Das Ergebnis der Auswertung zeigt, dass die Unternehmen der Ansicht sind, dass zum einen zu wenige Fachkräfte vorhanden sind, und dass die vorhandenen nicht hinreichend gut ausgebildet sind (Abb. 3). Neben der Gewinnung neuer qualifizierter Mitarbeiter ist die Bindung und Förderung der eigenen Beschäftigten ein wichtiger Punkt, um den Anforderungen nach Kundenzufriedenheit und Bauqualität gerecht werden zu können, was auch für die zielgenaue Auswahl und den kooperativen Umgang mit Nachunternehmern gilt.
Ergebnisse
Generell scheint unter den am Bau Beteiligten eine Verzerrung der Wahrnehmung vorzuliegen. Die Auftragnehmer schätzen die von ihnen erbrachte Beratung und Leistung oft positiver ein, als es vor allem die privaten Bauherren tun. Es muss demnach von Seiten der Unternehmen an ihrer Kundenfreundlichkeit und Beratung gearbeitet werden. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie lassen sich abschließend in drei Thesen zusammenfassen:
1. These:
Das Bauprodukt an sich, z.B. Wohn- und Bürohäuser, Schwimmbäder und Fußballstadien, aber auch alle Infrastrukturprojekte, werden in der Bevölkerung im Allgemeinen po-
sitiv wahrgenommen. Die Wahrnehmung des Produktes und die Wahrnehmung des dazugehörigen Herstellers, der Baubranche, scheinen vollständig voneinander entkoppelt.
2. These:
Die Bauqualität setzt sich zusammen aus der Qualität der Planung, Ausführung und Nutzung. In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Bauqualität jedoch reduziert auf die Qualität der Ausführung.
3. These:
Die besonderen Randbedingungen der Bauproduktion in Verbindung mit den bauspezifischen Informationsbrüchen zwischen den Phasen der Planung, der Ausführung und der Nutzung sorgen dafür, dass die spezielle und regelmäßige Fertigung von Unikaten besonders schwierigen Randbedingungen unterworfen ist. Es gilt aber auch festzustellen, dass auch die stationäre Industrie immer dann, wenn es um die Fertigung von Unikaten geht (z.B. Airbus A380), in vergleichbare Schwierigkeiten gerät.
Ausblick
Die Unternehmen der Bauwirtschaft müssen die qualitativ einwandfreie Leistungserbringung zum priorisierten Unternehmensziel machen, um die gehegten und teilweise berechtigten Vorurteile gegen die Baubrache durch faktisch mängelfreie Leistungen zu entkräften. Darüber hinaus müssen auch die Soft-Skills stimmen. Die subjektiv empfundene Servicequalität ist ausschlaggebend für die Nachhaltigkeit des Eindrucks. Es müssen Beratung und Kommunikation optimiert werden, um die Prozesse für einen laienhaften Kunden verständlich zu machen, so dass der Kunde einen positiven Eindruck vom Unternehmen und damit vom Bauvorhaben bekommt.
Da viele Mängel aus der Schwarzarbeit und der Korruption resultieren, muss demnach generell und massiv sowohl von unternehmerischer als auch von gewerkschaftlicher sowie von rechtlicher Seite gegen Schwarzarbeit und Korruption in der Baubranche vorgegangen werden, um die Qualität und das Image der Baubranche nachhaltig zu verbessern.
Eine Verbesserung der Bauqualität und ihres Images kann nicht von einem Tag auf den anderen geschehen. Aus diesem Grunde ist es besonders wichtig, strategisch daran zu arbeiten.
Die Studie Bauqualität und Wahrnehmung von Bauqualität wird in Kürze veröffentlicht.
Eine Verbesserung der Bauqualität und ihres Images kann nicht von einem Tag auf den anderen geschehen!