Sanierung der Kölner Domtreppe, Teil 1
Eine Maßnahme mitten im öffentlichen FokusDer Kölner Dom ist das Wahrzeichen Kölns. Die Treppe zwischen dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs und der Domplatte hielt dem Ansturm der vielen Besucher auf Dauer nicht stand – und wurde nun aufwendig und fachgerecht saniert.
Die Lage der Baustelle am Kölner Dom: Die Treppe verbindet Domplatte und Bahnhofs-Vorplatz. Täglich frequentieren ca. 100.000 Passanten die Treppe.
© Stadt Köln
Der Kölner Dom ist Wahrzeichen Kölns, Weltkulturerbe und eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Deutschlands – ein repräsentativer Ort in der Innenstadt Kölns, mitten im Focus der Öffentlichkeit. Entsprechend dieser Lage und Aufgabe sollte eigentlich auch die Treppe ein repräsentatives Erscheinungsbild haben. Doch bereits kurz nach der Fertigstellung 2005 zeigte die Treppe Schäden und erste Beeinträchtigungen der Begehbarkeit. Aus diesem Grund hat die Stadt Köln die Sanierung der dreiläufigen Domtreppe schon nach etwa 15 Jahren Nutzungsdauer in Angriff genommen.
Der erste Teil des Fachberichts behandelt die Ermittlung des Schadensbilds, die Bauwerksuntersuchungen und die Planung der Sanierung.
Einführung
Die Treppe wurde 2005 erbaut und rechtzeitig zum Weltjugendtag und dem Besuch des Papstes fertiggestellt.
© Stadt Köln
Die Domtreppe bildet vom Hauptbahnhof gesehen an der Nordseite des Doms dessen Sockel und überbrückt mit einunddreißig Stufen die Höhendifferenz zwischen Bahnhofsvorplatz und Domplatte. Täglich frequentieren ca. 100.000 Passanten die Treppe auf ihrem Weg in die Innenstadt oder von der Innenstadt zum Hauptbahnhof. Und nicht nur zu diesem Zweck bevölkern die Passanten die Treppe. Viele verweilen auch, nutzen die Treppe als Sitzgelegenheit und genießen den Blick auf das Treiben auf dem Bahnhofsvorplatz.
Der Neubau der Treppenanlage war im Zuge der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes im Jahr 2005 errichtet worden. Damals drängte der Besuch des Papstes zum Weltjugendtag in Köln zur rechtzeitigen Fertigstellung der Treppe. Schon nach wenigen Jahren zeigte sich, dass die Treppe den Anforderungen nicht ganz gewachsen war.
Die Verschiebung der schweren Granitblockstufen der Treppe, die sich mit den Jahren einstellte, beeinträchtigte mit der Zeit nicht nur den optischen Eindruck, sondern auch die Begehbarkeit und die Sicherheit des Personenverkehrs auf der Treppe. Zahlreiche Stufen hatten sich aus ihrer ursprünglichen Lage herausgeschoben, so dass sich eine unregelmäßige Vorderkante mit Versätzen zwischen den einzelnen Stufen ergab, die zu erhöhter Stolpergefahr führten. Zahlreiche Ausbrüche an den Kanten der Stufen mit eingearbeiteten Kontraststreifen verstärkten noch dieses Problem. Zudem bereiteten Undichtigkeiten ständige Probleme in den Bereichen unter dem Bauwerk.
Die IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG als Ingenieurbüro für die Planung und Überwachung von Betoninstandsetzungs- und Bauwerksabdichtungsmaßnahmen erhielt Ende 2018 den Auftrag zur Erstellung der Planung für die Generalsanierung der Treppenanlage. Dabei galt es zuallererst die Ursachen der vorhandenen Schäden zu ergründen, um die Sanierungsmaßnahmen daraufhin auszuarbeiten.
Konstruktion
Da sich die die unterdimensionierten Fugenspalten zwischen den Granit-Blockstufen im Laufe der Zeit zusetzten, schoben sich die Stufen nach vorne. Diese Verschiebungen stellten mit der Zeit eine Beeinträchtigung der Begehbarkeit der Treppe dar.
© IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
Die Treppenanlage ist ein Brückenbauwerk. Große Betonfertigteilträger hängen mit einem Achsabstand von ca. 2,60 m an der Domplatte und sind am Fußpunkt auf dem U-Bahnbauwerk gegründet. Auf diesen Trägern wurden Betonfertigteil-Treppenläufe verlegt, bevor der Belag aus 15 cm starken und größtenteils über 2 m langen Granitstein-Blockstufen im Mörtelbett aus Drainmörtel eingebaut wurde. In der ca. 8 cm dicke Drainmörtelschicht unter den Blockstufen konnte das auf der Treppenanlage anfallende Wasser bis zum Sockel der Treppe abgeführt werden. Die Blocksteinstufen wurden aus architektonischen Gründen mit offener Stoßfuge verlegt.
Die zwei Zwischenpodeste waren im Material, im Fugenbild und im Format des Belags an das Bild der Treppenläufe angepasst und sind ebenfalls mit offener Stoßfuge in einer Drainmörtelbettung verlegt.
Allgemeines Schadensbild
Unsichtbar für die Nutzer der Treppe kam es schon bald nach Fertigstellung zu Wassereintritten in die Räume unterhalb der Treppenanlage. Da diese nur zu einem geringen Teil als Betriebs- oder Lagerräume genutzt sind, konnte hier durch eine Ableitung des eintretenden Wassers symptomatisch Abhilfe geschaffen werden. Hohe Luftfeuchte und zum Teil auch Schimmelproblematik waren jedoch stets ein Thema, das der Wassereintritt in die Bausubstanz mit sich brachte. Grund für diese Undichtigkeiten wurde, nach erfolgten Voruntersuchungen, in der aufgebrachten Abdichtung auf den Betonfertigteil-Treppenläufe gefunden.
Die dagegen für den Nutzer der Treppe sichtbare Verschiebung der Blockstufen resultierte aus dem nicht vorhandenen Verbund der Stufen mit dem Mörtelbett. Die Stufen hatten sich in ihrer Lage verschoben, jedoch ohne dass Fehlstellen im Mörtelbett festzustellen waren. Das Schadensbild war demnach nicht auf ein schadhaftes Mörtelbett zurückzuführen.
Aus den Unterlagen des Neubaus der Treppe und gemäß Informationen der Stadt Köln war zu entnehmen, dass unter anderem auf eine zusätzliche Verklebung der Stufen auf dem Mörtelbett aus verschiedenen bauzeit- und bauablauftechnischen Gründen beim Neubau verzichtet wurde. Denn der damalige Fertigstellungstermin war durch den für Köln immens wichtigen Termin des Weltjugendtages und des damit verbundenen Papstbesuchs unbedingt einzuhalten.
Bauwerksuntersuchung
Für die Ursachenforschung des Schadensbildes wurden bauherrenseits bereits vor der Planungsphase in 2017 größere Flächen der Treppenanlage geöffnet. Das Mörtelbett wurde genauestens beprobt und die darunterliegende Abdichtung kontrolliert. Das Mörtelbett aus Drainmörtel zeigte sich in nahezu perfektem Zustand. Die Drainageleistung war wie geplant vorhanden und die Druckfestigkeit lag ebenfalls im geforderten Bereich. Diese Ergebnisse der Voruntersuchungen bestätigten die Stadt Köln, an dieser Bauweise festzuhalten und das durch die offenen Fugen in den Aufbau eindringende Wasser weiterhin über einen Drainagemörtel abfließen zu lassen.
Es stellte sich aber die Frage, warum es überhaupt zu der Verschiebung der Stufen kommt. Über Nachforschungen in den alten Baustellenakten, den Bautagesberichten und Fotografien war festzustellen, dass der Einbau der Blocksteinstufen im Sommer zum Teil bei sehr hohen Temperaturen und starker Sonneneinstrahlung durchgeführt wurde. Auf Fotos der Bauphase konnte erkannt werden, dass die Mörtelbettung über die gesamte Länge einer Stufenreihe aufgetragen wurde, um sukzessive die Blocksteinstufen aufzulegen. Dies führte zum Schluss, dass der Drainagemörtel oberflächig austrocknete und den Haftverbund mit der Stufe nicht zur Gänze aufbauen konnte. Zudem war, wie schon erwähnt, kein Haftkleber zwischen Stein und Mörtelbett verwendet worden.
Sehr deutlich wurde bei den Voruntersuchungen und Recherchen in den Baustellenakten aber auch, dass die Temperaturausdehnung des Materials nicht zu unterschätzen ist. Die vorhandenen Temperaturdifferenzen können im Sommer bei Tag-Nacht-Schwankungen durchaus 20°C betragen sowie im Jahreszeitenwechsel um 60°C liegen.
Das ergibt bei der Betrachtung eines Steins von 2,00 m Länge eine anscheinend nur geringe Längenänderung. Da sich jedoch die offenen Fugen zwischen den Blockstufen durch die normale, aber stetige Verschmutzung zugesetzt hatten, konnte mit der Zeit nicht mehr genug Bewegung der Steine zugelassen werden. Dadurch entstand, hochgerechnet auf die Gesamtlänge der nun annähernd fugenlosen Treppenanlage von 70 m, ein enormer Druck, durch den sich die Steine zur einzig freien Seite, nach vorne, aus ihrer Position herausschoben. Wären die Blockstufen mit dem Drainagemörtel verklebt gewesen, wäre der Drainmörtel gerissen und mit der Zeit zerrieben worden. Dies hätte eine weitaus höhere Gefahr für die Verkehrssicherheit ergeben, da eine vollflächige Lagerung der Stufen dann nicht mehr gegeben gewesen wäre.
Weiterhin können auch die am Bauwerk vorhandenen Vibrationen ein Voranschreiten der Lageveränderung bewirkt haben. Durch die Art der Konstruktion als Brückenbauwerk werden Erschütterungen oder Vibrationen, die auf die Konstruktion einwirken, nicht wie bei anderen Freitreppen, über das Erdreich abgeleitet – sie übertragen sich auf die Gesamtkonstruktion.
Und Vibrationsquellen gibt es im Umfeld der Treppe einige. So können Erschütterungen und Vibrationen aus der Nutzung der Domplatte, aus der U-Bahn, aus der benachbarten Bahntrasse, oder auch aus dem Verkehr des Straßentunnels der Trankgasse, unter der unmittelbar an die Treppe anschließenden Domplatte, auf das Bauwerk einwirken.
Planung der Sanierung
Schadensbild Stufen:
Mit den Erkenntnissen aus der Voruntersuchung und Vorplanung wurde die Sanierungsplanung darauf ausgerichtet die notwendigen Ausdehnungsbewegungen der Blockstufen zuzulassen, gleichzeitig aber mit einer Fixierung der Stufen ein Vorschieben der Steine zu verhindern. Es musste also ein ausreichender Dilatationsraum für die Temperaturausdehnung geschaffen und die Stufen rückverankert werden, so dass sie sich nicht mehr aus ihrer Längsachse herausschieben würden.
Der Dilatationsraum für die Längenausdehnung der Stufen ist nur in den Stoßfugen der Steine zu erstellen. Die Schwierigkeit, die Dilatationsmöglichkeit dauerhaft zu erhalten, besteht in der ständigen Verschmutzung, die mit der Zeit den vorhandenen Fugenraum zusetzt. Um diesen Eintrag der Verschmutzung zu verhindern, wurde ein Fugenprofil geplant, das den Fugenraum dauerhaft flexibel ausfüllt. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Treppenanlage in engen Intervallen mittels Hockdruckreinigung gesäubert wird. Die Dauerhaftigkeit und Positionsstabilität war demnach für die Dehnfugenprofile wichtig, zusammen mit dem Anspruch, dass sie die Optik der Treppe nicht beeinflussen durften. Des Weiteren mussten Maßnahmen gegen die ständigen mutwilligen Beschädigungen eingeplant werden. Aus diesem Grunde konnte kein elastischer Fugenverschluss eingesetzt werden.
Diese Verankerung wurde entwickelt, um Stufen-Verschiebungen zu verhindern, ohne Längsbewegungen einzuschränken.
© IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
Für die Fixierung der Stufe in ihrer Längsachse, wurde eine aus mehreren Teilen bestehende Verankerungskonstruktion aus Edelstahl entwickelt. Diese ist so beschaffen, dass sie Bewegungen in Längsrichtung zulässt, in der Querachse jedoch verhindert.
Gemäß den Voruntersuchungen war nicht damit zu rechnen, dass die Mörtelbetthöhen unter den Stufen sowie die horizontalen Abstände der Steinrückseiten zu den Stufen der Unterkonstruktion immer konstant gleich sein würden. Ein weiterer Anspruch an die Verankerungskonstruktion war demnach flexibel genug zu sein, um bei der Montage an die Gegebenheiten angepasst zu werden.
Angesichts der schweren Steine und dem beengten Raum hinter den Stufen, war bei der Entwicklung der Verankerungskonstruktion besonders darauf zu achten, dass die Montage einfach blieb und auch mit 320 kg schweren Steinen, am Kran hängend gut händelbar sein musste. Letztendlich gelang dies mit einer Art Öse, die bereits in der Werkhalle an der Steinrückseite angeschraubt wurde, einer Ankerplatte mit Bolzen, die an der Betonunterkonstruktion der Treppe befestigt wurde und einer verbindenden Lasche, die diese beiden Teile jeweils miteinander koppelt.
Schadensbild Undichtigkeiten:
Um das zweite Schadensbild, die Undichtigkeit zu sanieren, musste ein gesamter Rückbau der Blockstufen und des Mörtelbettes erfolgen, so dass die Unterkonstruktion neu abgedichtet werden konnte. Hier war darauf zu achten, eine Abdichtung zu wählen, die die Bewegungen und Vibrationen, die am Bauwerk wirken, schadlos aufnehmen kann, sowie eine Beschichtung, die auf die vertikalen und horizontalen Flächen des Treppenprofils der Betonfertigteile einwandfrei aufzubringen ist.
Da jahrelang Wasser durch die Konstruktion einge-
treten war, musste diese auf daraus resultierende Schädigungen untersucht und die Betoninstandsetzung von Teilbereichen der Betonkonstruktion eingeplant werden.
Bei der Untersuchung des Bestandes und Durchsicht der Statik wurde klar, dass die Unterkonstruktion der Treppe damals an die abgeschnittene Domplatte angehängt wurde. Diese war als vorgespannte Konstruktion ausgebildet, so dass statisch geprüft werden musste, ob der Rückbau des Belages aus über 1.000 Granitblockstufen mit jeweils ca. 320 kg Einzelgewicht Auswirkungen auf die Domplatte haben würde und ob Gegenmaßnahmen erforderlich werden würden. Erfreulicherweise stellte sich heraus, dass die Sanierungsmaßnahme ohne Gegenmaßnahmen geplant werden konnte.
Eine Verformung der Treppenanlage bei Entlastung war jedoch nicht auszuschließen, so dass eine sanierungsbegleitende Vermessung der Treppenanlage vorgesehen wurde. So festgestellte Verformungen können dann beim Einmessen der Belagshöhen zur Wiederherstellung des Belagsaufbaus berücksichtigt werden, um die durch den Bestand vorgegebenen Anschlusshöhen sicher wieder zu erreichen. Denn, sollte sich die Konstruktion beim Rückbau heben, wäre das eingemessene Maß für den Wiederaufbau des ersten Treppenlaufes zu niedrig angesetzt, da sich die Konstruktion erst mit fortschreitender Wiederbelastung durch den Belagsaufbau wieder auf ihre ursprüngliche Höhe senken würde. Im obersten Treppenlauf gäbe es dann Probleme die Anschlusshöhe mit der vorhandenen Anzahl der Treppensteigungen wieder zu erreichen.
Da nicht ein schadhafter Belag der Treppe selbst, sondern die Lageverschiebung der Blockstufen die Sanierung erforderlich machte, konnte die Wiederverwendung der Blockstufen, nach Reinigung und Überarbeitung, vorgesehen werden.
Für die Neuauflage der Domtreppe wurde am oberen Ende ein Blindenleitstreifen ergänzt, ein Teil der Stufen wurden mit neuen Kontraststreifen versehen.
© IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
Das abgestimmte Fugenbild von Treppenläufen und Podesten, die in den Belag eingebauten Geländerpfosten und in bestimmten Bereichen vorhandene Kontraststreifen in den Stufen machten schnell klar, dass der Wiedereinbau der Blockstufen jeweils nur an ihren ursprünglichen Positionen zu einem guten Ergebnis und reibungslosen Bauablauf führen konnte. Es musste somit ein Konzept vorgesehen werden, die Stufen beim Rückbau dauerhaft zu markieren, für die Bearbeitung nachverfolgbar zu machen und letztendlich gemäß Bestandsplan wieder einzubauen.
An der Gestaltung der Treppe an sich sollte nichts verändert werden, da diese durch das Urheberrecht des Architekturbüros Schaller/Theodor geschützt ist.
Auf Wunsch des Bauherrn bzw. als Ergebnis der Abstimmungen mit den Behindertenverbänden sollten Verbesserungen für sehbehinderte Menschen auf der Treppe vorgenommen werden, die das Gesamtbild der Treppe wenig verändern würden. Dazu sollten die Kontraststreifen in einem Teil der Stufen umgearbeitet und erweitert, sowie ein Blindenleitstreifen am Treppenkopf ergänzt werden. Die Detailplanung wurde dann mit dem Urheber angestimmt.
Fortsetzung folgt: In THIS 06+07.2023 steht die Behebung des Schadens im Mittelpunkt.
IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
Torkret GmbH
Stadt Köln, Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau
Autoren
– Dipl.-Ing. Jörg de Hesselle, IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
– Dipl.-Ing. (FH) Anne Schreiber, Architektin, IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
– Dipl.-Ing. Uwe Grimsehl, Stadt Köln Amt für Brücken, Tunnel und
Stadtbahnbau
– Dipl.-Ing. Tim Hörr, Stadt Köln Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau
– Carsten Bernhagen M.Sc. RWTH, Torkret GmbH, Standort Köln
– Dipl.-Ing. Andreas Katzola, Torkret GmbH, Standort Köln