Sanierung der Kölner Domtreppe, Teil 2
Eine Maßnahme mitten im öffentlichen FokusDer Kölner Dom ist das Wahrzeichen Kölns. Die Treppe zwischen dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs und der Domplatte hielt dem Ansturm der vielen Besucher auf Dauer nicht stand – und wurde nun aufwendig und fachgerecht saniert.
Im Frühjahr 2021 wurde der 1. Bauabschnitt des Sanierungsprojekts in Angriff genommen.
© IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
Die Stadt Köln sah für den Bauzaun eine künstlerische Gestaltung mit folierten Aluminium-Verbundplatten vor.
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Alle Treppenstufen wurde mit einem individuellen QR-Code versehen, um jeden Bearbeitungsschritt exakt nachvollziehen zu können.
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Der erste Teil des Fachberichts in THIS 05.2023 behandelte die Ermittlung des Schadensbilds, die Bauwerksuntersuchungen und die Planung der Sanierung. In diesem zweiten Teil steht die Behebung des Schadens im Mittelpunkt.
Bauausführung
Begleitend zur Festlegung der grundlegenden Vorgehensweise der Sanierung erforderte die besondere Örtlichkeit eine aufwendige Abstimmung der Baudurchführung. Das sensible Umfeld mit Dom, Hotels, Bürogebäuden und nicht zuletzt dem Hauptbahnhof sowie das hohe Fußgängeraufkommen führten zu erheblichen Auswirkungen auf die Bauabwicklung und erforderten eine intensive Koordinierung der Maßnahme.
Angesichts der starken Frequentierung der Treppe, vor allem zu den Großereignissen in Köln, war eine komplette Sperrung dieser fußläufigen Verbindung von Bahnhofsvorplatz zu Domumgebung ausgeschlossen. Die Ausführung der Sanierung war demnach in Bauabschnitten zu planen, in denen immer ein Teil der Treppe für den Personenverkehr zu nutzen sein würde.
Das Zeitfenster für die Sanierungsarbeiten an der Treppe beschränkte sich zudem auf die Zeit zwischen den jährlichen Karnevalsveranstaltungen in Köln – im Frühjahr der Straßenkarneval, beginnend mit Weiberfastnacht und im November der Sessionsstart am 11.11.. In der Zeit von Aschermittwoch bis zum Tag vor dem 11. 11 des gleichen Jahres musste die Baumaßnahme begonnen, ausgeführt und die Baustelle vollständig zurückgebaut werden.
Zu diesen Großveranstaltungen ist in Köln mit extrem hohem Publikumsverkehr auf der Treppenanlage und dem Bahnhofsvorplatz zu rechnen, und größere Einschränkungen durch eine Baustelle sind aus Sicherheitsgründen nicht zu verantworten. Somit wurde die Ausführung von zwei gleich großen Bauabschnitten in zwei aufeinander folgenden Jahren mit einer Bearbeitungspause von November bis März vorgesehen.
Auch für die im Sommer stattfindende Großveranstaltung „Kölner Lichter“ bestand die Anforderung so viel Platz wie möglich für den Personenverkehr freizugeben. Dazu wurden eine Baupause und ein Rückbau der Baustelleneinrichtungsfläche auf ein Minimum eingeplant und mit allen Beteiligten abgestimmt. Letztendlich entfiel die Ausführung dieser Maßnahme, da die Veranstaltung bedingt durch die Corona-Pandemie abgesagt werden musste.
Die Festlegung der Baustelleneinrichtungsfläche gestaltete sich ebenfalls schwierig. Die Anforderung der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) erforderten auf Grund der Fluchtwegsituation des Hauptbahnhofs und der starken Fußgängerströme eine, gegenüber ursprünglichen Überlegungen, auf die Hälfte reduzierte BE-Fläche. Lagerung und Bearbeitung der Blockstufen waren durch die minimierten Platzverhältnisse vor Ort somit nicht mehr möglich.
Um die Transportwege der zu überarbeitenden Blockstufen klein zu halten, wurde den Bietern die Möglichkeit gegeben eine städtische Fläche innerhalb der Rampe der Deutzer Brücke auf der rechtsrheinischen Seite zu nutzen. Diese Transportleistung erforderte ein hohes Maß an Logistik.
Ausgeschrieben wurde die Maßnahme durch die Stadt Köln Ende des Jahres 2020. Die Fa. Torkret, Standort Köln, erhielt den Zuschlag für die Ausführung Anfang 2021 und konnte im April mit der Ausführung beginnen.
Da die Baustelle im innerstädtischen Bereich mit internationaler Bedeutung liegt, legte die Stadt Köln erhöhten Wert auf die Ausführung des Bauzauns und sah eine künstlerische Gestaltung mit folierten Aluminium-Verbundplatten vor.
In enger Zusammenarbeit mit dem Stadtplanungsamt wurde ein Design erstellt, das die stadtgeschichtlichen Informationen (Via Culturalis) mit Bildern, Texten, Wegweisern und zusätzlichen QR-Codes präsentierte. Es wurde, mittels der gestalteten Platten als komplettes Band auf den festen Zaun aufgebracht – eine Maßnahme, die die Außenwirkung der Baustelle sehr positiv beeinflusst hat. Der Bauzaun wirkte nicht als Fremdkörper, um den man einen weiten Bogen machen muss, sondern lud ein, näher zu kommen. Man konnte täglich Personen beobachten, die sich die Informationen auf dem Zaun anschauten.
Der durch die Baustelle und den Baustellenverkehr in Anspruch genommene Teil des Granitsteinbelags auf dem Bahnhofsvorplatz wurde für die Bauzeit mit einem Schutzasphalt abgedeckt. Sowohl die Fahrspur über den Platz als auch die Baustelle selbst konnten so für die Befahrung mit Baufahrzeugen und vor Verschmutzung und Beschädigung geschützt werden. Dieser Schutzasphalt, auf Vlies verlegt, war zum großen Teil für beide Bauabschnitte nutzbar und konnte anschließend wieder rückstandslos entfernt werden.
Trackingsystem
Die Unterkonstruktion wurde durch eine zweistufige Abdichtung ertüchtigt: In der ersten Lage erfolgte der Auftrag im Heißspritzverfahren, in der Lage darüber als Spachtelung.
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Der Belagsaufbau mit Drainmörtel wurde aus dem Bestand übernommen, denn der Zustand und die Funktion des Drainmörtels waren nicht Teil der Problematik, die zur Sanierung führte.
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Wie schon eingangs erwähnt, wurde zur Dokumentation der einzelnen Steinpositionen und Nachverfolgbarkeit der Bearbeitung der Stufen ein Markierungs- und Dokumentationskonzept gefordert. Das im Rahmen der Sanierungsarbeiten der Domtreppe von Fa. Torkret (Standort Köln), einer Tochtergesellschaft der Ed. Züblin AG, eingesetzte Trackingsystem, erwies sich für diese Aufgabe als innovatives Werkzeug zur Überwachung und Beschleunigung des Baufortschritts.
Anhand eines vor Beginn der Arbeiten erstellten Verlegeplans wurde jeder der 1100 Blockstufen, gemäß Ihres ursprünglichen Einbauortes in der Treppenanlage, eine eindeutige Identifikationsnummer zugeteilt. In Kombination mit einem zusätzlichen QR-Code wurde diese Nummer auf ein Aluminium-Schild gedruckt und bei Stufenausbau an der jeweiligen Stufe dauerhaft befestigt. Mit einer von der Ed. Züblin AG entwickelten App wurde im Folgenden jeder relevante Prozessschritt der Stufenbearbeitung mittels Scannung des QR-Codes erfasst und digital dokumentiert.
Unter anderem wurden hierbei folgende Prozessschritte überwacht:
Stufenausbau: Digitale Erfassung des Ausbaus.
Stufenerneuerung: Sofern ein Stufenerneuerung, bedingt durch bereits bestehende Beschädigungen, erforderlich war, wurde die Stufe vorab digital gekennzeichnet.
Reinigung: Durch das eingesetzte System wurde sichergestellt, dass jede Stufe alle Reinigungsprozesse durchlaufen hat.
Überarbeitung mit Kontraststreifen: Nach Planungsvorgabe sollten die Stufen seitlich der Handläufe und jeweils die obere und untere Stufenreihe eines Treppenlaufs zur Sicherstellung der Barrierefreiheit mit einem zusätzlichen Kontraststreifen versehen werden. Diese Stufen wurden im Vorfeld ebenfalls digital gekennzeichnet.
Montage Rückverankerung: Die Montage der Edelstahlrückverankerung wurde ebenfalls überwacht und dokumentiert.
Wiedereinbau der Stufen: Digitale Erfassung des Wiedereinbaus der überarbeiteten Stufen in der Treppenanlage am ursprünglichen Einbauort.
Durch das eingesetzte Trackingsystem hatte die Bauleitung stets in Echtzeit Zugriff auf den Bearbeitungsstand der aus- und eingebauten Stufen. Hierdurch war sie im Stande ortsunabhängig zu überwachen, ob die Stufen den jeweils für sie vorgesehenen Bearbeitungsschritten unterzogen wurden. Die Verwendung der gewählten Nummerierung in Kombination mit dem QR-Code, welche sowohl von Menschen als auch von Maschinen gelesen werden kann, erwies sich als besonders zuverlässig und anwendungsfreundlich.
Das innovative Trackingsystem von Torkret trug maßgeblich dazu bei, den Baufortschritt der Generalsanierung der Domtreppe effizienter und präziser zu überwachen. Es ist ein Beispiel für den Einsatz fortschrittlicher Technologie im Bauwesen und zeigt, wie digitalisierte Lösungen den Bauprozess verbessern können.
Bearbeitung der Granitsteinstufen
Nach dem Ausbau wurden die markierten Stufen in der rechtsrheinischen Rampe der Deutzer Brücke (ca. 2,5 km Transportweg) gelagert, gereinigt, überarbeitet und mit den Bohrungen versehen, die später der Befestigung der Verankerungskonstruktion dienen sollten.
Wie mit den Behindertenverbänden abgestimmt, wurden zur Verbesserung der Begehbarkeit der Treppe für sehbehinderte Menschen und Erhöhung der Sicherheit, die in ca. 20 % der Stufen vorhandenen, aber schon zahlreich schadhaften Kontraststreifen überarbeitet und in weiteren Stufen ergänzt. Der neue Kontraststreifen sollte nicht nur in der Oberfläche, sondern auch an der senkrechten Kante der Stufe zu sehen sein, also beim Treppenaufstieg. Dazu wurde ein dunkler Natursteinstreifen in die Treppenkante der betreffenden Steine eingearbeitet. Die vorhanden Kontraststreifen waren bisher nur entlang der Handläufe angeordnet und einmal über die gesamte Breite der obersten Stufenreihe. Diese wurden noch erweitert durch Kontraststreifen an der jeweils ersten und letzten Stufenreihe eines jeden Treppenlaufes.
Der Plattenbelag der Domplatte, direkt an die oberste Stufe angrenzend, wurde durch einen taktilen Streifen aus Granit-Noppenplatten ersetzt. Die Noppen im Belag signalisieren als sogenannter Aufmerksamkeitsstreifen sehbehinderten Menschen die nahe Treppe als Gefahrenstelle.
Abdichtung
Die Fixierung der Stufen erfolgte mittels einer speziell angefertigten, mehrteiligen Verankerungskonstruktion aus Edelstahl.
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Auf Wunsch des Bauherrn sollten Verbesserungen für sehbehinderte Menschen vorgenommen werden; dazu sollten um die Treppenläufe Kontraststreifen in einem Teil der Stufen eingearbeitet werden.
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Nach Vollendung der ersten Baustufe wurde der Baubetrieb in der „närrischen Zeit“ ausgesetzt. Im folgenden Frühjahr wurde dann die rechte Seite der Domtreppe in Angriff genommen.
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Nach komplettem Rückbau des Belages inkl. Mörtelbett aus Drainmörtel wurde die Altabdichtung durch Hochdruckwasserstrahlen entfernt und die Unterkonstruktion für den Auftrag der neuen Flüssigkunststoffabdichtung vorbereitet. Dieser erfolgte in der ersten Lage im Heißspritzverfahren und in der Lage darüber als Spachtelung. Damit konnte eine robuste und rissüberbrückende Abdichtung der profilierten Treppenoberfläche geschaffen werden. Für die witterungsabhängigen Arbeiten der Beschichtung konnte mit dem straffen Zeitrahmen dieser Maßnahme kein Risiko eingegangen werden. Man entschied sich schon früh in der Planungsphase für eine Einhausung. Diese musste die gesamten Treppenläufe von Domplatte bis Bahnhofsvorplatz überspannen, was eine Spannweite von 21 m ausmachte. Eine Maßnahme, die maßgeblich dazu beitrug, den vorgegebenen Terminplan einzuhalten.
Belagsaufbau
Der Belagsaufbau mit Drainmörtel wurde aus dem Bestand übernommen, denn der Zustand und die Funktion des Drainmörtels waren nicht Teil der Problematik, die zur Sanierung führte. Im Gegenteil, war doch in der Planung genau die erprobte Kombination der Granitstufen auf Drainmörtel wieder gewünscht.
Die Fixierung der Stufen erfolgte, wie schon erwähnt, mittels einer angefertigten, mehrteiligen Verankerungskonstruktion aus Edelstahl. Jede Blockstufe wird damit an ihren beiden Enden gehalten. Für Eckstufen wurde die Konstruktion angepasst. Durch eine Langlochausbildung war die Anpassung der Verankerung an sich ändernde Mörtelbetthöhen oder Abstände reibungslos möglich. Am Ende der Maßnahme waren mehr als 5200 Teile zum Zweck der Verankerung verbaut. Für die Fugenausbildung war ein Sandwichprofil aus zwei Edelstahlblechen mit Kautschuk-Einlage konzipiert worden, welches beidseitig an die Stirnflächen der Blockstufen anzukleben war.
Der Einbau der Fugenprofile in den Stoßfugen zwischen den Blockstufen bedurfte viel Feingefühl des Teams von Torkret, was angesichts der zur Montage am Kran hängenden Stufen von 320 kg nicht gerade naheliegt. Aber da man im fertiggestellten Zustand so gut wie nichts von den verbauten Profilen erkennt, kann ausdrücklich von einer gelungenen Ausführung gesprochen werden.
Ein komplettes Schließen des Belages nach Fertigstellung des ersten Bauabschnittes war dadurch, dass die Steine mit eingebauten Fugenprofilen nicht mehr passgenau an den Bestand der zweiten Hälfte angeschlossen werden konnten, nicht möglich. Somit blieb in der „Winterpause 2021-2022“ im Überschneidungsbereich der beiden Bauabschnitte ein Streifen von der Breite einer Blockstufe, ohne Stufenbelag liegen. Dieser wurde für die Bearbeitungspause mit dem angepassten, gestalteten Bauzaun gesichert.
Zum Start des zweiten Bauabschnitts konnte an diese Umzäunung mit dem Bauzaun des zweiten Bauabschnitts wieder angeschlossen werden, wobei auch auf die Weiterverwendung der Motivplatten geachtet wurde. Der zweite Bauabschnitt konnte mit der Erfahrung aus der ersten Bauphase recht reibungslos durchgeführt werden, und die Gesamtmaßnahme wurde zum Sessionsauftakt des Kölner Karnevals pünktlich übergeben.
Nicht nur der zeitliche Rahmen der Baumaßnahme wurde den Vorgaben entsprechend eingehalten, auch der Kostenrahmen dieser Sanierung konnte, trotz der Corona-Pandemie sowie des Kriegsbeginns in der Ukraine und der damit verbundenen enormen Preissteigerungen eingehalten werden.
Die Gesamtkosten der Baumaßnahme wurden vor Vergabe von der IBE-Ingenieure GmbH-Co.KG auf eine Nettosumme von 2,2 Mio. € (brutto 2,6 Mio. €) berechnet. Vergeben wurde Anfang des Jahres 2021 für eine Summe von 2,7 Mio. € (brutto 3,2 Mio. €), in der schon einige Preissteigerungen auf dem Weltmarkt auf Grund von Unregelmäßigkeiten durch die Covid-Pandemie enthalten waren. Die Stahlpreise waren zu dieser Zeit schon um 80 – 100% gestiegen.
Unvorhergesehene Ausführungen waren ein zusätzlicher Nottreppenturm, der nach Aufbau des Bauzaunes am Bahnhofsgebäude durch die Feuerwehr gefordert wurde, um die Entfluchtung des Bahnhofgebäudes zu sichern sowie der gestaltete Bauzaun, der letztendlich mit deutlich spezielleren Anforderungen auszuführen war, als in der Ausschreibung vorgesehen.
Die Baumaßnahme konnte 2022 mit Gesamtbaukosten von 3,1 Mio. € (brutto 3,7 Mio. €) abgeschlossen werden, incl. aller Nachträge. Letztendlich gibt die Stadt Köln die Gesamt-Projektkosten seit Anfang der Sanierungsplanung mit ca. 3,5 Mio. € (brutto 4,2 Mio. €) an.
Die besondere Lage der Baustelle führte bauherrenseits zu einem außergewöhnlich hohen Arbeitsaufwand bezüglich Presseanfragen und -informationen, Interviews, Social-Media-Beiträgen etc. immer in enger Zusammenarbeit mit den hierfür zuständigen Dienststellen der Stadt.
Fazit
Die gute analytische und planerische Vorbereitung der Maßnahme trug maßgeblich zum Projekterfolg bei. Die Bautermine wurden exakt eingehalten und es kam nur zu geringen, plausibel begründbaren Mehraufwendungen. Abgesehen von dem außergewöhnlich hohen Medieninteresse lief die anspruchsvolle Sanierung der Domtreppe auch dank einer engagierten und leistungsfähigen Mannschaft auf der Baustelle routiniert und planmäßig ab. Die qualitativ hochwertige Ausführung wird viele Jahre lang den reibungslosen Betrieb der Anlage an diesem besonderen Ort garantieren.
IBE-Ingenieure GmbH+Co.KG
Torkret GmbH