„Wir können uns viele Unternehmen als Partner vorstellen“
Der polnischer Baukonzern Budimex expandiert nach DeutschlandGespräch mit Jacek Zwiech, Geschäftsführer der Budimex Bau GmbH, über die Gründung einer Niederlassung des polnischen Baukonzerns in Deutschland und die sich hier bietenden Chancen
THIS: Hallo Herr Zwiech. Mit rund 6.000 Mitarbeitern zählt Budimex zu den größten Bauunternehmen Polens. Kürzlich haben Sie eine deutsche Niederlassung gegründet. Warum jetzt?
Jacek Zwiech: Sie haben recht, die Budimex Aktiengesellschaft ist eines der größten Bauunternehmen auf dem polnischen Markt. Aufgrund des Wachstums und der Abdeckung von mehr als 20 Prozent des polnischen Baumarktes möchte Budimex sein Geschäft auch in weitere europäische Länder diversifizieren. Wir sprechen also nicht nur über Deutschland, sondern beispielsweise auch über Tschechien, die Slowakei und Schweden. Aber natürlich ist Deutschland der größte Markt in Europa, und daher für uns besonders interessant, vor allem, was den Hoch- und Infrastrukturbau angeht. In diese Richtung wollen wir gehen.
THIS: Sehen Sie in Deutschland für sich potenzielle Partner?
Jacek Zwiech: Ja, grundsätzlich gibt es viele Unternehmen, die wir uns als Partner vorstellen können. Die Frage ist eher, ob das in die andere Richtung auch so gesehen wird. Aber grundsätzlich sind viele deutsche Bauunternehmen auch in Polen aktiv, und man kennt sich von dort. In Polen arbeitet Budimex zum Beispiel auch mit der Strabag zusammen. Ich selbst habe früher auch für deutsche Bauunternehmen gearbeitet, genauso wie viele unserer Mitarbeiter.
THIS: Gibt es zwischen deutschen und polnischen Bauunternehmen grundsätzliche Unterschiede in der Arbeitsweise oder der Unternehmenskultur?
Jacek Zwiech: Keine grundlegenden. Aber es gibt verschiedene unterschiedliche Faktoren. Ein Beispiel dafür: in Polen haben wir vor allem sehr große Bauprojekte, in Deutschland gibt es mehrere kleine oder mittlere Projekte. In Polen sind wir in Planung und Design stärker involviert. In Deutschland geht es meist nur um die Ausführung, die Pläne kommen vom Bauherrn. In Polen haben Projektleiter vor allem mehr Erfahrung im Bereich Design, nicht nur im Bau. Das soll nicht bedeuten, dass die polnischen Projektleiter besser sind; darum geht es nicht. Aber das ist ein Unterschied, den wir gleich erkannt haben.
Was gibt es sonst noch? Vielleicht die Kalkulation. Das funktioniert in Deutschland besser als in Polen. Das kommt uns entgegen, weil wir eh alles digital machen.
THIS: Ist das Thema ‚Digitalisierung‘ in Polen weiter fortgeschritten als in Deutschland?
Jacek Zwiech: Das kann man so nicht sagen, das hängt viel zu sehr von den einzelnen Bauunternehmen ab. Wir haben über 150 Planer und Designer, und machen auch in Polen vor allem BIM-Projekte. Aber dafür ist Budimex bekannt.
THIS: Sehen Sie Unterschiede zwischen der deutschen und der polnischen Baubranche?
Jacek Zwiech: Ich glaube, dass die Unterschiede zwischen unseren Ländern nicht so groß sind. Es gibt viele sehr kleine Bauunternehmen, und nur wenige sehr große. Wenn es Unterschiede gibt, liegen die eher im Bereich dazwischen. Ich denke, dass Deutschland in der Mittelklasse etwas stärker aufgestellt ist, und in den mittleren Unternehmensgrößen etwas mehr Planungskapazitäten hat.
THIS: Wo sehen Sie Ihren Platz für sich auf dem deutschen Markt?
Jacek Zwiech: Grundsätzlich gibt es hier unglaublich viel zu tun, ganz besonders in den Bereichen Infrastruktur- und Hochbau. Wir wollen nicht nur die kleinen und mittleren, sondern auch größere Projekte ausführen, wenn möglich als Generalunternehmer. Budimex wird in Polen dafür geschätzt, dass es sein Wort gegenüber Investoren hält. Als Generalunternehmer sind wir dafür bekannt, dass wir die Bauarbeiten immer zu Ende bringen und die meisten von ihnen termingerecht abschließen.
THIS: Nun ist ja schon ohne Budimex ein Mitarbeitermangel spürbar. Wo wollen Sie Ihre Mitarbeiter herbekommen?
Jacek Zwiech: Wir werden unsere eigenen Fachkräfte teilweise aus Polen holen, das ist für den Anfang das Wichtigste. Aber natürlich wollen wir auch mit den Leuten vor Ort zusammenarbeiten. Wenn wir neue Projekte generieren, müssen wir sowieso aufrüsten und mehr Fachkräfte einstellen, auch aus Deutschland und anderen Nationen. Wir werden ein Multi-Kulti-Unternehmen installieren, wenn sie so wollen.
Aus der Zusammenarbeit mit verschiedenen deutschen Baufirmen, sowohl in Polen als auch hier in Deutschland, wissen wir, dass viele Unternehmen sehr viele Ausländer beschäftigt haben. Einige Firmen beschäftigen Mitarbeiter aus 50 Nationen, das macht schon Eindruck.
THIS: Haben Sie im deutschen Markt schon Projekte betreut?
Jacek Zwiech: Ich persönlich natürlich schon, aber auch Budimex. Bislang haben wir aber nur kleinere Projekte ausgeführt. Wir haben vor kurzem auch ein sehr interessantes Projekt nahe Eberswalde gewonnen, eine Stahlbrücke. Nicht wirklich groß, aber für den Anfang schon sehr interessant. Sie wird in Stettin gefertigt, dann über den Havel-Kanal nach Eberswalde tansportiert und dort montiert.
Aber wir sind ja noch neu auf dem deutschen Markt, und stehen hier erst am Anfang. Wir hoffen schon in Kürze weitere interessante und auch größere Projekte zu bekommen, die unserer Leistungsfähigkeit entsprechen.
THIS: Gibt es da bestimmte Bereiche?
Jacek Zwiech: Ja; wir hoffen in naher Zukunft auf Aufträge im Raum Berlin und Brandenburg. Aber letztendlich wollen wir in ganz Deutschland aktiv sein, und uns überall um Projekte bewerben.
THIS: Wird es dann auch unterschiedliche Niederlassungen im Norden, Süden, Westen?
Jacek Zwiech: Das ist eine sehr gute Frage. Noch sind wir nicht so weit. Unser Sitz ist Köln, dort und im Kölner Umland haben wir rund 1200 Mitarbeiter, die im Bereich der Vorfertigung arbeiten. Wir haben in unserer Konzernstruktur auch ein gut funktionierendes Stahlbauunternehmen mit Sitz in Krakau.
Man darf nicht vergessen: Budimex ist aus Polen heraus schon seit den sechziger Jahren auf dem deutschen Markt aktiv, und jetzt eben in Form einer Deutschen Niederlassung, der Budimex AG. Das dient dazu, in erster Linie unsere Aktivitäten in den Bereichen Hoch- und Tiefbau zu intensivieren.
Wir schließen auch nicht aus, dass wir auch mit anderen Bereichen, etwa dem Eisenbahnbau, auf den deutschen Markt kommen. Wir haben in Polen sehr viele Bahnbauprojekte entwickelt, momentan bauen wir in Warschau den Westbahnhof um.
Zu den Niederlassungen: Wir haben den Hauptsitz in Köln, und im Februar dieses Jahres haben wir ein technisches Büro in Berlin eröffnet. Wir wollen von Köln und Berlin aus aktiv werden.
THIS: Sie nannten als einen Ihrer Schwerpunkte den Hochbau. Ist damit der Wohnungsbau gemeint?
Jacek Zwiech: Vielleicht ist Hochbau zu grob formuliert. Natürlich wollen wir im Wohnungsbau aktiv werden, aber auch im Industriebau. Also Hallen, ein bisschen später vielleicht auch etwas kompliziertere Projekte, etwa in der Öl-, Chemie- oder Energiebranche. Dabei gehört es zu unseren Prinzipien, immer so wenig wie möglich in die Umwelt einzugreifen. Darauf achten wir bei allen unseren Bauprojekten. Auch die Rücksichtnahme auf die Anwohner ist uns extrem wichtig.
THIS: Wir haben viel Bedarf bei Brücken, Autobahnen, Eisenbahn. Wir haben einen extrem hohen Bedarf an Wohnungsbau in Städten. Und wir haben im Bereich der Energiewende große Aufgaben, nicht nur ein Windrad hier oder da, sondern auch Stromtrassen durch Deutschland. Welcher Bereich lockt Sie am stärksten?
Jacek Zwiech: Verkehrswegebau und Brückenbau sind unsere wichtigsten Themen. In Polen bauen wir jeden vierten Autobahnkilometer und sind die Nummer eins bei den polnischen Eisenbahnen. Und, wie bereits erwähnt, wollen wir auch im Hochbau und Hallenbau aktiv sein. Budimex ist groß genug, um mehrere Bereiche zu übernehmen. Wir haben Kollegen, die schon einige Ideen entwickelt haben; es kann sein, dass sogar einige schon mit uns parallel hier in Berlin etwas bearbeiten werden.
THIS: Die meisten größeren Projekte werden durch die öffentliche Hand vergeben, Industriebau eher privat. Haben Sie Präferenzen?
Jacek Zwiech: Nein, da zählt das Projekt, nicht der Auftraggeber. Wir sind derzeit schon wie anfangs erwähnt mit einem Brückenprojekt aktiv, arbeiten also bereits für die öffentliche Hand. Das ist, was wir als Budimex aus Polen schon kennen und wo wir umfassende Erfahrung haben.
Aber klar, mit privaten Investoren wollen wir auch stärker zusammenarbeiten; mal sehen, wie sich das entwickeln wird.
THIS: Wie verteilen sich Ihre Aufträge?
Jacek Zwiech: Ganz grob liegen wir momentan etwa bei 70 zu 30 Prozent zu Gunsten der öffentlichen Investoren. Aber wie sich dieses Verhältnis weiterentwickeln wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen; das ist vielleicht noch etwas früh.
THIS: Welche Mitarbeiter-Zahl peilen Sie an?
Jacek Zwiech: Unser Team besteht derzeit aus 20 Mitarbeitern, die für unsere aktuellen Projekte als Planer und Betreuer verantwortlich sind. Diese Zahl wollen wir in diesem Jahr noch verdoppeln. Wir wollen noch drei bis vier Projekte in diesem Jahr gewinnen, das ist unser aktuelles Ziel. Für die nächsten Jahre haben wir schon deutlich größere Ziele vor uns.
Wir sind in Deutschland noch nicht in allen Bereichen so gut aufgestellt, wie wir uns das für die Zukunft vorstellen, und dann brauchen wir Subunternehmer. Aber Stahlkonstruktionen, Stahlbau können und wollen wir alleine ausführen.