Deutsche Bauindustrie
international
weiterhin gefragt
Mit einer Bauleistung von rund 32 Mrd. € haben die international aktiven deutschen Bauunternehmen im Jahr 2012 ihr Auslandsgeschäft gegenüber dem Vorjahr um 9% steigern können und einen neuen Rekordwert bei der internationalen Bauleistung erzielt. Im selben Zeitraum konnte ein internationales
Auftragsvolumen von fast 33 Mrd. € akquiriert werden.
I. Einleitung und Überblick
Das globale Bauvolumen wird zufolge einer Studie der britischen Wirtschaftsforschungsinstitute Global Construction Perspectives und Oxford Economics bis zum Jahr 2025 auf 15 Billionen US$ anwachsen. In diesem Zeitraum wird sich die Welt-Baukonjunktur weiter aus den Industrieländern in die aufstrebenden Märkte der Schwellen- und Entwicklungsländer verlagern, deren gemeinsamer Marktanteil sich von derzeit 52% auf voraussichtlich 63% erhöhen wird. Bereits 2010 hatte China die USA als weltweit größten Baumarkt abgelöst und bis 2025 soll der Anteil des chinesischen Baumarkts am globalen Bauvolumen auf 26% ansteigen. Indien wird sich hinter den USA zum drittgrößten Baumarkt der Welt entwickeln und mit einem jährlichen Wachstum von durchschnittlich 7,5% die Dynamik in China übertreffen. Demgegenüber wird sich die Baukonjunktur in Westeuropa verlangsamen, die Baumärkte in unserer Region werden der britischen Prognose zufolge 2025 um 5 % kleiner sein als im Jahr 2007.
II. Der internationale Baumarkt 2012
Im Berichtszeitraum stieg der akkumulierte internationale Bauumsatz der führenden 250 internationalen Bauunternehmen zufolge der Statistik der amerikanischen Fachzeitschrift „Engineering News-Record“ auf rund 511 Mrd. US$. Allerdings kann dieser Wert nur als grobe Richtschnur dienen, da Doppelzählungen von der ENR nicht bereinigt werden. Während die internationalen Umsätze innerhalb Europas auf dem Vorjahresniveau von 102 Mrd. US$ stagnierten und jene in Afrika mit rund 57 Mrd. US$ sogar leicht rückläufig waren, legten die internationalen Geschäftszahlen in allen anderen Weltregionen kräftig zu. So scheint in Nordamerika, wo mit einem Volumen von fast 72 Mrd. US$ der Vorjahreswert um ein Viertel übertroffen wurde, die kurze Schwächeperiode der Jahre 2009/10 endgültig überwunden. Ähnlich gut verlief die Entwicklung in Südamerika, wo erstmals ein internationales Umsatzvolumen von 50 Mrd. US$ (+ 22%) verzeichnet wurde. Auch in der Asien-Pazifik-Region stieg das internationale Umsatzvolumen um ein Viertel und mit rund 139 Mrd. US$ konnte der bislang höchste für eine einzelne Region aufgezeichnete Wert verbucht werden. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass es gerade in dieser Region zu signifikanten Mehrfachzählungen auf Grund der Konzernverflechtung zwischen den Firmen Leighton, Hochtief und Grupo ACS kommt. Die Entwicklung in der Golfregion verlief zwar nicht ganz so dynamisch wie in den vorgenannten Regionen, jedoch wurde mit einem internationalen Geschäftsvolumen von über 90 Mrd. US$ (+ 10%) der Aufwärtstrend des Vorjahres bestätigt. Interessant ist hier das hervorragende Abschneiden der koreanischen Bauindustrie, die als Gruppe mit einem Marktanteil von fast 30% die regionale Rangliste der internationalen Unternehmen anführt. Diese Spitzenposition ist auf die aggressive Akquisitionsstrategie der führenden koreanischen Industriekonglomerate wie Samsung, Hyundai und Daelim – vor allem bei schlüsselfertig zu errichtenden Bau- und Anlagenbauprojekten – zurückzuführen.
Europäische Bauindustrie wieder verstärkt in Übersee tätig
Die aktuelle Statistik des europäischen Auslandsbauverbands „European International Contractors“ (EIC), die im Gegensatz zur ENR-Statistik die Firmen des petrochemischen Anlagenbaus unberücksichtigt lässt, wird gemeinsam von den deutschen und französischen Unternehmen mit einem internationalen Umsatz von je 32 Mrd. € angeführt. An dritter Position folgen die Baufirmen aus Spanien mit gut 17 Mrd. € vor den Bauunternehmen aus Schweden mit 15 Mrd. € und aus Österreich mit 14 Mrd. €. Insgesamt verbuchten die von der EIC-Statistik erfassten 169 europäischen Baufirmen im Berichtszeitraum einen internationalen Umsatz von 167,5 Mrd. €, wovon gut 75 Mrd. € innerhalb Europas und 92 Mrd. € in den überseeischen Baumärkten erwirtschaftet wurden. Damit vollzieht die europäische Bauindustrie die beschriebene Geschäftsverlagerung in die Schwellen- und Entwicklungsländer nach. Bemerkenswert ist die rasante Geschäftsentwicklung in Lateinamerika, wo sich das Umsatzvolumen seit 2008 verdoppelt hat.
III. Deutscher Auftragseingang aus dem Ausland im Jahr 2012
Ausweislich der Auslandsbaustatistik des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie akquirierten die international aktiven deutschen Bauunternehmen mitsamt ihren lokalen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften im Berichtszeitraum einen internationalen Auftragseingang von 32,8 Mrd. €. Wie gewohnt schlugen hier in erster Linie die Auftragseingänge im Tochter- und Beteiligungsgeschäft in Australien und den USA zu Buche. Im Vergleich zum Jahr 2011 konnte das Auftragsvolumen aus den USA um beeindruckende 46% auf 9,6 Mrd. € gesteigert werden, die Orders aus Australien zogen um ein Viertel auf 18,4 Mrd. € an. Darüber hinaus verbesserte sich auf geringerem Niveau auch das Geschäftsvolumen in Lateinamerika.
Demgegenüber waren die Auftragseingänge in den übrigen Erdteilen – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß – rückläufig. In Europa sank das Ordervolumen in Anbetracht der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden Rezession in vielen Baumärkten um ein Fünftel auf rund 2,8 Mrd. €. Die größten Auftragsvolumina wurden in Polen, Österreich, Tschechien und Norwegen akquiriert. Das Ordervolumen aus Asien blieb in 2012 unterhalb der Milliardenschwelle und ging im Vergleich zum Vorjahr um fast 40% auf rund 700 Mio. € zurück. Im Fokus standen neben den Baumärkten der Golfregion auch Hongkong und Malaysia. Die Auftragseingänge in Afrika sanken auf Grund eines Rückgangs der Geschäftstätigkeit in Nordafrika um 30% auf rund 460 Mio. €.
IV. Aktuelle Themen des internationalen Baugeschäfts
Um auf internationalem Parkett weiterhin erfolgreich mitbieten zu können, benötigt die deutsche Bauindustrie auch zukünftig neben der politischen Flankierung bei Akquisition und Durchführung von Bauprojekten im Ausland die effektive Unterstützung durch das außenwirtschaftliche und entwicklungspolitische Förderinstrumentarium des Bundes. In allen drei Bereichen waren im Berichtszeitraum positive Entwicklungen zu verzeichnen.
EU-Botschafter kritisieren unfaire Bauvertragsbedingungen in Polen
Der Baumarkt in Polen ist für die Unternehmen aus der deutschen Bauindustrie der mit Abstand größte Auslandsbaumarkt innerhalb der Europäischen Union. Die unzulängliche Vergabe- und Vertragspraxis auf dem polnischen Baumarkt und insbesondere die fehlende Zahlungswilligkeit der polnischen öffentlichen Auftraggeber haben in den letzten beiden Jahren zu einer Vielzahl von Insolvenzen im polnischen Bausektor geführt. Da die EU-Kommission sich in dieser Frage bedauerlicherweise für unzuständig erklärt hat, forderten einer Initiative der deutschen Bauindustrie folgend sechs EU-Botschafter in einem gemeinsamen Schreiben die polnische Regierung auf, für ein faires Vergabe- und Bauvertragswesen in Polen zu sorgen, dass ausländische Baufirmen nicht benachteiligt. In seinem Antwortschreiben erklärte der stellvertretende polnische Ministerpräsident gegenüber den Botschaftern seine Dialogbereitschaft. Es wäre wünschenswert, wenn auf dem politischen Weg eine Lösung für die überfälligen Zahlungsverpflichtungen einiger polnischer öffentlicher Auftraggeber gefunden werden könnte.
Hermes-Deckungen für ausländische Tochtergesellschaften
Nach einer intensiven Diskussion mit der Bundesregierung zeichnet sich ein Durchbruch bei der Frage der Absicherungsmöglichkeit von Forderungen ausländischer Tochter- und Beteiligungsgesellschaften ab. Im Auftrag der Bundesregierung haben die Mandatare nunmehr ein Konzept erstellt, wonach unter bestimmten Bedingungen auch die Forderung eines ausländischen, mit dem Exporteur „verbundenen“ Unternehmens gedeckt werden kann. Gerade für das internationale Geschäft der deutschen Bauindustrie ist dies von Bedeutung, da viele Kunden häufig auf einem Vertragsschluss mit einem lokalen Unternehmen bestehen. Voraussetzungen für eine sogenannte „erweiterte Lieferantenkreditdeckung“ sind ein hinreichendes Beherrschungsverhältnis der deutschen Muttergesellschaft gegenüber dem verbundenen Unternehmen sowie die Übernahme des vollen Ausfallrisikos und der konzerninternen Gesamtverantwortung durch den deutschen Exporteur. Darüber hinaus bedarf es noch einer steuerlichen Vergleichsbetrachtung, welche Nachteile zu Lasten des deutschen Fiskus ausschließt.
Nachhaltigkeitskriterien bei FZ-Ausschreibungen
Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die KfW-Entwicklungsbank einen Leitfaden zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Ausschreibungen in Vorhaben der Finanziellen Zusammenarbeit entwickelt. Initiiert wurde die sog. „Toolbox Nachhaltige Auftragsvergaben“ durch einen vom BMZ organisierten High-Level Roundtable im Februar 2013, an dem auch die deutsche Bauindustrie teilnahm. Dort wurde festgestellt, dass eine stärkere Berücksichtigung von Qualitäts- und Lebenszyklusaspekten die Chancen der deutschen Wirtschaft insgesamt bei internationalen Ausschreibungen verbessern könnten. Daraufhin entwickelte die KfW-Entwicklungsbank unter Einbindung der Privatwirtschaft einen Leitfaden, mit dem sie ihren Kreditnehmern einen Überblick über Strategien für die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei Auftragsvergaben vermittelt. Aus Sicht der deutschen Bauindustrie ist zu begrüßen, dass der Leitfaden insbesondere auf die Bedeutung der Präqualifikationsphase hinweist. In einem zweijährigen Dialog hatten Hauptverband und KfW-Entwicklungsbank das Präqualifikationsverfahren für Bauvorhaben oberhalb eines Schwellenwerts von 50 Mio. € überarbeitet und in diesem Kontext zusätzliche PQ-Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Arbeitssicherheit, gute Unternehmensführung und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit lokalen Partnern identifiziert.⇥
Kontakt Hauptverband der Deutschen Bauindustrie