„Alte Pfade verlassen, digitale Technik zulassen“
Experten-Interview mit Wolfgang BückenDie Bauwirtschaft ist eine krisengeprüfte Branche. Ihre Arbeitsabläufe bestehen zum Teil seit Jahrzehnten und haben sich millionenfach auf unterschiedlichsten Baustellen bewährt. Warum sollten Baubetriebe nun diese Prozesse in Frage stellen?
Bücken: Um den großen Herausforderungen, vor denen die Baubranche steht, gerecht zu werden, müssen alle Beteiligten alte Pfade verlassen, umdenken und digitale Technologien zulassen. Kurz gesagt: Vor uns liegt eine Zeit voller Dynamik und Veränderungen. Gerade im Bereich Vertical Construction liegen viele Chancen – wenn man bereit ist, die jetzigen Abläufe genau zu überprüfen.
Digitale Technologien und Produkte optimieren den Workflow zum Beispiel in den Bereichen Vermessung, Bauausführung und -überwachung. Baumaßnahmen lassen sich so besser koordinieren sowie sicherer und effizienter durchführen. Baukosten können bis zu 20 % reduziert werden. Es ist ganz klar, für jedes einzelne Unternehmen stellen digitale Technologien eine entscheidende Investition dar. Aber es ist eine Investition in die Zukunft. Topcon hat den Mehrwert zahlreicher digitaler Technologien bereits in der Praxis bewiesen. Sie werden bereits vielfach eingesetzt.
Speziell kleine und mittlere Bauunternehmen haben oft wenig Erfahrung mit digitalen Technologien. Wie kann der Einstieg in die Digitalisierung gelingen? Wie könnte der erste Schritt hin zu Bauen 4.0 aussehen?
Bücken: Beim Bau von Hochhäusern, komplexen Industrieanlagen sowie öffentlichen und privaten Gebäuden kann zum Beispiel mit der Scan-Robotik-Totalstation GTL-1000 der Einstieg in das digitale Bauen gelingen. Der Investitionsaufwand ist verhältnismäßig gering. Das Einzigartige an dem Instrument ist die Kombina-tion aus Hochleistungs-Scanner und Absteckungsinstrument.
Mit dem fest integrierten Scanner erledigt die GTL-1000 die Arbeit von Zweien: die Ein-Mann-Absteckung und per Knopfdruck den 360 Grad-Bestands-Scan von einem zentralen Standpunkt aus. Die so entstandenen Messdaten sind die Basis für einen einheitlichen und in seiner Geschwindigkeit einzigartigen End-to-End-Workflow – von der Planung bis zur Überprüfung der ausgeführten Bauleis-tung. Topcon begleitet Baubetriebe als Know-how-Vermittler und Berater bei digital gesteuerten Projekten und hilft mit Softwarepartnern bei der Umsetzung der effizienten Workflows.
Nicht jedes Bauvorhaben ist ein Neubauprojekt. Wie lässt sich die digitale Technik für Projekte im Bestand einsetzen?
Bücken: Bei Bauvorhaben im Bestand wird mithilfe der Scan2BIM-Technologie ein 3D-Modell des Ist-Zustandes erstellt. Hierzu kommt entweder eine Drohne oder ein 3D-Laserscanner zum Einsatz. In jedem Fall wird das Bauwerk aus verschiedenen Positionen gescannt und anhand der so gewonnenen Punktwolke ein 3D-Modell entwickelt. Dieses Modell ist der digitale Zwilling des bestehenden Bauwerks. Von der Planung bis zum Abschluss der Baumaßnahmen entstehen so bis zu drei Varianten des digitalen Zwillings: Ist-Modell, das Plan-Modell und das As-Build-Modell.
Der dritte digitale Zwilling (As-Build-Modell) bildet sämtliche baurelevanten Details des Gebäudes digital ab und zwar exakt so, wie sie errichtet wurden. Für viele Jahre ist dieses Modell eine verlässliche Grundlage für den effizienten Betrieb des Gebäudes.Werden zum Beispiel im Rahmen einer Installations-Erneuerung neue Durchbrüche erforderlich, kann anhand des digitalen Zwillings eine garantiert kolli-sionsfreie Planung und somit reibungslose Umsetzung ausgeführt werden. Das minimiert den Planungsaufwand, schließt Folgeschäden aus und spart Zeit und Baukosten. Grundsätzlich lassen sich mit Scan2BIM erstellte Daten durchgängig nutzen. Durch die präzise Planung und Fehlervermeidung entsteht spürbar mehr Effizienz auf der Baustelle.