Anspruchsvoller Tunnelbau in Antwerpen
Schlitzwände mit GFK-Bewehrung Schöck ComBAR
Der zunehmende Frachtverkehr im Antwerpener Hafen führt auch zu einem Zuwachs im Güterverkehr per Bahn. Um dies zu kompensieren, wird derzeit das linke und rechte Schelde-Ufer mit einem zweispurigen Tunnel für Güterzüge verbunden. Das Public Private Partnership-Projekt zählt mit einer Gesamtauftragssumme von 840 Millionen Euro zu den größten Infrastruktur-Projekten Belgiens.
Es umfasst unter anderem einen doppelröhrigen Bohrtunnel. In den Schlitzwänden der beiden schildvorgetriebenen Tunnelröhren kommt im Start- und Zielschacht die Sonderbewehrung „Schöck ComBAR“ zum Einsatz. Die glasfaserverstärkte Kunststoffbewehrung eignet sich besonders gut für Schlitzwände im Tunnelbau: Aufgrund der leichten Zerspanbarkeit des Materials kann sie im Vergleich zu mit Betonstahl bewehrten Schlitzwänden wesentlich einfacher von der Tunnelbohrmaschine durchfahren werden. Die „Liefkenshoekspoorverbinding“ ist eins der bedeutendsten Projekte, um den zunehmenden Frachtverkehr im Antwerpener Hafen aufzufangen. Insbesondere der Hafenbereich am linken Flussufer wird intensiv genutzt. Der Hauptbahnknotenpunkt befindet sich jedoch auf der rechten Uferseite. Die Verbindung der beiden Schelde-Ufer erfolgt ab 2013 durch einen zweispurigen Eisenbahntunnel für den Güterverkehr. Damit wird für eine Entlastung des Kennedytunnels gesorgt und zugleich das bestehende Kapazitätsprobleme gelöst. Die Verbindung ermöglicht einen Güterverkehr per Bahn innerhalb des Hafens und verringert die Kosten für den Zugbetrieb, da die Strecke zwischen den beiden wichtigsten Hafenteilen wesentlich verkürzt wird. Das Projekt soll 2013 fertiggestellt werden und wird damit eine wichtige Verbindung zwischen den beiden Hafenbereichen an der Schelde darstellen.
Bei der Untertunnelung des Flusses Schelde werden in Schildvortrieb zwei Röhren erstellt, die eine Länge von fast sechs Kilometern und einen Innendurchmesser von 7,3 Metern haben. Zudem umfasst das Projekt mehrere Kilometer Tunnel in offener Bauweise mit tiefen Schlitzwänden und Zement-Bentonit-Wänden. Bei einer Schlitzwand handelt es sich um eine bewehrte im Untergrund betonierte Wand, die als Dichtwand für Deponien und Dämme dient oder als Stützwand beim Baugrubenverbau. Sie kann im Gegensatz zu Dichtwänden auch statische Funktionen übernehmen und eignet sich sowohl für temporäre Bauhilfskonstruktionen als auch für permanente Bauwerksbestandteile. Die Einzellamellen der Schlitzwand werden im Schutz einer Bentonit-Suspension ausgehoben. Bentonit verhindert als Stützflüssigkeit, dass Grundwasser oder Erdreich in den ausgehobenen Schlitz einbricht. Nach Einbringen des Bewehrungskorbes wird sie dann im Kontraktorverfahren durch Beton ersetzt. Die Schlitzwände des Startschachtes der Liefkenshoekspoorverbinding spielten bei der Projektausführung eine elementare Rolle, da die Tunnelbohrung davon terminlich abhängt und die erste Bohrung zügig erfolgen musste.
Schlitzwände mit Schöck ComBAR
Der Bauteile-Hersteller Schöck (Baden-Baden) präsentierte dazu eine technisch durchführbare Lösung mit der glasfaserverstärkten Kunststoffbewehrung „Schöck ComBAR“. ComBAR wird in den sogenannten Soft-Eyes der Schlitzwände des Startschachtes eingebaut. Da das Material leicht zerspanbar ist, kann es wesentlich leichter als Betonstahl von der Tunnelbohrmaschine durchörtert werden. Im Vergleich zur Stahlbewehrung sind Tunnelbohrungen somit wesentlich einfacher und wirtschaftlicher, da die GFK-Bewehrung kein Anhalten der Tunnelbohrmaschine vor der Schlitzwand bedingt. Im Falle einer Stahlbewehrung muss der Beton manuell gelöst und die Stahlbewehrung herausgebrannt werden. Ansonsten wäre ein sehr hoher Verschleiß der Schneidräder der Tunnelbohrmaschine durch den Betonstahl die Folge. Insgesamt werden für Start- und Zielschacht des Tunnels in Antwerpen 16 Schlitzwandkörbe mit Schöck ComBAR bewehrt. Zum Einsatz kommen ComBAR-Bewehrungsstäbe mit einem Durchmesser von 16 und 32 Millimetern. Für jedes Soft-Eye sind vier Körbe notwendig. Jeweils zwei Soft-Eyes sind für die beiden Tunnelröhren zu rechnen.
Projektunterstützung durch Schöck
Die Bemessung und Anordnung der Bewehrung erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Vertrieb und Engineering ComBAR von Schöck und der für die Ausführungsplanung zuständigen ARGE THV Locobouw. Die Statik wurde auf Basis eines vorangegangenen gemeinsamen Projektes berechnet, des Diabolo-Tunnels in Brüssel. Die Mitarbeit von Schöck beschränkte sich nicht nur auf die technische und ökonomische Optimierung der Bewehrungslösungen. Um die fachgerechte Montage der Körbe und ihren Einbau zu gewährleisten, waren sowohl beim Biegebetrieb als auch in Antwerpen entsprechend geschulte Mitarbeiter vor Ort und begleiteten den Einbau des ersten ComBAR-Korbes. Für den Bauherrn ein enorm wichtiger Punkt bei der Wahl des GFK-Lieferanten. „Aufgrund der positiven Erfahrung bei der Projektabwicklung des Startschachtes entschied sich der Auftraggeber auch beim Zielschacht für die Sonderbewehrung von Schöck“, erklärt der zuständige Projektleiter Dipl.-Ing. Alexander Hettler von Schöck. Die Sonderbewehrung „Schöck ComBAR“ bietet insbesondere im Tunnelbau eine kosten- und zeitsparende Alternative zur klassischen Stahlbewehrung, da sie den Einsatz von Tunnelbohrmaschinen wesentlich erleichtert. Damit trägt sie beim Tunnelbau in Antwerpen zum reibungslosen, termingerechten Projektablauf bei. Ab 2013 soll die Bahnstrecke unter der Schelde für den Güterverkehr freigegeben werden und damit die Auswirkungen des steigenden Frachtverkehrs des größten belgischen Hafens kompensieren.n