Design und Technik

Antrieb als Beweis antreten

Motoreffizienz

Design heißt nicht nur Gestaltung und Form, sondern auch Kraft und Inhalt. Immer mehr Leistung bei begrenzten Motorraum. Führende Hersteller der Baumaschinenindustrie denken über neue Antriebskonzepte auf der Basis elektro-mechanischer Energieumwandlung nach. tHIS zeigt Ihnen, in Zusammenarbeit mit der TU Dresden, wie weit die einzelnen Projekte bereits voran getrieben worden sind.

In der Vergangenheit gab es Entwicklungen in der Agrarbranche, die auch einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Baumaschinen genommen haben. Aktuell passen sich die Maschinen der „grünen“ Branche veränderten und gestiegenen Bedingungen an. Der steigende Bedarf an Biomasseerzeugung und Versorgung mit Nahrungsmitteln erfordert in Zukunft die Steigerung der Produktivität und Effizienz von Erntemaschinen. Die Notwendigkeit weiter steigende Maschinenleistung in einem limitierten Bauraum unterzubringen und die Fortschritte in der Entwicklung elektrischer Antriebe machen neue Antriebskonzepte auf der Basis elektro-mechanischer Energiewandlung möglich.

Derzeit verfügt der überwiegende Teil der selbstfahrenden landwirtschaftlichen Erntemaschinen über einen hydrostatischen Fahrantrieb. Diese Antriebsform ermöglicht die für den Prozess notwendige stufenlose Anpassung der Fahrgeschwindigkeit an unterschiedliche Erntebedingungen. Verschiedene Analysen zeigen, dass zukünftig elektro-mechanische Antriebe in mobilen Landmaschinen und Geräten zum Zweck von Effizienzsteigerungen und Funktionalitätserweiterungen zur  Produktivitätssteigerung an Bedeutung gewinnen werden. Bei Effizienzsteigerung ist zu unterscheiden in Verbesserung des Antriebswirkungsgrades und Verbesserung der Prozesseffizienz durch verbesserte Steuer- und Regelbarkeit der Antriebe.

Die grundlegende Situation in einem weiten Bereich der Baumaschinentechnik stellt sich ähnlich dar wie in der Agrarsystemtechnik. Ausnahmen bilden Großgeräte, bei denen es zur elektrisch - mechanischen Leistungswandlung aufgrund der hohen zu übertragenden Leistungen oft keine Alternative gibt, z. B. Tagebaugeräte.

Das Ziel ist die stetige Steigerung von Produktivität und Effizienz von Bau- und Baustoffmaschinen unter Berücksichtigung steigender Umweltauflagen, insbesondere im Hinblick auf die Abgasemissionen. Daher sind elektrische Antriebslösungen und elektrische Unterstützungen in Maschinen realisiert worden bzw. werden aktuell umgesetzt, in welchen die Vorteile am Besten zum Tragen kommen.

Ein häufiger verwendetes System auf dem deutschen Markt ist das „Heinzmann Hyperion“, welches konstant weiterentwickelt wurde und mittlerweile in der 3. Generation angeboten wird. Dieses System besteht aus einer PMSM, welche am SAE – Flansch des Dieselmotors verbaut wird, dem elektrischen Speicher sowie entsprechender Hard- und Software zur Steuerung und Regelung. Die PMSM dient der Unterstützung des DM bei Lastspitzen (Boost). Bei Leistungsüberschuss des DM wird der elektrische Speicher geladen. Zusätzlich kann generatorisch gebremst werden.

Ziel ist die Verringerung der in den Maschinen installierten verbrennungsmotorischen Leistung („downsizing“). Eine elektrische Leistungsübertragung im Fahrantrieb ist bisher nicht realisiert worden (Beispiele ATLAS AR 65h, AR 60h: hydrostatisches Getriebe beibehalten).

Ähnlich aufgebaut und funktionierend wie das „Heinzmann Hyperion“ sind das „PowerMela“ der Firma Sensortechnik Wiedemann (STW) und das „ERGOPOWER“ - System von ZF. Die Firma STW will sich damit im erwarteten Markt hybrider Antriebskomponenten und Komplettlösungen in einem breiten Leistungsspektrum von 10 bis 200 kW positionieren.

Eine weitere interessante Entwicklung hybrider Antriebs- und Unterstützungslösungen ist die der japanischen Firma Komatsu. Hier liegt der Schwerpunkt offenbar auf der Bewältigung großer elektrischer Energiemengen innerhalb kurzer Zeiten. Solche Betriebszustände sind von heutigen Akkumulatortechnologien nicht oder nur teilweise bewältigbar. Daher liegt der Schwerpunkt der Entwicklung bei Komatsu auf dem Gebiet der Doppelschichtkondensatoren, den sog. „supercaps“. Dies sind extrem schnelllade- und -entladefähige Kondensatoren mit hohem spezifischen Leistungen und hoher Zyklenzahl. Zudem zeichnen sich diese Kondensatoren durch einen deutlichen Gewichtsvorteil gegenüber Akkumulatoren aus. Die praktische Wartungsfreiheit der Kondensatoren erbringt Kostenvorteile in der Systemunterhaltung. Als Nachteil gegenüber Akkumulatoren ist die geringere spezifische Energie zu nennen. Daher können DSK die elektrische Energie nur über kurze Zeiträume im Sekundenbereich aufnehmen und abgeben.

Aufgaben der Wissenschaft


Ausblick und Einsicht

Die Entscheidung bezüglich des Einsatzes elektrischer Antriebe erfolgt auf Basis der Hauptfunktion der Agrar- oder Baumaschine. Bei Maschinen mit der Hauptfunktion „Fahren“ kann der Einsatz elektrischer Systeme sinnvoll sein. Dabei sollten Funktionen, wie Regelbarkeit und Wirkungsgrade, zwischen mechanischen und elektrischen Wandlern und Übertragern verglichen und bewertet werden. Bei vorwiegend langsamen Arbeitsgeschwindigkeiten kann die Beibehaltung eines mechanischen Antriebstrangs durchaus sinnvoll sein, dies betrifft z. B. Traktoren. Hier ist das Potential elektrischer Antriebe eher im Ersatz der bisher mechanischen und hydraulischen Antriebe der Anbaugeräte und ihrer Funktionsantriebe zu sehen.

Selbstfahrende Maschinen hingegen, welche durchaus größere Distanzen auch auf der öffentlichen Infrastruktur mit höheren Geschwindigkeiten bis zum Einsatzort zurücklegen, können Potenzial für den Einsatz einer elektrischen Leistungsübertragung vorweisen. Insbesondere, wenn der Antrieb bisher hydrostatisch erfolgt, bietet die elektrische Übertragung Vorteile in Bezug auf die Übertragungswirkungsgrade. Dies schließt auch das generative und damit verschleißarme Bremsen ein. Zusätzlich können die Funktionsantriebe von Maschinen dann ebenfalls elektrisch ausgeführt werden.

Bei der Analyse und Bewertung verschiedener Antriebs- und Leistungswandlungs- sowie Leistungsübertragungssysteme sollte der Aspekt der möglichen Umweltbeeinträchtigung durch hydraulische Flüssigkeiten berücksichtigt werden. Eine elektrische Lösung bietet, neben der mindestens gleich guten Steuer- und Regelbarkeit, bereits „von Hause aus“ einen Funktionsvorteil. Dazu müssen Schnittstellendefinitionen und entsprechende Normungen stattfinden. Geltende Regelungen und Vorschriften bezüglich der Sicherheit, dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung sind zu berücksichtigen, gegebenenfalls anzupassen und zu erweitern.

Wichtigster Entwicklungsschwerpunkt in allen Bereichen der elektrischen Mobilität sind die wiederaufladbaren Speicher, vorrangig die Akkumulatoren. Gerade für langlebige und robuste Maschinen der Agrar- und Baumaschinenbranche müssen Energiedichte, Zyklenzahl und die Lebensdauer von Akkumulatoren deutlich gesteigert werden.

Quellen

[1] Zahoransky, Prof. Dr.-Ing. Richard et al: „Hybrid drive system for industrial application“ 2009; http://papers.sae.org/2009-24-0061/[2] Zahoransky, Prof. Dr.-Ing. Richard et al: „Diesel-elektrischer Hybridantrieb für kommunale Arbeitsmaschinen“, http://www.iaf.fh-offenburg.de/Forschungsberichte/2011/3_8_zahoransky_hybridantrieb.pdf, 14.12.2011, 09:23[3] Komatsu Forklift U.S.A., Inc, Marketing Department, http://www.komatsuforkliftusa.com/ default.asp?upage_id=13552&apage_id=, 14.12.2011, 09:37[4] Heinzmann Hybrid Drives for On- and Off-Highway Applications (www.heinzmann.com), http://www.heinzmann.com/de/hybridantriebe/download-hybrid, hyperion_e.pdf, 13.12.2011, 13:09[5] Mecalac 12MTX Hybrid, (www.mecalac-ahlmann.com),
http://forum.bauforum24.biz/forum/index.php?showtopic=42009, 13.12.2011, 13:21
[6] Sensortechnik Wiedemann (STW), System „powerMELA“,
http://www.sensor-technik.de/images/stories/pdf/download/powermela-fw_datenblatt_de.pdf, 14.12.2011, 15:46
[7] Mitsubishi, http://www.mein-stapler.de/news/hybrid-gabelstapler-kommt/, 15.12.2011, 12:3[8] Herlitzius, Prof. Dr.-Ing. habil., „Requirements on drive technology of mobile harvesting machinery.pdf“[9] Der Bauunternehmer, Ausg. Mai 2009, S. 19, „Auf dem besten Weg zur Serienproduktion“, Verlagsgesellschaft Emminger & Partner GmbH Berlin[10] zf ergopower Hybrid, http://www.zf.com/corporate/de/products/product_range/construction_vehicles/product_highlights/ergopower/ergopower.html, 15.12.2011, 13:17
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