BIM für Straßen- und Tiefbauprojekte
Bei Max Bögl arbeitet man intensiv daran, bewährte BIM-Prozesse aus dem Infrastrukturbereich auch für Straßen- und Tiefbauprojekte aktiv voranzutreiben.
Die gesamte Bauwelt bewegt sich immer weiter in Richtung des modellorienterten Planens und Bauens. Zu den Vorreitern – nicht nur im deutschsprachigen Raum - zählt bereits seit mehreren Jahren das familiengeführte Bauunternehmen Max Bögl mit Stammhaus in Neumarkt in der Oberpfalz. Das Unternehmen zählt zwischenzeitlich zu den größten Bau-, Technologie- und Dienstleistungsunternehmen der deutschen Bauindustrie. Um dem hohen Qualitätsanspruch – auch bei komplexen Bauaufgaben – stets gerecht zu werden, ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Auftraggebern, Projektbeteiligten und Partnerfirmen fest in der Unternehmensstrategie verankert. Dazu leistet auch der Einsatz neuester Bau-IT- und BIM-Technologien einen wichtigen Beitrag.
BIM auf den Baustellen vorantreiben
Building Information Modelling (BIM) beschränkt sich längst nicht mehr auf den Hochbau: Durchgängig integrierte Bauprozesse – von der Vorplanung über die Realisation bis zur Nutzung und Wartung – können genauso bei Infrastrukturprojekten sämtlichen Projektbeteiligten Hilfestellung leisten und mehr Sicherheit, Qualität sowie Flexibilität in die Umsetzung der Bauaufgabe mit einbringen. Um BIM-Prozesse in den Bereichen des Straßen- und Entwässerungsbaus im Hause Max Bögl aktiv voranzutreiben, wurde die im Infrastrukturbereich erfahrene Evelyn Roßner mit der Aufgabe betraut, dieses durchgängige Denken als BIM-Koordinatorin in Straßen- und Tiefbauprojekte aktiv zu implementieren. „Dreidimensionale Modelle bilden die Basis für den Einsatz von BIM auf den Baustellen“, erklärt die Expertin. „Sie bringen nicht nur viele Vorteile über den gesamten Planungs- und Bauprozess hinweg, sondern machen auch bisher scheinbar Unmögliches plötzlich möglich“, führt Evelyn Roßner weiter aus.
RIB iTWO civil und iTWO 5D
für Entwässerungsmaßnahmen
Im Auftrag der Autobahndirektion Nordbayern nahm das Unternehmen eine Erneuerung der Betonfahrbahn sowie die Sanierung der Entwässerung auf einem rund zehn Kilometer langen Autobahnabschnitt auf der BAB A7 zwischen den Anschlussstellen Gollhofen und Uffenheim vor. Für dieses Projekt kamen zum ersten Mal die Funktionalitäten der RIB-Software iTWO civil für den Rohrleitungsbau im Zusammenspiel mit der Unternehmenslösung RIB iTWO 5D zum Einsatz. Die entwässerungsspezifischen Features der Software wurden für die Anforderungen solcher Maßnahmen konzipiert. Die Basis bilden Volumenkörper im Modell, die automatisch mit speziellen Attributen für die Kostenermittlung und Bauabrechnung versehen werden. Hierbei werden Tiefenstufen berücksichtigt. Im Rohrleitungsbau entstehen - je nach Tiefenstufe - beispielsweise für Verfüllungen oder Längen eines Rohres, unterschiedliche Kostenansätze. Die Volumenkörper für den Modellansatz erhalten entsprechende Attribute. Die Höhe eines Schachtringes oder der Durchmesser und das Material eines speziellen Rohrs können frei oder generisch zugewiesene Attribute eines Entwässerungsprojektes sein.
In einem Zeitraum von rund neun Monaten verbaute das Unternehmen unter anderem 20 Betonfertigteilschächte, 115 Kunststofffertigteilschächte, rd. 830 Meter Teilsickerrohr plus insgesamt rd. 5.500 Meter Mehrzweckleitungen sowie rd. 300 Meter Stahlbetonrohre. Dabei wurden das Teilsickerrohr und die Mehrzweckleitungen als längslaufende Entwässerung unter der Mulde eingebaut und die Stahlbetonrohre als Fahrbahnquerungen zum Abfluss der Mittelstreifenentwässerung und als Auslauf hergestellt. Der Auftraggeber, der ebenfalls mit den Lösungen aus dem Hause RIB Software arbeitet, stellte die Bestandsinformationen im ISYBAU-Format zur Verfügung. Die Abrechnung der Maßnahme erfolgt bei Max Bögl erstmalig mit dem erweiterten RIB-Softwareprogramm und war in einem Zeitraum von rund zwei Wochen vollständig erledigt. Evelyn Roßner schätzt, dass eine Abrechnung dieser Art von Maßnahme sogar in noch kürzerer Zeit möglich sein wird, sobald alle Mitglieder des Teams die Funktionalitäten gut kennen und mit dem BIM-Programm entsprechend vertraut sind. Ist die Abrechnung abgeschlossen, werden die neuen Daten zum Straßen-/Kanalbestand wiederum im ISYBAU-Format an den Auftraggeber übergeben, sodass ihm lückenlos sämtliche Erweiterungen und Abänderungen der Entwässerung nach Sanierung vorliegen.
Abrechnung von Tiefenstufen leichtgemacht
„Eine besondere Herausforderung stellten die Tiefenstufen dar“, erklärt die BIM-Koordinatorin. „Der Auftraggeber verlangte von uns eine Staffelung zwischen einem, 1,75 und drei Metern Tiefe. Das ist von Hand praktisch nicht abzurechen“, weiß die Expertin. Ein exakter Höhenplan wäre hierfür erforderlich, um ermitteln zu können, welche Höhe das Erdplanum genau an welchen Stationen der Entwässerung aufweist. „Der Arbeitsaufwand wäre immens und damit der Zeitaufwand“, ergänzt sie. „Kein Problem allerdings mit der iTWO-civil-Lösung, denn hier ist das Erdplanum bekannt und das Programm rechnet alle erforderlichen Höhen und Tiefen automatisch aus.“
Vorteile einer modellbasierten Arbeitsweise
Eine klare Veränderung beim Arbeiten mit BIM-Modellen im Straßen- oder Rohrleitungsbau stellt vor allem der zunächst höhere Aufwand zu Beginn eines Bauprojekts dar. So die Erfahrungen der Expertin und des Neumarkter Bauunternehmens. Denn zahlreiche Arbeitsprozesse verschieben sich in die Kalkulation bzw. in die Projektvorbereitungsphase: Aus einem unscharfen Modell der Kalkulationsphase entsteht über die Projektvorbereitung bis hin zur Ausführung ein klares Modell, welches kontinuierlich und lückenlos mit Informationen bestückt und weiter vervollständigt wird. In dieser frühen Projektphase werden somit viele Aspekte vorbereitet, die die in späteren Zyklen anfallenden Aufgaben jedoch immens erleichtern können – für alle Beteiligten. Im Rohrleitungsbau bleibt beispielsweise die Sollhöhe für die einzubauenden Schächte bis zum Projektende vollständig erhalten. Selbst wenn es Änderungen im Projektverlauf gibt, so errechnet das RIB-Programm iTWO civil diese in den Gesamtprozess mit ein, meldet sämtliche Anpassungen und macht sie für alle auf der Baustelle und in den Büros zugänglich, für die sie von Relevanz sind. „Wenn wir durchgängig modellorientiert arbeiten, so fließen stets fertige Volumenkörper in alle Folgeprozesse einer Bauaufgabe ein“, weiß Evelyn Roßner. „Das optimiert alle weiteren Aufgaben für Abrechner und Bauleiter gleichermaßen.“
Bauleitung und Bauabrechnung profitieren gleichermaßen
Frau Roßner erinnert sich, dass Bauleiter in der Vergangenheit in der Regel sämtliche Winkel zwischen einzelnen Leitungen von Hand ermittelt haben. Eine Sisyphos-Arbeit. Die durch die BIM-Methode sehr genauen Daten stehen dem Bauleiter fortan zur Verfügung und sparen ihm eine Menge Arbeit und damit auch Zeit.
Auf Seite der Abrechner sind aufgrund des modellbasierten Ansatzes alle Grundlagen bereitgestellt, die von Relevanz für die Bauabrechnung sind. Auf diese Weise können Unklarheiten und Unsicherheiten allesamt ausgeschlossen werden, was nach Erfahrung der Firma Max Bögl für eine partnerschaftliche Bauabwicklung unabdingbar wichtig ist.
Zielgerichtete Produktion und Lieferung von Fertigteilen
Für das Bauunternehmen Max Bögl ist es außerdem denkbar, dass zukünftig Fertigbauteile für die Entwässerung, wie beispielsweise Schachtringe oder Rohrteilstücke, zielgerichtet gemäß Bauablaufplanung automatisch aus dem Modell in die Produktion gehen und pünktlich zum geplanten Einbauzeitpunkt auf die Baustelle geliefert werden. Das bringt auch den Vorteil, dass keine Zwischenlagerung mehr erfolgen muss.
„Das modellorientierte Arbeiten hält in unserer Unternehmensstrategie in allen Bereichen Einzug, da wir die Vorteile klar erkennen und schon jetzt von vielen profitieren. Diesen Ansatz wollen wir für die Zukunft weiter intensivieren. Dabei unterstützen uns insbesondere auch die Softwareprogramme von RIB“, fasst die BIM-Koordinatorin und Abrechnungsexpertin für den Infrastrukturbau zusammen.