Baugrund durch
Injektionen verbessert

Im Ostflügel des Dresdner Zwingers wurde ein unterirdischer Tunnel unter geotechnisch schwierigen Bedingungen erweitert. Die erforderliche Baugrundverbesserung erfolgte durch Injektionen. Denkmalschutz, vorhandene Leitungen und der laufende Museumsbetrieb boten zusätzlich besondere Herausforderungen.

Im neuen Ausstellungskonzept für die Gemäldegalerie Alte Meister soll der Tunnel als unterirdischer Durchgang in die Ausstellung integriert werden. Dazu wurde die lichte Durchgangsbreite eines 11 m langen schmalen Installationsgangs im Ostflügel des Zwingers von knapp 1,50 m auf annähernd das Dreifache erweitert (Bild 2, 3). Der enge Arbeitsraum wurde noch zusätzlich durch Leitungen und einen Heizungskanal eingeschränkt, der wegen des laufenden Museumsbetriebs nicht einfach entfernt werden konnte. Während der gesamten Umbaumaßnahmen sollte der Museumsbetrieb unmittelbar über dem Installationsgang ungestört möglich sein. Daher konnte die Erweiterung nur in geschlossener Bauweise erfolgen. Baugrunduntersuchungen ergaben, dass die statisch relevante Auffüllung für eine senkrechte Schachtung nicht ausreichend standfest war. Mit Injektionen sollte ein eigenständig tragfähiger Bodenkörper hergestellt werden.

Bodenverfestigung durch Injektionen

Der Injektionsstoff wird direkt in die Poren von Böden oder in die Klüfte von Fels eingebracht. Durch chemische Reaktion oder physikalische Zustandsänderung erhärtet der Injektionsstoff und wird nach dem Verpressen form- und ortbeständig. Der injizierte Bodenbereich wird dadurch verfestigt und gleichzeitig abgedichtet. Injektionsverfahren, Injektionsdruck und Injektionsstoff werden nach geologischen, physikalischen und chemischen Gegebenheiten des Baugrunds sowie den zur erwartenden Wasserverhältnissen und weiteren relevanten Rahmenbedingungen ausgewählt. Zur Einschätzung des Zusammenwirkens von Untergrund und Injektionsstoff sind ausreichende Erfahrungen und Kenntnisse erforderlich. Generell gilt: Je feinkörniger und kompakter das Lockergestein und um so niedriger die Durchlässigkeit ist, desto geringer ist die Auswahl an geeigneten Injektionsstoffen.

Beim Düsenstrahlverfahren, also einer Hochdruckinjektion, wird der Baugrund mit hohem Druck von bis zu 800 bar mit einem flüssigen Injektionsstoff auf zementöser Basis durchsetzt. Die hohen Drücke können Hebungen des Baugrunds verursachen, die im historischen Gebäude des Zwingers unbedingt zu vermeiden waren. Daher waren nur Injektionen mit niedrigeren Pumpendrücken sinnvoll. Bei der Auswahl des Injektionsstoffs sind vielfältige Aspekte zu beachten. Bild 5 zeigt die Anwendungsmöglichkeiten unterschiedlicher Injektionsstoffe abhängig von der Durchlässigkeit des Bodens. Zusätzlich haben die Wasserverhältnisse einen wesentlichen Einfluss auf die Auswahl des Injektionsstoffs. So können z. B. Zementmörtel im Falle einer deutlichen Durchströmung des Baugrunds nicht angewendet werden, weil die injizierte Zementemulsion durch das Grundwasser aufgelöst wird und nicht abbinden kann. Außerdem würde durch den Mörtel weiteres Wasser in den Baugrund eingetragen, was beispielsweise bei quellfähigen Böden kritisch ist.

Injektionskonzept

Das Injektionskonzept wurde gemeinsam durch die in der Region Dresden ansässige Jähnig GmbH als ausführendes Unternehmen und die TPH Bausysteme GmbH aus Norderstedt entwickelt. Nach Bauherrenvorgaben wurde ein Bodenkörper mit einer angestrebten Festigkeit von 4 N/mm2 vorgesehen. Der Abstand der Injektionsstellen wurde unter Berücksichtigung des anstehenden Baugrunds auf 60 cm festgelegt. Die Lagen wurden untereinander horizontal versetzt angeordnet, um eine Überschneidung der einzelnen Injektionskörper zu erreichen.

Um eine standsichere Baugrubenwand zu realisieren, die gleichzeitig ein freies Abgraben ermöglicht, wurde im späteren Abbruchbereich eine reduzierte Verfestigung auf etwa die Hälfte des planmäßigen Festigkeitswerts von 4 N/mm2 konzipiert. Durch die damit verbundene Reduktion der Menge des benö­tigten Injektionsstoffs konnten die Kosten gesenkt werden.

Für die Bodenverfestigung in diesem Projekt bot sich der Einsatz von Acrylatgelen als Injektionsstoff an. Acrylatgele sind extrem niedrigviskose Injektionsstoffe aus Derivaten der Acryl- und Methacrylsäure sowie Aminen und Salzen, welche zu einem gummiartigen, flexiblen Produkt aushärten. Die Reaktionszeit lässt sich zwischen 90 Sekunden und 90 Minuten, in Abhängigkeit der Bauteil-, Umgebungs- sowie Bodentemperatur einstellen. Moderne Gele sollen aus technischer und umwelttechnischer Sicht zwingend der sogenannten 5. Generation entsprechen. Diese Gele basieren weder auf Wasserglas, noch enthalten Sie Acrylamide. Sie sind dauerbeständig, hochflexibel, grundwasserneutral und darüber hinaus sind mit Acrylat durchsetzte Böden unkritisch weiter verwendbar oder zu entsorgen. Seit dem Jahr 2008 können Acrylatgele vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) für Injektionen in den Baugrund allgemein bauaufsichtlich zugelassen werden.

Ein Beispiel einer derartigen Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung ist [3]. Stammkomponente und Katalysator bilden eine meist als aktivierte A-Komponente bezeichnete Mischung. Nach Vermischung mit einer aktivierten B-Komponente aus Wasser und Initiator im Verhältnis von 1 : 1 Volumenteilen steht eine Lösung mit einer wasserähnlichen Konsistenz zur Verfügung. Aufgrund der niedrigen Viskosität kann der Injektionsstoff leicht in den Baugrund eindringen. Eine Verpressung sehr kleiner Klüfte und Hohlräume sowie dicht gelagerter Sande oder Schluffe ähnlich der Baugrundsituation am Dresdner Zwinger ist daher mit Acrylatgelen möglich.

Acrylatgele härten zu einem elastischen Produkt aus, ohne dabei Hebungen durch etwaige Verdrängungen des Baugrunds zu erzeugen. Aufgrund des innerhalb der Gelstruktur nicht mehr frei beweglichen Wassers tritt auch keine Volumenzunahme bei Erwärmung oder Frost ein. Voruntersuchungen an Proben aus dem Bereich der Tunnelerweiterung im Zwinger dienten der Vorauswahl von Injektionsstoffen. Die Untersuchungen konnten ausschließen, dass injizierte Klüfte und Hohlräume infolge von Temperaturänderungen gesprengt und dadurch verursacht neue Wasserwege geschaffen werden.

Probeinjektionen

Zur genauen Einstellung der später benötigten Injektionsparameter und zum Eignungsnachweis des Acrylatgels wurden im November 2014 zunächst Probeinjektionen im Bereich des zu erweiternden Installationsgangs durchgeführt. Ziele waren die endgültige Auswahl des Injektionsstoffs und die hinreichend genaue Ermittlung der notwendigen Verpressmenge, um die angestrebte Festigkeit zu erreichen.

Die beiden final zur Auswahl stehenden Acrylatgele unterschieden sich hinsichtlich der Reaktionsgeschwindigkeit und im Preis [4, 5]. Das eine Gel ist zudem allgemein bauaufsichtlich zuge­lassen [3] und das andere nicht. Die in den Testfeldern gewonnenen Erkenntnisse zeigten, dass beide niedrigviskosen Acrylatgele [4, 5] trotz der variierenden Korngrößenverteilungen und Lagerungen effektiv waren. Die beiden getesteten Acrylatgele zeigten keine signifikant unterschiedlichen Ergebnisse. Daher konnte das kostengünstigere verwendet werden [5]. Als hinreichend notwendiges Injektionsvolumen wurden 80 l/m3 im Bereich des späteren Abbruchs und 100 l/m3 im Bereich der dauerhaften Bodenverfestigung definiert.

Ausführung

Von Anfang Dezember 2014 bis Anfang Februar 2015 erfolgten die Verpressarbeiten durch die Jähnig GmbH. Die Temperaturen im Arbeitsraum für das Arbeitsteam und die Injektionen waren wegen der Heizungsrohre und Elektrokabel im Installationsgang ungünstig hoch. Durch Deinstallation des Heizungskanals, Einrichtung eines Belüftungsschachts und offener Gänge und Türen konnte die Temperaturen reduziert werden. Das verbesserte die Arbeitsbedingungen und war zudem für den Injektionserfolg maßgeblich. Denn zu hohe Temperaturen hätten die Reaktion des Gels zu sehr beschleunigt und eine vollständige Füllung des geplanten Injektionsbereichs verhindert oder einen verzögernden Zusatz erfordert.

Die zum Einsatz gekommenen Rammlanzen HD 3/8 Zoll sind eine einfache Alternative zu Manschettenrohren und werden häufig in weicheren, nicht felsigen Baugründen verwendet. Sie bestehen aus i. d. R. 50 bis 100 cm langen Rohren, welche mittels Gewinde zu einem Endlosstrang verbunden werden können. Die Auslassöffnungen der Lanzenrohre müssen werkseitig projektspezifisch abgestimmt auf die Injektionsziele gebohrt und dann in den Lanzenstrang platziert werden. Derartige Lanzen sind bis zu 20 m Tiefe und für unterschiedliche Injektionsstoffe einsetzbar. (Bild 7). Über ein Anschlussstück wurden die Einzelkomponenten des Injektionsstoffs zusammengeführt und mit etwa 20 bar in die Injektionslanze gefördert. Während die Lanze nach dem Rammen wieder abschnittsweise gezogen wurde, drang der Injektionsstoff durch die ca. 4 mm großen Öffnungen in den Baugrund und penetrierte diesen. Idealerweise entstand so ein säulenartiger Verpresskörper. Üblicherweise werden pneumatisch betriebene Kolbenpumpen verwendet, die zur Vermeidung von Mischfehlern vorzugsweise zwangsfördernd ausgerüstet sein sollten und mittels eines Luftmotors beide Kolben gleichzeitig bedienen. Der Injektionsstoff wird direkt aus den Behältern abgesaugt. Anders als bei Zementpumpen sind bei solchen Injektionsgeräten Förderleistungen von 10 bis 20 l/min aufgrund der hohen Effektivität der Injektionsstoffe ausreichend.

Fazit

Trotz der kritischen Bodenverhältnisse und der sensiblen Rahmenbedingungen konnten die gestellten technischen, ökologischen, ökonomischen und baubetrieblichen Anforderungen erfüllt werden. Die angestrebten Festigkeiten wurden erreicht und ein händischer Abbruch für die Tunnelerweiterung blieb möglich. Insgesamt wurden rund 20.000 l Acrylatgel verpresst und ein verfestigter Bodenkörper mit einem ungefähren Volumen von 225 m3 hergestellt. Etwa die Hälfte des Bodenkörpers lag im späteren Abbruchbereich und wurde mit dem geringeren Injektionsstoffvolumen verpresst. Dadurch konnten etwas mehr als 10 % Injektionsstoff eingespart werden und aufgrund der geringeren Festigkeit wurde nachfolgend der Aushub erleichtert.

TPH Bausysteme GmbH

www.tph-bausysteme.com

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