Building Commissioning

Die steigende technische Ausstattung größerer Gebäude stellt hohe Anforderungen bei der Inbetriebnahme. Die Vorgehensweise des „Building Commissioning“ kann diesen Prozess verbessern.

Der Anteil an technischer Ausstattung in Gebäuden ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Diese Entwicklung ist unter anderem auf den fortwährenden technischen Fortschritt und den gestiegenen Anspruch an die technische Leistungsfähigkeit von Gebäuden zurück­zuführen. Neben vielen Vorteilen ergeben sich aber auch neue Schwierigkei­ten. Die In­be­triebnahme großer Gebäude und Gebäudekomplexe mit einer Vielzahl von gebäudetechnischen Anlagen wird immer schwieriger.

Bisherige Richtlinie

Hilfestellung dazu soll die VDI-Richtlinie 6039 liefern. Hierin werden Methoden beschrieben, die die Inbetriebnahme gebäudetechnischer Anlagen erleichtern bzw. strukturieren. In der Praxis ist die VDI-Richtlinie aber noch nicht angekommen.

Alternativ zur VDI-Richtlinie käme deshalb auch die Anwendung des „Building Commissioning“, einer artverwandten Vorgehensweise aus den USA, in Frage. Eine vor kurzem vom Institut und Lehrstuhl für Baubetrieb und Projektmanagement der RWTH Aachen University durchgeführte Studie zeigt jedoch, dass das „Building Commisioning“ in Deutschland bisher kaum bekannt ist.

Building Commissioning – Was ist das?

Building Commissioning [1] wurde in den 80er Jahren in den USA entwickelt und bis heute regelmäßig angepasst. Es handelt sich um einen systematischen Begleit-Prozess, der so früh wie möglich in einem Projekt beginnen sollte. Das Building-Commissioning-Konzept (BC-Konzept) sieht deshalb vor, dass ein Inbetriebnahme-Manager, ein sogenannter Commissioning-Agent (CxA), bereits in der Projektinitiierungsphase benannt wird. Dieser begleitet alle Projektphasen mit dem Ziel, die Inbetriebnah­me so reibungslos wie möglich zu gestalten.

Ein weiteres Ziel des Building Commissioning ist die optimale Abstimmung der gebäudetechnischen Anlagen und im Zuge dessen eine möglichst hohe Energieeffizienz des Gebäudes. Der BC-Prozess gliedert sich in Anlehnung an den Bauprozess in 4 Phasen (siehe Abbildung 1).

BC während der Projektinitiierung

Der Building Commissioning-Prozess fängt mit dem Beginn des Bauvorhabens an. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ist das Commissioning-Team zu bilden. Die Zusammensetzung des Teams ist projektspezifisch in Abhängigkeit von der Art des Bauvor­habens und abhängig von dessen Größe und Komplexität festzulegen. Üblicherweise setzt sich das Commissio­ning-Team aus dem Bauprojektleiter, dem Architekten, den Fachingenieuren, dem Betreiberpersonal, Vertre­tern des späteren Nutzers, Vertretern der ausführenden Firmen und aus einem Commissioning-Agent zusammen.

Darüber hinaus ist die Aufstellung der so genannten Owners’s Pro­ject Requirements (OPR) eine wichtige Aufgabe in der Projekt­initiierungsphase. Die OPR stellen die Anforderungen des Bauherrn bzw. späteren Nutzers dar. Im weite­ren Projektverlauf bilden die OPR die Grundlage aller zu treffenden Entscheidungen.

Der Commissioning-Plan

In Rahmen der Projektinitiierung ist zudem die Aufstellung eines vorläufigen Commissioning-Plans vorgesehen. Dieser Plan ist die Grundlage des gesamten BC-Prozesses. Neben Terminplänen enthält er eine Auflistung der Beteiligten am Commissioning-Prozess sowie deren Verantwortlichkeiten. Darüber hinaus muss er Festlegungen zu den Kommunikationswegen und eine grund­legende Beschreibung des in Betrieb zu nehmenden Systems enthalten.

Das letzte wichtige Arbeitspaket des BC-Prozesses im Rahmen der Projektinitiierung ist die Bestimmung eines Commissioning-Budgets. Das BC-Konzept unterstützt damit den Prozess der Kosten­ermittlung. So ist sichergestellt, dass die Kosten für die Inbetriebnahme frühzeitig einkalkuliert und nicht unterschätzt werden.

BC während der Objektplanung

Im Rahmen der Objektplanung dienen die Commissioning-Aktivi­täten der Sicherstellung der Anforderungen des Bauherrn. Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass die diver­sen Anforderungen des Bauherrn/Nutzers in die Verträge der Architekten und Ingenieure sowie in den Vertrag des Construction Managers integriert werden. Zudem ist der Commissioning-Agent (CxA) spätestens in der Phase der Objektplanung einzusetzen. Der CxA wird durch den Bauherrn beauftragt. Die Rolle kann von einem bauherren-eigenen Mitarbeiter oder von einem externen Ingenieur wahrgenom­men werden. In den USA hat sich die Beauftragung eines externen Fachingenieurs etabliert. Wesentlicher Vorteil dieser Vor­gehensweise ist die Unab­hängigkeit des CxA von der Planung und Ausführung.

Nach der Einsetzung des CxA hat dieser im Rahmen der Phase der Objektplanung die Aufgabe, die Basis of Design hinsichtlich der Einhaltung der Bauherren- bzw. Nutzer-Anforderungen zu überprüfen. Die Basis of Design ist hierbei mit der deutschen „Vorplanung“ vergleichbar. Ferner sieht das BC-Konzept vor, dass das Commissioning im Sinne von Inbetriebnahme bereits in der Objektplanungsphase folgende Themen klärt:

– Allgemeine Inbetriebnahmeanforderungen

– Detaillierte Zuordnung der Verantwortlichkeiten

– Commissioning-Prozess (mit detailliertem Ablaufschema und Terminplan)

– Anforderungen an die Dokumentation

– Anforderungen an Betriebs- und Instandhaltungsunterlagen

– Anforderungen an die As-built-Pläne

– Spezifikation der Testmethoden und der Abnahmekriterien

BC in der Bau- und Abschlussphase

Auch in der Bau- und Abschlussphase dienen die BC-Aktivitäten der Erfüllung der Nutzer- bzw. Bauherrenanforderungen. Dafür muss in der Bauphase sichergestellt werden, dass die in den Verträgen definierte Qualität erreicht wird. Im Wesentlichen soll dies durch Baustellenbegehungen und durch die Funktionstests erreicht werden. Der BC-Prozess sieht auch vor, dass Baustellenbegehungen mit projektspezifisch entwickelten Checklisten durchgeführt werden.

Kern des BC-Prozesses in dieser Phase bilden die Funktionstests. Sie sind letztlich auch das Herz des gesamten BC-Prozesses. Alle technischen Anlagen müssen auf Ihre Funktion hin überprüft werden. Fehlfunktionen sind detailliert zu dokumentieren. Nicht funktionierende Komponenten müssen nach der Mangelbeseitigung erneut getestet werden. Diese Schritte benötigen Zeit und Geld. Abschließend wird ein Protokoll angefertigt, welches alle Dokumente und Berichte zusammenfasst. Es dient als schriftlicher Nachweis, dass die gebäudetechnischen Anlagen installiert und dokumentiert sind.

BC nach der Objekterstellung

Die Post-Construction-Phase ist die letzte Phase des BC-Prozesses. Das wesentliche Ziel dieser Phase ist die Erhaltung der Funktionalität und der Leistungsparameter des gesamten Ge­bäu­des. Sie dauert in der Regel 12 Monate. Während dieser Phase werden weitere Prüfungen und das so genannte Seasonal Testing durchgeführt. Damit werden die Anlagen bezüglich ihrer spezifischen Gegebenheiten nochmals optimiert und mit dem Nut­zungsverhalten in Einklang gebracht. Später, vor dem Ablauf der Gewährleistung, findet dann noch ein zusätzliches Performance Review statt, um etwaige Gewährleistungsansprüche zu wahren.

Studie der RWTH Aachen

Im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts zu den Ab­schluss­pro­zessen von Bau­projekten und deren wesentlichen er­folgs­beeinflussenden Faktoren ergibt sich die Frage, ob das vor­ge­stellte Building Commissioning in der deutschen Bauwelt über­haupt bekannt ist und ob dieses Konzept in Deutschland zum Einsatz kommt.

Dazu wurde am Institut und Lehrstuhl für Baubetrieb und Projektmanagment der RWTH Aachen Univesity eine Befragung konzipiert, die diese Fragen beantworten sollte. Die Befragung erfolgte in Form von strukturierten Telefoninterviews. Im Vorfeld wurden 100 kleine, mittlere und große Baufirmen sowie Architektur- und Ingenieur­büros zufällig ausgewählt. Im vorgesehenen Erhebungszeitraum konnten 92 Ansprechpartner erreicht werden. Davon waren 71 zu einer Auskunft bereit.

Building Commissioning wenig bekannt

Zu Beginn der Befragung wurde nach dem Tätigkeitsschwerpunkt des Befragten bzw. dessen Unternehmen gefragt. Es bestand die Möglichkeit „Planen“, „Bauen“ oder „Beides“ zu wählen. Von den 44 Umfrageteilnehmern gaben 14 % an ausschließ­lich zu planen. 34 % gaben an ausschließlich zu bauen. Mehr als die Hälf­te der Teilnehmer, nämlich 52 %, gaben an, sowohl zu planen als auch zu bauen.

Die Frage nach der Bekanntheit des Commissioning-Prozesses wurde überwiegend negativ beantwortet. 95 % der Befragten kennen den Prozess nicht. Abbildung 2 stellt das Ergebnis grafisch dar. Dies macht deutlich, dass der BC-Prozess, obwohl er seit Mitte der 90er Jahre in den USA angewendet wird, den Sprung nach Deutschland noch nicht geschafft hat.

Fazit: Ungenutztes Potential

Die Befragung zeigt, dass der Building Commissioning Prozess in Deutschland kaum bekannt ist. Allerdings konnte festgestellt werden, dass sich bereits einige der Befragten Unternehmen mit einer Verbesserung des Projektabschlusses bzw. den Inbetrieb­nahme­abläufen beschäftigt haben.

Dies zeigt, dass in diesem Bereich Optimierungspotential vorhanden ist, welches aktiviert werden will. Es lohnt sich daher, den Building Commissioning-Prozess in deutsche Bauprojekte zu integrieren.

Institut für Baubetrieb und Projektmanagement

www.ibp.rwth-aachen.de/ibb

[1] Vgl. GSA, Buildung commissioning guide, 2005.
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