Damit kleben kann, was kleben soll
Verklebungen mit Kunstharzen in der grabenlosen KanalsanierungOb Anbindungen an Schächte, punktuelle Reparaturen von Haltungen per Kurzliner oder Stutzensanierung im Nachgang von Haltungssanierungen per Schlauchliner – in allen Fällen können Abdichtungen durch vollverklebende Kunstharze erfolgen.
„Die Abwasserleitung und das Schachtbauwerk sind an der Anbindungsstelle mittels üblichen Hochdruckspülgeräten zu reinigen. Die sogenannte Sielhaut im Bereich der herzustellenden Anbindung ist mechanisch zu entfernen.“ „Bei glattwandigen Innenoberflächen der schadhaften Rohrleitung bzw. schadhaften Schlauchlinern und solchen schadhaften Abwasserrohren, bei denen durch Hochdruckspülung Ablagerungen (die sogenannte „Sielhaut“) nicht in dem für das Verfahren notwendigen Maß beseitigt werden können, ist ein Oberflächenabtrag (Entfernen der „Sielhaut“) in Abhängigkeit vom Schadensbild durchzuführen.“
Diese Formulierungen, die so oder so ähnlich in allen aktuellen DIBt-Zulassungen für Abdichtungsverfahren mit Kunstharzen nachzulesen sind, bringen auf den Punkt, dass eine korrekte Untergrundvorbereitung unerlässlich ist, um eine qualitativ hochwertige Abdichtung zu erhalten.
Von Anwendern unterschiedlicher Sanierungsverfahren wird immer wieder gern diskutiert, wie gut das eine oder das andere Harz klebt, ob dieses oder jenes Material das bessere ist, oder welches Verfahren den größten Erfolg verspricht. Doch was gern vergessen wird, ist die Tatsache, dass selbst das beste Material nur so gut sein kann, wie seine Anwendung. Selbst der hochwertigste Kleber, klebt nur so gut, wie man es ihm ermöglicht. Und die angesprochene Sielhaut ist der größte Feind von Verklebungen. Deshalb reinige, wer ewig binden will…
Sielhaut – der größte Feind von Verklebungen
Im Kanalbereich stoßen die Sanierer auf verschiedene Probleme. Zuerst auf Feuchtigkeit. Diese Feuchtigkeit ist grundsätzlich eine Herausforderung für Verklebungen. Doch in diesem Bereich hat sich schon viel getan: Die modernen Kunstharze, insbesondere Epoxidharze, die hervorragende Klebeeigenschaften mitbringen, kommen mit Feuchtigkeit gut zurecht. Nur fließendes/drückendes Wasser muss vor der Sanierung beseitigt werden.
Schlimmer jedoch sind die im Abwasser enthaltenen Fette – etwa aus Spülprozessen und Reinigungsprozessen und dergleichen. Diese scheiden sich auf den Kanalwänden als Sielhaut ab. Die Sielhaut wird durch Hochdruckspülungen oberflächlich so weit entfernt, dass der Kanal beim Blick durch die Kamera einwandfrei sauber aussieht. Für die Herstellung eines Haftgrundes reicht diese optische Sauberkeit jedoch nicht aus.
Ist es schon sauber, wenn man nichts mehr sieht?
Andreas Haacker, einer der Geschäftsführer des Kunststoffprüflabors Siebert + Knipschild, präzisiert: „Das Problem ist, dass nach der Hochdruckspülung nicht sichtbare, nanometerdünne Fettschichten übrigbleiben und am Ende nicht einfach abzureinigen sind. Um zu gewährleisten, dass man einen guten Haftgrund erreicht, müssen diese Schichten durch Fräsen entfernt werden: Die Oberflächen des Altrohrmaterials müssen abgeschliffen bzw. abgefräst werden. So wird sichergestellt, dass auch die letzten hauchdünnen Fettschichten entfernt werden, damit die Verklebung am Ende sichergestellt werden kann.“
Diese Fräsarbeiten führen wiederum zu einem neuen Problem, so Haacker: „Beim Fräsen werden Frässtäube in großer Menge aufgewirbelt und die Stäube legen sich schnell wieder auf die frisch abgefräste Oberfläche. Deshalb ist es erforderlich, nach dem Fräsen mit sauberem klarem Wasser die Frässtäube zu entfernen, da auch diese eine ausgeprägte Trennschicht darstellen.“
Ein wesentliches Standbein von Siebert + Knipschild ist die Prüfung von Kanalsanierungssystemen. „Die Praxiserfahrung zeigt: Die meisten Verfahren sehen in der Kamerabefahrung am Ende sehr gut aus. Was man aber nicht sieht, sind die Vorarbeiten. Diese sind jedoch entscheidend dafür, ob die vom System angestrebte Verklebung auch erreicht wird. Daher empfehlen wir dringend, dass die Aufraggeber der Sanierungsmaßnahmen die Dokumentation der Vorarbeiten einfordern und auch prüfen. Nur dann kann sichergestellt werden, dass die Produkte nicht nur bei der Abnahme gut aussehen, sondern auch ihre Dauerhaftigkeit als Reparatursystem von 5 bis 15 Jahren erreichen – oder sogar übertreffen. Gute Verklebungen mit Epoxidharzen sind überaus dauerhaft.“
Wie wird eine gute Verklebung erreicht?
Um aufzuzeigen, wie wichtig die richtige Untergrundvorbereitung für eine sichere und dauerhafte Verklebung ist, haben wir zehn Probestücke vorbereitet und auf drei unterschiedliche Arten gereinigt. Auf diesen Probestücken haben wir Verklebungen mit Epoxidharz erstellt und diese nach dem Aushärten im Prüflabor von Siebert und Knipschild auf die Zerreißprobe gestellt bzw. einer Haftzugprüfung unterzogen. Die Haftzugprüfung ist Standard bei der Zertifizierung von Kunstharzsystemen, die verkleben sollen, und wird auch eingesetzt, um bei Baustellenproben zu kontrollieren, ob die geforderte Qualität erreicht wurde.
Der Versuchsaufbau
Um die Situation vor einer realen Sanierung zu simulieren, wurden zehn Betonwürfel auf der vorgesehenen Klebefläche mit einer dicken Schicht aus natürlichem Fett eingerieben. Drei Proben wurden gründlich mit einem Tuch gesäubert. Vier weitere hat der Anwendungstechniker mit einem Schleifgerät mit Bürstenkopf abgefräst, anschließend wurden die Frässtäube mit klarem Wasser entfernt. Die übrigen drei schließlich wurden nur mit Wasser mittels Hochdruckspülung gereinigt. Nach der ersten Reinigung sahen alle zehn Probestücke sauber – und für das bloße Auge – fettfrei aus.
Nach diesen unterschiedlichen Reinigungsschritten ging es für alle Proben wieder gleich weiter: Auf jede Probe wurde auf zwei Seiten Epoxidharz (FlexyPox) aufgetragen und in den Untergrund einmassiert, dann wurde auf die behandelte Ober- sowie auf die unberührte Unterseite jeweils ein Stempel geklebt. Nach dem Aushärten klebten alle Stempel an den Steinen, und die Proben gingen ins Labor. Dort wurden sie in ein Haftzugprüfgerät eingespannt und mit wachsender Krafteinwirkung einer Haftzugprüfung unterzogen.
Ein fast lautloses Ablösen des Harzes vom Beton bis hin zu einem satten Knall, der auch dem Laien schon rein akustisch deutlich macht: Hier ist der Beton gebrochen, nicht die Verklebung. Dies zeigt auch die anschließende Begutachtung der Proben – hier wurde unter Beweis gestellt, welchen Unterschied die entsprechende Vorarbeit macht.
Das deutliche Ergebnis war für Andreas Haacker und seine Mitarbeiter keine Überraschung: Mit Abstand die beste Verklebung erreichte die Probengruppe, bei denen die spätere Klebefläche der Probestücke angefräst und anschließend mit klarem Wasser von den Frässtäuben befreit worden war. Hier entstand sogar ein sogenannter Mischbruch, das heißt ein Bruch im mineralischen Untergrund – und zwischen Harz und Untergrund – ist entstanden. Das zeigt: Die Verklebung zwischen Epoxidharz und Untergrund war stärker als das Untergrundmaterial selbst.
Fazit
Hinter den eingangs zitierten Formulierungen in den DIBt-Zulassung steckt also der Unterschied zwischen dicht und nicht dicht, zwischen Erfolg und Misserfolg. Zwischen erfolgreicher Sanierung und immer wieder auftretenden Undichtigkeiten. Die korrekte und sorgfältige Untergrundvorbehandlung ist deshalb ein wesentlicher und unabdinglicher Bestandteil jeder Sanierungsmaßnahme, bei der eine vollständige und dauerhaften Verklebung mit dem Untergrund erreicht werden soll.
Dies gilt im Kanal zum Beispiel für die Stutzensanierung im Schalungs- und Hütchen-Verfahren, für den Einbau von Kurzlinern, die im Gegensatz zu Schlauchlinern vollständig mit dem Untergrund verkleben ebenso wie für die Sanierung von Schächten und Abwasserbauwerken etwa bei der Anbindung von Ab- und Zuläufen an das Bauwerk oder der Beschichtung von Schacht- und Bauwerkswänden und Schachthälsen.
Im Sinne langlebiger Sanierungen sollte also das Augenmerk der Auftraggeber ebenso wie der Dienstleister auf einer guten und umfassenden Untergrundvorbereitung liegen, damit das, was kleben soll, auch kleben kann.
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