Dezentrale Regenwasserbehandlung und Starkregen

Dezentrale Regenwasserbehandlungsanlagen können zur Abkopplung von Regenwasserabflüssen zu zentralen Kanalisationssystemen dienen. Hierbei sollte auch die Reinigungsleistung solch dezentraler Anlagen nicht eingeschränkt werden.

Der Deutsche Wetterdienst definiert Starkregen [1] als große Niederschlagsmengen pro Zeiteinheit. Starkregen kann zu schnell ansteigenden Wasserständen und Überschwemmungen führen, häufig einhergehend mit Bodenerosion. Der DWD warnt deswegen vor Starkregen in zwei Stufen (wenn voraussichtlich folgende Schwellenwerte überschritten werden):

– Regenmengen >= 10 mm / 1 Std. oder >= 20 mm / 6 Std.

(Markante Wetterwarnung)

– Regenmengen >= 25 mm / 1 Std. oder >= 35 mm / 6 Std.

(Unwetterwarnung)

Für die Dimensionierung von z.B. Stadtentwässerungsnetzen, Pumpwerken, Kläranlagen und Rückhaltebecken werden statistische Auswertungen zu Starkniederschlagsereignissen, KOSTRA-DWD-2000 [2], genutzt. Empfohlene Schwellenwerte für Bemessung von Entwässerungsanlagen werden entsprechend dem Stand der Technik - DIN EN 752 [3], DWA-A 118 [4] - und den lokalen Anforderungen mit ein- bis zehnjährigen Wiederkehrhäufigkeiten angegeben. Diese Schwellenwerte stellen in der Regel noch keine außergewöhnlichen Niederschlagsmengen mit Überflutungspotenzial dar. Professor Theo G. Schmitt, Kaiserslautern, [5] beschreibt den Konsens für schlagzeilenträchtige Überflutungsereignisse mit mehr als 60 mm Niederschlag in ein bis zwei Stunden. Dies sind Niederschlagsereignisse mit über 50- bis  100-jährigen Wiederkehrhäufigkeiten [6].

Ein Ausbau der unterirdischen Kanalisation wäre dafür nicht nur wenig wirksam, sondern vielmehr technisch-wirtschaftlich kaum leistbar.

Grenzen kommunaler Entwässerungssysteme

Die Kanalisationen sind in der Regel nicht dafür bemessen, alle Niederschlagsereignisse aufzunehmen. Während diese unterirdisch verbauten Systeme normalerweise kaum zusätzliche Kapazitäten über die Bemessungsgrößen hinaus aufweisen, können oberirdische Systeme zusätzlich mit Retentionsvolumina und Ableitfunktionen kombiniert werden.

Dezentrale Maßnahmen können Abflussmengen reduzieren

Durch ein ausgeklügeltes System von Sammel- und Ableitstrukturen an der Oberfläche lassen sich Straßen zu Notabfluss wegen für eine schadlose Ableitung von Sturzfluten ausbauen [7]. Dezentrale Maßnahmen, wie die Einrichtung von Versickerungsanlagen, können zur Abkopplung von Regenwasserabflüssen zu zentralen Kanalisationssystemen dienen.

Für größere versiegelte Flächen können Überflutungsnachweise z.B. nach DIN 1986-100 [8] geführt werden. Die zurückgehaltenen Wassermengen können von dort gedrosselt in Kanalnetze oder Gewässer abgeleitet werden. Nur überstausichere Systeme sollten in überflutungsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden.

Besondere Anforderungen an dezentrale Anlagen

Bei Einleitungen von Regenabflüssen in das Grundwasser oder in Oberflächengewässer gelten besondere Vorschriften und Regelwerke.

Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat für die Zulassung von dezentralen Behandlungssystemen, wie der Filterrinne Drainfix Clean, feste Grundsätze für die unterirdische Versickerung bestimmt [9]. Diesen Grundsätzen müssen alle zugelassenen Systeme ohne Überlauf genügen.

Eine zusätzliche Regelung mit reduzierten Anforderungen an hydraulische Leistung und Reinigungsleistung gibt es in Nord­rhein-Westfalen [10] [11]. Hier müssen dezentrale Anlagen auf Vergleichbarkeit zu zentralen Systemen gemäß Trennerlass geprüft und Regenüberläufe zur Überleitung behandlungsbedürftiger Niederschlagsabflüsse für eine kritische Regenspende von 15 l/(s*ha) ausgelegt werden. Bei höheren Regenspenden ist ein Überlauf erforderlich.

Das Merkblatt DWA-M 153 [12] gibt weitere Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser. Mit einem Bewertungssystem aus Belastungs-, Durchgangs- und zu erreichenden Gütewerten wird der erforderliche Qualitätszustand einer Einleitwassermenge ermittelt.

Als Bestandteil von Entwässerungssystemen sind auch die dezentralen Regenwasserbehandlungsanlagen von Überstau und Überflutung betroffen und sollten daher auch dazu erweiterten Prüfkriterien entsprechen.


Dezentrale Regenwasserbehandlungsanlagen

für Starkregen fit machen

Die Funktionsfähigkeit von Regenwasserbehandlungsanlagen sollte durch Überflutungsereignisse nicht gefährdet werden. Auf Grund der geringeren Wahrscheinlichkeiten von Starkregenereignissen basieren Zulassungsprüfverfahren dezentraler Regenwasserbehandlungsanlagen durch das DIBt bzw. gemäß Trennerlass in NRW auf vergleichsweise geringen Beschickungsintensitäten.

Starkregen birgt jedoch besonders in der Nähe von Industrieanlagen ein hohes Risiko für die Umwelt. Darum sollten sich hohe Zulaufintensitäten nicht negativ auf die Reinigungsleistung durch Remobilisierungsvorgänge (Filterspülung) auf bereits zurückgehaltene Fest- oder Schadstoffe auswirken.

Auch eine ungleichmäßige Anströmung großflächigerer bzw. linearer Filtersysteme kann zu punktuell vergleichbaren hohen Zulaufbelastungen führen. Filtersysteme sollten daher mit einem ausreichenden Filterwiderstand ausgestattet sein, um bei Regenspenden oberhalb der DIBt-Prüfregenspende von 100 l/(s*ha) eine Durchflussbegrenzung zu gewährleisten. Bei Filtern mit hohen Durchlässigkeitsbeiwerten (kf-Werten) besteht bei hohen Zulaufintensitäten die Gefahr der Remobilisierung bereits gebundener Schadstoffe.

Reinigungsleistung muss auch bei Starkregen stimmen

Filtersysteme unterscheiden sich neben den spezifischen Wirkungsweisen unterschiedlicher Filtermaterialien vor allem in der Durchlässigkeit. Diese bestimmt den Filterwiderstand und dieser zusammen mit der Filtermächtigkeit die Feststoffrückhalteleistung.

Engporige Filter bieten mit einem höheren Filterwiderstand einen trennscharfen Rückhalt von Feinpartikeln. Grobporigere Systeme mit einem geringeren Filterwiderstand führen zur Tiefenfiltration. Filtersysteme mit geringen Filterwiderständen erlauben hohe Durchflussmengen. Höhere Filterwiderstände hingegen begrenzen die Durchflussmengen.

Kommt es bei hohen Niederschlagsereignissen in Filtersystemen mit höheren Durchlässigkeiten zum Überstau, steigt die Filtergeschwindigkeit rasch an. Die Grafik auf S. 45 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Einstauhöhe und dadurch ansteigender Filtergeschwindigkeit. Je höher die Ausgangsdurchlässigkeit ist, desto stärker ist auch die Zunahme der Filtergeschwindigkeit mit der Einstauhöhe.

Bei Filtermedien mit höheren Durchlässigkeiten besteht daher die Gefahr hydraulischer Stresssituationen mit starken Austrägen bereits zurückgehaltener Schadstoffe. So sollen gemäß DWA-A 138 [13] die Durchlässigkeitsbeiwerte für die Bodenpassage im Bereich zwischen 1,0 x 10-3 m/s und 1,0 x 10-6 m/s liegen.

Ein ausreichender Filterwiderstand sorgt zudem für einen hydraulischen Ausgleich auf größeren Filteranlagen und damit für eine gleichmäßige Auslastung.

Ableitstrukturen für urbane Sturzfluten

Durch lineare Systeme können auf Entwässerungsflächen und Straßen Strukturen geschaffen werden, um Überflutungen in der Ortslage schadlos abzuleiten. Überstausichere Regenwasserbehandlungsanlagen wie die Filtersubstratrinnen Drainfix Clean erlauben durch Einbau in Flächen mit umgekehrten Dachprofilen hervorragend geeignete lineare Strukturen.

Voraussetzung hierfür ist jedoch eine Strömungstrennung. Diese wird durch die Abdeckung des Systems und durch die Höhe des Retentionsvolumens gewährleistet. Die im Straßenprofil abgeleiteten Wasserströme können zu beliebigen Einleitstellen, wie beispielsweise Grünmulden als Überlaufsystemen, geführt werden.

Retentionsvolumen als wichtiger Regenrückhalteraum

Das Retentionsvolumen für die Regenrückhaltung mit dem Filterrinnensystem  Drainfix Clean bestimmt sich über die Dimensionierung, also die Rinnenstranglänge)  und über die Oberflächengestaltung als externem Rückstauraum. Das Retentionsfilterrinnensystem selbst bietet Einstauvolumina je nach Bemessung bis weit über 60 m³ je Hektar undurchlässigen Entwässerungsflächenanteils. Bei kürzeren Rinnensträngen gemäß Bemessung für die Vergleichbarkeit zu zentralen Systemen nach Trennerlass in NRW für 15 l/(s*ha) steht immer noch ein Retentionsvolumen von 18 m³ zur Verfügung. Bei diesem Bemessungsverfahren wird grundsätzlich ein Überlauf benötigt. Dabei kann ein bestehender Straßenablauf mit Schlammfang am tiefsten Punkt des Retentionsfilterrinnenstranges zur Aufnahme überlaufenden Wassers dienen.

Hauraton GmbH & Co. KG

www.hauraton.com

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 04/2015 DRAINFIX CLEAN

Retentionsrinnenfilter auch bei Starkregen

Dipl.-Agrar-Ing. Claus Huwe, Rastatt In diesen Fällen werden zusätzliche Anforderungen zum Schutz von Grund und Oberflächengewässer an Konstruktion, Filtermedium und Schadstoffreinigungsvermögen...

mehr
Ausgabe 11/2011

Kanalisation ohne Regenwasser

Herausforderung und Chance

Dies stellt eine gewaltige Herausforderung dar, denn in diesem Zusammenhang müssen u. a. die bisher verwendeten Verfahren zur Bemessung von Wasserinfrastruktureinrichtungen so angepasst werden, dass...

mehr
Ausgabe 04/2014 DRAINFIX CLEAN

Naturnahe Behandlung von Regenwasser

Dipl.-Agr.-Ing. Claus Huwe Dipl.-Agr.-Ing. Claus Huwe  ist beim Innovationsführer Hauraton als Produktmanager und Experte für das Drainfix Clean System tätig. Die optimale Versickerung des...

mehr
Ausgabe 7-8/2011

Überflutungsvorsorge und Regenwasserbehandlung im Fokus

10. DWA-Regenwassertage in Bad Soden

Prof. Dohmann und Dr. Grau führten wie in den vergangenen Jahren durch ein hochkarätiges Tagungsprogramm, in dem aktuelle Fragestellungen aus den Bereichen Überflutungsvorsorge, zentrale und...

mehr
Ausgabe 05/2012 RINNENFILTER ENTLASTEN GRUNDWASSER

Verkehrsabflüsse fit für die Versickerung

Intensive Nutzung und Bebauung von Landflächen, stetig zunehmender Ausbau von Verkehrs-, Industrie- und Siedlungsflächen – das sind Faktoren, die den natürlichen Wasserhaushalt negativ...

mehr