Es geht um Werterhaltung!
Brauchen wir sie oder brauchen wir sie nicht? Die Rede ist von einer flächendeckenden Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen. Und wenn ja, in welchem Zeitraum? Kaum ein Thema, das in Fachkreisen derzeit so heftig die Gemüter bewegt, wie die neu entbrannte öffentliche Diskussion um die gesetzlichen Regelungen zur Grundstücksentwässerung.
Vielen Grundstückseigentümern ist gar nicht bekannt, dass die Vorsorge zur Vermeidung von Schäden an den Abwasseranlagen an ihrem Haus und auf ihrem Grundstück explizit zu ihren Eigentümerpflichten gehört. Eigentum verpflichtet bekanntlich. Von denjenigen Grundstückseigentümern aber, die sich bereits mit diesem komplexen technischen Umfeld beschäftigt haben, verstehen viele die Welt nicht mehr. Prüfen oder nicht prüfen ist hier die eine Frage. Die andere mag lauten „Ob die wohl noch ganz dicht sind?“ Hier könnten sie aber weniger die Rohre ihrer Grundstücksentwässerungsanlage im Sinn haben, als vielmehr manche politische Entscheidungsträger, die gestern noch eine flächendeckende Dichtheitsprüfung der privaten Abwasserleitungen forderten, aktuell aber wichtige Entscheidungen aussetzen und vertagen.
Dies ruft auch in Fachkreisen Unverständnis hervor, ist man sich hier doch einig: natürlich müssen auch private Abwasserleitungen dicht sein und der Weg dahin muss vom Gesetzgeber klar definiert sein. „Es bedarf klarer und sachgerechter Regelungen auch für die Überprüfung und Sanierung der privaten Leitungen. Dabei muss dem Grundwasserschutz in Wasserschutzgebieten eine hohe Priorität eingeräumt werden. Bestehende gesetzliche Standards sollten nicht aufgeweicht werden“, fordert Dipl.-Ing Otto Schaaf, Präsident der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). Genau das scheint aber mit Blick auf Bundesländer wie NRW und Hessen derzeit zu geschehen.
Grundstücksentwässerung: Politik entlastet Bürger
Schauplatz NRW: Mit den Stimmen von CDU, FDP und den Linken nahm der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des nordrhein-westfälischen Landtags am 14. Dezember 2011 einen Antrag der FDP an, der die Landesregierung auffordert, den Vollzug der Dichtheitsprüfung der privaten Abwasserkanäle, der im § 61 a Landeswassergesetz (LWG) klar geregelt ist, auszusetzen. Daraufhin hat die nordrein-westfälische Landesregierung in ihrer Kabinettssitzung vom 24. Januar 2012 einen Entwurf für eine Rechtsverordnung für die Funktionsprüfung von Abwasserleitungen vorgelegt. Die Landesregierung schlage hier eine „bürgerfreundliche Regelung vor, die gleichzeitig dem Schutz der Umwelt gerecht wird“, so Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in NRW, nach der Kabinettssitzung. Eine klare Ansage, die im Detail dann doch wieder viele Fragen offen lässt. Vor allem die Art und der Umfang der Kanaluntersuchung sowie die Prüffristen stehen hier auf dem Prüfstand. Mit der Selbstauflösung des Landtags in NRW jedoch kommen alle Beratungen zur Neuregelung der Prüfpflicht privater Abwasseranlagen zum Stillstand.
Der Rohrleitungsbauverband, rbv, reagiert mit Unverständnis auf die Aussetzung der Dichtheitsprüfung in NRW. „Das ist ein nicht nachzuvollziehender Schritt in eine völlig falsche Richtung, stellt rbv-Präsident Dipl.-Ing. Klaus Küsel unmissverständlich fest. „Die im Rohrleitungsbauverband organisierten Unternehmen befürworten nachdrücklich die Beibehaltung der Regeln des § 61 a LWG. Eine wesentliche Änderung der Kriterien oder gar eine Rücknahme würde die Wasserwirtschaft und die Bauunternehmen in Nordrhein-Westfalen nachhaltig schädigen. Auch haben viele Städte und Gemeinden bereits so genannte Fristensatzungen erlassen und Fachpersonal eingestellt“, so Küsel weiter.
(Lesen Sie hierzu im Anschluss an diese Titelstory auch das Interview mit Dipl.-Wirtsch.-Ing. Dieter Hesselmann, Geschäftsführer rbv)
Der Blick nach Hessen stimmt Leitungsbauer auch nicht zuversichtlicher. Im Rahmen der Neuen Eigenkontrollverordnung (EKVO) war hier die Überprüfung der privaten Abwasserleitungen klar geregelt. Im März dieses Jahres gab das Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bekannt, dass die nach der hessischen Eigenkontrollverordnung (EKVO) vorgesehene Dichtheitsprüfung der privaten Hausanschlüsse an den öffentlichen Abwasserkanal ausgesetzt werde. „Im Rahmen des Dialogverfahrens Standardabbau wird überprüft, ob der Nutzen der Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand steht“, so Umweltministerin Lucia Puttrich. „Eigentum verpflichtet, darüber besteht kein Zweifel. Ob die privaten Anschlüsse an den öffentlichen Kanal aber in der gleichen Weise überwacht werden müssen wie das öffentliche Kanalnetz, ist aber zu prüfen.“ so Puttrich.
Die Politik argumentiert damit, den Bürger vor augenscheinlich unverhältnismäßiger Bürokratie und unnötiger Aufwendung finanzieller Mittel zu schützen. Denn der Aufwand einer flächendeckenden Dichtheitsprüfung stehe in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen. Eine solche Betrachtungsweise vernachlässigt aber viele wichtige Aspekte bautechnischer sowie ökonomischer und ökologischer Natur.
Es gibt viel zu tun
Trotz vieler erhitzter Debatten in der aktuellen Diskussion, liegen doch einige Fakte klar auf dem Tisch. Das öffentliche Kanalsystem in Deutschland umfasst rund 541 000 km. Nach Schätzungen der Fachleute ist das Netz privater Abwasserableitungen mit 1,0 bis 1,3 Mio. km Leitungen, die unter Häusern, Garagen, Gärten, Gehwegen und Straßen schlummern, in etwa doppelt so lang wie das öffentliche Netz. Der Kenntnisstand zum aktuellen Zustand der privaten Leitungen muss allerdings eher als gering bezeichnet werden, da nur wenige Kanäle überprüft wurden. Die aktuelle Umfrage der DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. zum Zustand der Kanalisation in Deutschland zeigt , dass die Anschlusskanäle mit rund 30 % die am häufigsten genannte Schadensursache sind. Dabei wurden aber nur die unmittelbaren Anschlussbereiche erfasst, nicht die Anschlusskanäle selbst und auch nicht die Grundleitungen. Hierüber gibt es nur ganz vereinzelte Informationen. Diese lassen jedoch vermuten, dass es um sie schlecht bestellt ist und mehr als 50% der vorhandenen Anschlusskanäle undicht sind und saniert werden müssen. (Quelle: DWA, 2009)
Im Schadensfall gucken alle in die Röhre
Aus den Augen aus dem Sinn. Diese Denkweise ist zwar menschlich verständlich, aber vielfach leider sehr kurzsichtig. So ist es zwar nachvollziehbar, dass sich viele Hauseigentümer gedanklich viel intensiver mit der Gestaltung ihres Vorgartens oder mit der Pflasterung ihrer Terrasse beschäftigen als mit dem Zustand Ihrer Grundstücksentwässerungsanlage. Wie wichtig aber eine funktionierende Abwasserbeseitigung ist, wird vielerorts erst klar, wenn diese einmal nicht mehr funktioniert. Wenn aufgrund einer Verstopfung kein Abwasser mehr abfließt oder gar der Keller überflutet wird. Bei starken Regenfällen steigt zudem das Rückstaurisiko in Kellerräumen. Die Schäden am Haus können aber noch nachhaltiger sein. Dies ist vielen Eigentümern nicht bewusst. Sind die Grundleitungen schadhaft, kann nicht nur Grundwasser in die im Erdreich eingebauten Leitungen eingespült werden. Dieses sogenannte Fremdwasser infolge von Infiltration beeinflusst die Leistungen der Kanäle und Kläranlagen negativ. Fremdwasser verursacht einen erhöhten Energie- und Kosteneinsatz bei der Abwasserreinigung. Wenn zusätzlich Erdreich oder Sand aus dem Umfeld der Leitungen eingespült wird, gefährdet das die Standsicherheit der Leitungen bis hin zu einem möglichen Zusammenbruch. Bilden sich größere Hohlräume, kann dies im Extremfall zu Absackungen führen und auch die Standsicherheit angrenzender Gebäudeteile in Gefahr bringen oder Straßeneinbrüche nach sich ziehen. (Quelle: DWA) Defekte Grundleitungen belasten also nicht nur kommunale Haushalte, sie können letztendlich zu einer Vernässung von Gebäudewänden, zur Einsturzgefahr und somit in der Folge zu einer Wertminderung der Immobilie führen. Ein Schreckensszenario für alle Hauseigentümer. Früh erkannte kleinere Undichtigkeiten hingegen können schnell und relativ günstig behoben werden. Laut DWA liegen die Kosten für die Untersuchung kleinerer Anlagen zwischen 300 und 550 €.
Auch zu Lasten der Umwelt?
Die Umwelteinwirkungen undichter Grundstücksentwässerungsanlagen werden intensiv diskutiert, sind derzeit aber noch nicht abschließend geklärt. Aber auch hier sind einige Fakten nicht von der Hand zu weisen. Häusliches Abwasser enthält coliforme Keime, Haushaltschemikalien und Medikamentenrückstände, die, wenn sie in das Grundwasser gelangen, ein Risiko für den Menschen darstellen. Hier geht es um nachhaltigen Boden- und Gewässerschutz. Ein Bewusstsein für diese Gefährdung scheint jedoch vielfach kaum vorhanden. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass das Grundwasser einen besonderen Schutz verdient, da über 60 % unseres Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen wird.
Praxis Grundstücksentwässerung
Grundstücksentwässerungsanlagen sollten also nach Maßgabe aller Fakten dicht sein, denn undichte Leitungen verschmutzen das Grundwasser, schädigen unsere Umwelt und verursachen Kosten im privaten und kommunalen Umfeld. Deshalb besteht Handlungsbedarf. Tausende Kilometer privater Leitungsnetze müssen überprüft und gegebenenfalls saniert und erneuert werden. „Dies ist ein Unterfangen, bei dem der Laie auf fachkundigen Rat, zuverlässige Baupartner und leistungsstarke Produkte angewiesen ist“, so Dieter Jungmann, Leiter Geschäftsbereich Tiefbau bei der Funke Kunststoffe GmbH. „Wir empfehlen deshalb jedem Grundstücksbesitzer, sich vor Beginn einer Überprüfung der Abwasserleitung und der eventuell daraus folgenden Sanierungs-. bzw. Erneuerungsarbeiten auf seinem Grundstück fachlichen Rat einzuholen. Zum Beispiel auf dem Tiefbauamt seiner Gemeinde. Hier gibt es fachkundige Ansprechpartner und auch umfangreiches Informationsmaterial. Angefangen bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Bundeslandes, über die Auswahl eines geeigneten Unternehmens für die Durchführung der Dichtheitsprüfung bis hin zur Beratung im Sanierungsfall. Mittlerweile gibt es bereits viele Kommunen, die auf die Bürger zugehen und gemeinsam Lösungen vorschlagen“, so Dieter Jungmann weiter.
Dichtheit – Am Anfang steht die Überprüfung
Da Erscheinungsbild, Ausmaß und Ursache der Schäden, aber auch die betrieblichen Anforderungen an den Kanal sehr unterschiedlich sind, kommt der richtigen Auswahl des einzusetzenden Verfahrens zur Schadensbehebung eine große Bedeutung zu. Zunächst muss ein Kanal jedoch inspiziert und auf seine Dichtheit hin überprüft werden. Nach DIN 1986-30 wird bei einer Dichtheitsprüfung zwischen einer optischen und einer physikalischen Dichtheitsprüfung unterschieden. Bei einer optischen Dichtheitsprüfung handelt es sich um eine Inspektion der Abwasserleitungen mit Hilfe einer TV-Kamera. Nach der fachgerechten Reinigung der Grund- und Anschlussleitungen stellt ein sachkundiger Prüfer fest, ob zum Beispiel sichtbare Schäden vorhanden sind oder ob Grundwasser in die Leitungen eindringt. Wird eine optische Dichtheitsprüfung als nicht ausreichend bewertet muss eine physikalische Dichtheitsprüfung durchgeführt werden (DIN 1986, Teil 30). Bei der physikalischen Dichtheitsprüfung unterscheidet man zwischen der sogenannten „L“ Prüfung mit Luft oder einer „W“ Prüfung mit Wasser. Die Anforderungen an die Dichtheitsprüfung sind unter anderem in der DIN EN 1610 „Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und –kanälen“ sowie in dem Arbeitsblatt DWA –A 139 „Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen und –kanälen“ geregelt. Das Ergebnis der Dichtheitsprüfung wird dokumentiert. Der Grundstückseigentümer erhält dann eine so genannte „Bescheinigung zur Dichtheit“. Ist die Leitung undicht, sprich Boden und Grundwasser können Schaden nehmen – kann die Bescheinigung nicht ausgestellt werden. Das vorliegende Untersuchungsmaterial dient dann als Grundlage für die Ausarbeitung von Sanierungsvorschlägen.
Ein klares Konzept sorgt für eine wirtschaftliche Lösung
Eine langfristig tragfähige und wirtschaftliche Lösung liegt im Interesse aller Beteiligten. Die im Rahmen der Inspektion festgestellten Schäden können sowohl in offener oder in geschlossener Bauweise (grabenlos) repariert werden. Die komplette Erneuerung eines Hausanschlusses ist dann fällig, wenn eine Reparatur oder Renovierung auf Grund umfangreicher Schäden oder auf Grund einer unzugänglichen oder fehlenden Revisionsöffnung nicht mehr möglich oder ausreichend ist. „Ist die Entscheidung für eine Neuverlegung der Hausanschlussleitungen gefallen, gilt es, die geeigneten Baupartner zu finden, die mit dem entsprechend ausgebildeten Fachpersonal und dem notwendigen Equipment in der Lage sind, die erforderlichen Arbeiten sach- und fachgerecht auszuführen,“, so Dieter Jungmann. „Die Funke Kunststoffe GmbH bietet hier rund um den gesamten Funktionsbereich Grundstücksentwässerung viele bautechnisch ausgeklügelte Systemlösungen an.“
„Wir wollen Werte schaffen“
Ein starker Baupartner mit der nachgewiesenen Sach- und Fachkunde ist die Alois Nüßing GmbH & Co. KG. Das im Straßen- und Tiefbau sowie im Kabel- und Rohrleitungsbau und in der Abwassertechnik tätige Familienunternehmen mit Standorten in Warendorf-Freckenhorst und Drensteinfurt beschäftigt 75 Mitarbeiter. Andreas Nüßing, der gemeinsam mit seinem Vater das Unternehmen leitet, verfügt über die vom Land NRW geforderte Sachkunde zur Dichtheitsprüfung. Er weiß jedoch nicht nur um die bautechnischen Probleme rund um das Thema Dichtheitsprüfung und Grundstücksentwässerung. Im Kontakt mit den Hauseigentümern ist oft auch Fingerspitzengefühl gefordert. „Wir wollen Werte für unsere Kunden schaffen. Uns ist daran gelegen, die betroffenen Hauseigentümer best möglich bautechnisch zu beraten, damit es in Folge einer defekten Grundstücksentwässerungsanlage nicht auch noch zu Schäden am Gebäude, an der Zufahrt oder am Keller kommt. Diese Zusammenhänge sind Hauseigentümern oft nicht bekannt. Und wenn der Kanal einmal eingestürzt ist, ist es für eine Sanierung mit Inliner natürlich zu spät“, so Andreas Nüßing.
Die Alois Nüßing GmbH & Co. KG hat eher vorsichtig in das Geschäftsfeld Dichtheitsprüfung investiert, sowohl in personeller Hinsicht als auch in Bezug auf die technische Ausrüstung. Darüber ist Andreas Nüßing nun sehr froh. Die abbiegefähige Kamera und der Spülwagen, die angeschafft wurden, werden für das Kerngeschäft des Unternehmens gleichermaßen benötigt. Er weiß aber um die hohen Investitionen anderer Marktteilnehmer, für die die momentan unsichere Situation sehr schwierig ist. „Wir sind froh, dass die schwammige rechtliche und politische Lage uns nur schwach trifft. Allerdings ist es sehr ärgerlich, eine ganze Menge Zeit und Energie „verschwendet“ zu haben, so Andreas Nüßing..
Wo geht der Weg hin?
In einem Punkt sind sich die meisten Fachleute einig: unsere unterirdische Infrastruktur stellt ein unermesslich wertvolles volkswirtschaftliches Gut dar. Somit ist es weder volkswirtschaftlich noch aus Sicht des Umweltschutzes vertretbar die erdeingebauten Grundstücksentwässerungsanlagen und damit geschaffene Werte der gesamten Infrastruktur durch mangelhafte Wartung und unterlassenen Unterhaltung verfallen zu lassen. Dies liegt weder im Interesse der Kommunen und noch weniger im Interesse der privaten Betreiber solcher Anlagen, der Hauseigentümer. Viele Fachleute beklagen, dass die Verlässlichkeit in die Politik in der derzeit schwierigen Situation verloren gegangen sei. Fest steht, die Zustandserfassung der privaten Zuleitungskanäle hinkt der der öffentlichen Kanäle hinterher. Hauseigentümer tun sich schwer, ihrer gesetzlichen Pflicht zur Überprüfung nachzukommen. In dieser schwierigen Situation müssen nachhaltige Lösungen gefunden werden, die sowohl für Hauseigentümer und Kommunen akzeptabel sind. Ein Schritt in eine solche Richtung ist sicherlich – wie es viele Fachleute fordern – die Überprüfung und Sanierung öffentlicher Kanäle und privater Kanäle nicht isoliert voneinander zu betrachten. Aber auch Fristen müssen klar geregelt werden, bestehende Umsetzungsdefizite müssen beseitigt werden, um eine dauerhaft dichte unterirdische Infrastruktur – im privaten wie im öffentlichen Bereich – zu gewährleisten. Ein wichtiger Schritt zu mehr Qualität in der Grundstücksentwässerung ist hierbei sicherlich die vor gut einem Jahr gegründet Gütegemeinschaft Güteschutz Grundstücksentwässerung. Ziel dieser neuen Gütegemeinschaft ist die Verbesserung der Qualität von Anlagen der Grundstücksentwässerung und insbesondere die Vermeidung von eventuellen Verunreinigungen von Grundwasser, Gewässern und Boden durch undichte Anlagen.
Letztendlich ist der Sachverhalt der Dichtheitsprüfung eigentlich eindeutig geregelt. Denn allem voran verpflichtet das bundesweit geltende Wasserhaushaltsgesetz, WHG, dessen letzte Fassung im März 2010 in Kraft getreten ist, ausdrücklich auch die privaten Grundstückseigentümer zur Inspektion und ggfs. zur Sanierung ihrer Leitungen und Schächte – bundesweit. Hier ist im § 60 (1) klar definiert: „Abwasseranlagen sind so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Im Übrigen dürfen Abwasseranlagen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden.“ Als allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten die einschlägigen Normen DIN und DIN EN sowie Regelwerke der DWA oder anderer Fachverbände. Und § 61 (2) nimmt hierbei auch ganz klar die privaten Betreiber von Abwasseranlagen in die Pflicht. „Wer eine Abwasseranlage betreibt, ist verpflichtet, ihren Zustand, ihre Funktionsfähigkeit, ihre Unterhaltung und ihren Betrieb sowie Art und Menge des Abwassers und der Abwasserinhaltsstoffe selbst zu überwachen. Er hat nach Maßgabe einer Rechtsverordnung nach Absatz 3 hierüber Aufzeichnungen anzufertigen, aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen.“ (Quelle: WHG)
Anlässlich des 3. Deutschen Tags der Grundstücksentwässerung am 25. Mai 2011 in Dortmund, präsentierte Dipl.-Ök. Roland W. Waniek vom IKT, Institut Unterirdische Infrastruktur, Gelsenkirchen, die folgenden Fakten.
– es gibt 47,5 Mio. Gebäude auf 20,5 Mio. Grundstücken bundesweit
– für eine Dichtheitsprüfung aller privaten Abwasserleitungen in Deutschland wären rund 14 bis 24 Mrd. € aufzuwenden
– 100 bis 200 Mrd € wären in der Folge für eine Sanierung der Schäden aufzuwenden
– hiermit käme man auf ein maximales Gesamtvolumen von 224 Mrd. €
– 300 – 500 € müssen pro Gebäude für eine Dichtheitsprüfung aufgewandt werden
– 3000 bis 6000 € Sanierungskosen werden pro Gebäude anfallen (Quelle: IKT, 2011)
– defekte Muffen
– kaputte Dichtungen
– Wurzeleinwuchs
– Risse
– Scherbenbildung
Grundleitung bezeichnet den Teil des privaten Abwassernetzes auf dem Grundstück bis zum Revisionsschacht. Für die Prüfung und Instandhaltung dieses privaten Leitungsnetzes ist der Hauseigentümer verantwortlich.
Anschlusskanal: bezeichnet den Abschnitt der Abwasserleitung vom Revisionsschacht bis hin zum öffentlichen Kanal. Für den Anschlusskanal zwischen Grundstücksgrenze und öffentlichem Kanal existiert keine einheitliche Regelung, weder bundes- noch landesweit. Die Verantwortlichkeit hier regeln die Kommunen vielfach in ihren eigenen Entwässerungssatzungen.