Gegen den Fachkräftemangel
In der Bauwirtschaft macht sich zunehmend ein Mangel an Fachkräften
bemerkbar. Insbesondere offene Stellen für Bauingenieure sind nur schwer zu besetzen. Vor dem Hintergrund der Altersstruktur der
Beschäftigten ist mittelfristig mit keiner echten Entspannung zu rechnen.
Neben dem universitären Bauingenieursstudium sollten Betriebe wie Beschäftigte daher auch ein duales Studium in Erwägung ziehen, das sich bereits reger Beliebtheit erfreut und von Soka-Bau gefördert wird.
Die Bauberufe zählen zwar noch nicht zu den sogenannten Mangelberufen und stehen auch noch nicht im Fokus der Bestrebungen der Bundesagentur für Arbeit, die zurzeit beispielsweise versucht, Altenpfleger aus dem Ausland zu gewinnen. Die Besetzung neuer Stellen dauert in einigen Bauberufen mit drei Monaten aber schon heute länger als im Branchendurchschnitt (2,5 Monate). Dies gilt insbesondere für neu gemeldete offene Stellen für Bauingenieure (1). Der jüngst zu verzeichnende Anstieg der Zahl der Studienanfänger und Absolventen im Bauingenieurwesen ist zwar positiv zu bewerten, aber nicht ausreichend, um den absehbaren Mangel an Bauingenieuren zu beheben. Denn zum einen ist die Abbrecherquote im Bauingenieurwesen nach wie vor hoch, zum anderen ist auf mittlere Sicht ohnehin mit einer steigenden Zahl von Bauingenieuren zu rechnen, die altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
Eine Alternative zum herkömmlichen (rein) universitären Studium des Bauingenieurwesens ist das sogenannte duale Studium, bei dem gleichzeitig neben dem theoretischen Studienteil an der Fachhochschule oder Universität eine praktische Ausbildung in einem Unternehmen durchlaufen wird, im Regelfall sogar (neben dem Studienabschluss) mit qualifizierendem Berufsabschluss. Duale Studiengänge erfreuen sich in den vergangenen Jahren zunehmender Beliebtheit. Zum einen bieten sie Unternehmen die Möglichkeit, Arbeitskräfte im Rahmen der praktischen Ausbildung bereits frühzeitig an sich zu binden und somit dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Zum anderen bietet sich für die Absolventen die Möglichkeit, bereits während des Studiums intensiv praktische Erfahrungen zu sammeln, aber auch Geld zu verdienen.
Duale Studiengänge gewinnen an Bedeutung
Die ersten dualen Studiengänge gab es bereits in den 1970er Jahren, sprunghaft angestiegen ist ihre Zahl allerdings erst zu Beginn des neuen Jahrtausends. So hat sich laut der Statistik des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) die Zahl dualer Studiengänge zwischen 2004 und 2011 von 512 auf 929 verdoppelt (2). Die Zahl der Studienanfänger in dualen Studiengängen hat sich allein zwischen 2006 und 2008 mehr als verfünffacht, im Jahr 2011 haben rund 21.000 Studenten ein duales Studium begonnen. Obgleich in Deutschland schon seit Jahren ein genereller Trend zur Hochschulbildung festzustellen ist, steigt die Zahl der Studienanfänger im dualen Studium stärker als in herkömmlichen Studiengängen. So ist die Zahl der Studienanfänger im dualen Studium zwischen 2006 und 2011 um mehr als 800% gestiegen, in herkömmlichen Studiengängen lediglich um 150%. Mittlerweile machen Studenten im dualen Studium rund 5% der gesamten Studienanfänger aus. Was die Studiengänge angeht, sind die Wirtschaftswissenschaften nach wie vor am beliebtesten und machen über ein Drittel der mehr als 900 dualen Studiengänge aus. Allerdings wachsen die Ingenieurstudiengänge überdurchschnittlich. Allein im vergangenen Jahr hat die Zahl der Studiengänge im Ingenieurwesen um 29% zugenommen, die im Wirtschaftsingenieurwesen um 20% (3).
Bauingenieurwesen mit überproportionalem Anstieg der Studienanfänger
Auch das Bauingenieurwesen wächst als Fachrichtung stärker als die Zahl aller dualen Studiengänge. Seit 2004 ist die Zahl der Studiengänge um rund 150% gestiegen, die aller dualen Studiengänge lediglich um 80%. Allein im vergangenen Jahr hat die Anzahl dualer Studiengänge im Bauingenieurwesen um 16% zugenommen. Das Bauingenieurwesen stellt damit im Moment den sechsthäufigsten dualen Studiengang dar. Parallel dazu ist die Zahl der Studienanfänger gestiegen, im Vergleich mit Studienanfängern im Wirtschaftsingenieurwesen sogar stärker.
Im Gegensatz zu herkömmlichen (Vollzeit-)Studiengängen, bei denen sich das Angebot an Absolventen oft unabhängig von der Nachfrage der Unternehmen entwickelt, ist dies bei dualen Studiengängen nicht der Fall. Schließlich ist für den Beginn des dualen Studiums die Beschäftigung in einem Unternehmen zwingende Voraussetzung. Der starke Anstieg der Zahl der Studienanfänger lässt sich demnach durch die gestiegene Nachfrage der Unternehmen nach praxisorientierter universitärer Ausbildung erklären. Dies schlägt sich auch im Vergleich zum herkömmlichen Vollzeitstudium in einem weitaus stärkeren Anstieg der Studentenzahlen nieder.
Duales Studium mit vielen Vorteilen
Für Bauunternehmen und Studenten ergeben sich durch das duale Studium mehrere Vorteile. Studenten profitieren von der starken Praxisorientierung, was sich in der Regel in einem zusätzlichen Abschluss in einem anerkennten Bauausbildungsberuf niederschlägt. Darüber hinaus entsteht eine frühe Bindung an ein Bauunternehmen. Schließlich scheint im Gegensatz zum herkömmlichen Uni-Studium Bauingenieurwesen das „Frustpotential“ im dualen Studium deutlich geringer zu sein. Zumindest sind die Abbruchquoten an Fachhochschulen bereits deutlich geringer als an Universitäten und der vorzeitige Abbruch des Studiums kann als ein notorisches Problem der Ingenieurwissenschaften bezeichnet werden (4).
Die Baubetriebe profitieren von der möglichen Förderung durch Soka-Bau. Grundsätzlich werden duale Studiengänge gefördert, die neben dem Studienabschluss einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf vermitteln (sogenannte ausbildungsintegrierende duale Studiengänge). Die Förderung, die auf der Grundlage des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über die Berufsausbildung im Baugewerbe (BBTV) erfolgt, besteht dabei aus der teilweisen Erstattung der Ausbildungsvergütung sowie der Übernahme der Kosten für überbetriebliche Ausbildung (5). Die Liste der derzeit geförderten Studiengänge kann im Internet abgerufen werden (6).
Mit der Förderung des dualen Studiums wird dem erhöhten Bedarf der Betriebe an qualifiziertem Fachpersonal Rechnung getragen. Angesichts der skizzierten Vorteile des dualen Studiums sollten Unternehmen – gemeinsam mit ihren Beschäftigten oder im Zuge von Neueinstellungen – auch diese Option nutzen, um „demografiefest“ zu werden.
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