Globale Probleme regional anpacken
33. Oldenburger RohrleitungsforumDas traditionelle Treffen der Tiefbau-Experten in der Jade-Hochschule in Oldenburg hatte an den drei Tagen ein bestimmendes Thema: die Folgen des globalen Klimawandels wie Starkregen oder Überschwemmungen.
Rund 3.500 Besucher aus dem In- und Ausland sowie 400 Aussteller und 145 Referenten und Moderatoren bildeten den Rahmen für das 33. Rohrleitungsforum, initiiert vom Institut für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg. Eine Veranstaltung, die die Verantwortlichen wie gewohnt an ihre Kapazitätsgrenzen brachte. „Das macht aber auch das gewisse Flair in Oldenburg aus“, meinte Organisator Professor Thomas Wegener augenzwinkernd. „Wir bieten in der Hochschule und den engen Gängen wirklich eine etwas andere Art an.“ Da schloss sich auch Bernd Bathke, Leiter Werbung, Direktmarketing und Veranstaltungen bei der Büdelsdorfer Firma ACO, gerne an. „Das Forum besitzt eine ganz besondere, eigene Atmosphäre. Es macht ungeheuren Spaß hier zu sein. Die Fach-Gespräche verlaufen allesamt zwar entspannt, aber äußerst konstruktiv.“
Marktplatz der Meinungen
Hitzewellen und Trinkwasserknappheit sowie Starkregen und Überschwemmungen – diese Wetterextreme sind einige der Folgen des globalen Klimawandels. Dementsprechend handelten viele der diesjährigen Referate von Trinkwasser und Abwasser beziehungsweise den entsprechenden Netzen und deren Beeinflussung. Dies bildete gleichsam den inhaltlichen roten Faden einer Diskussion, die durch die Wetterentwicklung in Mitteleuropa und in Deutschland im vergangenen Jahr besonders aktuell geworden ist. Der lange und warme Sommer 2018 führte in einigen Gebieten zu erheblichen Ernteeinbußen in der Landwirtschaft, mancherorts gab es auch Beeinträchtigungen der Trinkwasserversorgung – ein Sachverhalt, dessen konkrete Auswirkungen auf die Arbeit von Kommunen und Netzbetreibern vorgestellt wurden.
Eröffnung im ehemaligen Landtag
Bereits am Vorabend während der offiziellen Eröffnung des Forums im ehemaligen Plenarsaal des Oldenburger Landtages, unterstrichen Professorin Daniela Jacob, Direktorin des Climate Service Center Germany, Dr.-Ing. Dirk Waider, Mitglied des Vorstands der Gelsenwasser AG und Vizepräsident Wasser des DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V., sowie Dipl.-Kfm. Karsten Specht, Geschäftsführer und Sprecher des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV) und Vizepräsident Wasser des Verbandes Kommunaler Unternehmen, die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf die unterirdische Infrastruktur. Dazu Daniela Jacob: „Die Auswirkungen des Klimawandels sind deutlich spürbar und sichtbar. Wir müssen etwas tun. Doch muss dafür auch der politische Wille vorhanden sein. Den sehe ich bisher jedoch nicht.“ Zudem gab Karsten Specht zu bedenken, dass viele der „globalen Themen regionale Auswirkungen haben und diese vor Ort angepackt werden müssen“.
Probleme Wasserbedarf und Regenwasseraufkommen
Mit Blick auf die Entwicklung – insbesondere die Zunahme von Hitzewellen und Trinkwasserknappheit, Starkregen und Überschwemmungen – sehen Experten Stress für die Rohrleitungen voraus. Stress, der letztendlich auch auf die Netzbetreiber zukommt. In Mitteleuropa muss schon heute mit einer sehr großen Variabilität von Wasserbedarf und Regenwasseraufkommen gerechnet werden – auch hierin sind sich die Fachleute einig. Unter anderem gilt es, leitungsgebundene Infrastrukturen und kommunale Entwässerungssysteme wassersensibel anzupassen und konstruktiv auf den Wechsel zwischen lange anhaltenden Trockenperioden und punktuell auftretenden Starkregenereignisse einzustellen.
Praxisberichte und Forschungsvorhaben
Strategische Anpassungsplanung an die zu erwartenden Veränderungen, so beispielsweise Möglichkeiten der Optimierung des Netzbetriebs in Form von weiterer Vernetzung und Digitalisierung wurden ebenso vorgestellt, wie aktuelle Forschungsvorhaben oder die Praxiserfahrungen von kommunalen Netzbetreibern wie Hamburg Wasser oder dem Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband in Brake, der ebenso wie viele andere Versorger in Deutschland die Folgen des so genannten Jahrhundertsommers 2018 im wahrsten Sinne des Wortes auszubaden hatte. Ein Wandel in der Nachfrageentwicklung hatte eine veränderte Auslastung des Versorgungssystems zur Folge, so ein Sprecher des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes. Mehrere Jahre in Folge mit ähnlichen Wetterkapriolen würden die Wasserversorger an die Grenzen ihrer Leitungsfähigkeit bringen, so der Tenor.
Vor diesem Hintergrund sind Versorger und Entsorger gut beraten, sich auf die unterschiedlichen Szenarien vorzubereiten und einen möglichen Plan B in der Schublade zu haben. Voraussetzung hierfür ist nicht zuletzt das gemeinsame Ziehen an einem Strang von Politik und Gesellschaft, Wissenschaftlern vieler Fachrichtungen, Stadtplanern und Netzbetreibern. Wie mögliche interdisziplinäre Lösungen aussehen könnten, dafür lieferten Vorträge und Diskussionen viele Impulse.