Grundlagen der Abwasserwärmenutzung

Rezension von Klaus W. König, www.klauswkoenig.com

Akteure der Abwasserwärmenutzung müssen interdisziplinär handeln, wollen sie das sehr große, nicht ausgeschöpfte Potential, das sich im Abwasser befindet, erschließen. Denn dies stellt aus Sicht des Autors eine wichtige Komponente beim energieeffizienten Betrieb von Gebäuden dar und ist in vielen Fällen nachgewiesen wirtschaftlich.

Seit 75 Jahren versorgt das Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau (IRB) die Fachwelt mit Wissen und unterstützt seine Kunden mit Fachpublikationen und Datenbanken. Planer benötigen gelegentliche Updates der Kenntnisse – je länger die Ausbildung bzw. das Studium zurück liegen, umso mehr. Zusätzlich gibt es Informationsbedarf, auch bei jungen Ingenieuren, wenn interdisziplinäre Aufgaben anstehen und wir als Architekten, Ingenieure und Stadtplaner Spezialwissen brauchen. Typische Beispiele für Gewerke überschreitende Technik sind Regenwassernutzung, Nahwärmenetze oder – wie bei dem hier vorgestellten Buch – die Abwasserwärmenutzung.  
Der Autor Dr. Achim Hamann vermittelt auf 140 Seiten nicht nur das Machbare, sondern auch das Zuverlässige und das wirtschaftlich Sinnvolle. Abwärme ist wie bei Solar- und Geothermie schon vorhanden, muss nicht erst erzeugt werden. Allerdings stammt sie nicht aus der natürlichen Umgebung, sondern aus einer technischen Anlage. Ist es die öffentliche Kanalisation, aus der Abwasserwärme für ein privates Objekt genutzt werden soll, empfiehlt Hamann den Beteiligten je nach Situation einen Contracting- oder Kanalnutzungsvertrag abzuschließen. Er nennt 18 Kriterien, die eine solche Vereinbarung enthalten sollte. Seine Erfahrung hat er als Bauingenieur der Wasserwirtschaft gesammelt. Kenntnisse der Gebäudetechnik und Immobilienökonomie erlangte er im Zweitstudium, des Klima- und Umweltschutzes im Drittstudium. Die Verzahnung der Disziplinen gelang dem Autor mit seiner Dissertation. Dabei ging es um Klimaschutzstrategien und CO2-Emissionen von Nichtwohngebäuden auf der Stadtebene.  
Ebenso interdisziplinär müssen Akteure der Abwasserwärmenutzung handeln, wollen sie dieses sehr große, nicht ausgeschöpfte Potential erschließen, das aus Sicht des Autors eine wichtige Komponente beim energieeffizienten Betrieb von Gebäuden darstellt und in vielen Fällen nachgewiesen wirtschaftlich ist. Bundesweit ermittelt Hamann einen theoretischen Deckungsanteil aus dem öffentlichen Abwasser für 5 % aller Wohngebäude. Wie das Wärmepotential projektspezifisch ermittelt wird, ist auf 10 Seiten dargestellt. Im 2. Drittel des Buches geht es um Varianten der Wärmetauscher, um Investitions- und Betriebskosten. Das letzte Drittel besteht aus Arbeitshilfen für ein konkretes Projekt – aus der Praxis für die Praxis. Auch hier schließt der Autor mit Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und gibt zusätzlich Hinweise zum Betrieb eines Wärmetauschers im Kanal. Er stellt fest, dass die Vielfalt der heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu erfolgreichen Lösungen führt und hofft, dass die hohe Zahl der Referenzobjekte Planern Mut macht, so dass sich die Summe ausgeführter Objekte in der Zukunft schnell vervielfachen müsste. Man darf gespannt sein, wie sich in der 2. Auflage des Buches die Verteilung realisierter Projekte in Deutschland (in der vorliegenden 1. Auflage noch auf Stand 2010) verändern wird.  
„Ich finde dieses Fachbuch wegen seiner klaren Struktur, seinem praxisnahen Informationsgehalt mit Hinweisen, Checklisten, Berechnungen und Arbeitshilfen sehr empfehlenswert für alle Planer. Es wird ihnen ermöglichen, Heizungstechnik im Interesse der Immobilienwirtschaft und des Klimaschutzes gleichermaßen zu verwirklichen“, so Klaus König.
 
 
Achim Hamann. Grundlagen der Abwasserwärmenutzung. Leitfaden für Architekten, Ingenieure und Stadtplaner. 2015. 144 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, kartoniert. ISBN 978-3-8167-9467-7. 39,00 €. Auch als E-ook 39,00 €, Printversion + E-Book 50,70 €.

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