Kanalbausanierung – Alles in Ordnung?
Auftraggeber diskutieren in Bremen
Ingenieure und Techniker aus der Bauverwaltung, aus Abwasserbetrieben und -verbänden, Ingenieurbüros, Aufsichts- und Genehmigungsbehörden und Bauabteilungen des Landes, der Wirtschaft und der Industrie sowie Mitarbeiter der RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau trafen sich in der Hansestadt Bremen zu einem Fachgespräch über „Erfolgreiche Kanalsanierung von Abwasserleitungen und -kanälen“. Im Fokus der eintägigen Veranstaltung standen Erfahrungen, Hinweise und Arbeitshilfen bei Ausschreibung, Vergabe und Ausführung unter besonderer Berücksichtigung der grabenlosen Renovierung. Welche Erfahrungen haben Auftraggeber und Planer gemacht und welche Strategien wenden sie an, um fachgerechte Ergebnisse bei Kanalsanierungsarbeiten durchzusetzen und den wirtschaftlich-technischen Erfolg zu sichern? Funktioniert das Zusammenspiel zwischen den Vertragspartnern Auftraggeber, Planer und Auftragnehmer? Worin bestehen die typischen Probleme bei der Vergabe und Ausführung? Welche Empfehlungen, Perspektiven und Lösungen gibt es? Wo stehen wir und was können wir gemeinsam, wie und bis wann erreichen? So lauteten einige der Kernfragen, welche die Referenten Prof. Dr.-Ing. Volker Wagner, Hochschule Neubrandenburg, Fachbereich Bauingenieur- und Vermessungswesen, und Dipl.-Ing. Reiner Heuermann, einer der vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft beauftragten Prüfingenieure, gemeinsam mit den Teilnehmern diskutierten.
Die Auswertungen der Kanaluntersuchungen belegen in der Regel eine Vielzahl von Schäden an öffentlichen Abwasserkanälen und an Abwasserleitungen auf Grundstücken (private Hausanschlüsse, Industrieanlagen und Gewerbeanlagen). Die Umfrage der Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA-Umfrage 2004) zum „Zustand der Kanalisation in Deutschland“ gibt hierzu einen allgemeinen Überblick. Ein Ergebnis: Die Schadensentstehung ist in der Mehrzahl bereits bei der Herstellung der Abwasserleitungen und -kanäle durch nicht fachgerechte Ausführung oder unzureichende
statische Bemessung entstanden. Die Ursachen sind vielfach zurückzuführen auf falsche Lastannahmen mit statischer Überlastung des Rohr-/Bodensystems, Verlegefehler beim Lagern und Zusammenführen der Rohre, unzureichende Ausbildung der Bettungssohle und des Rohrauflagers, unzureichende Verdichtung der Leitungszone und des Rohrgrabens sowie die Verwendung ungeeigneter Erdbaustoffe, Böden, Rohrmaterialien und Dichtungen. Die Folge sind undichte und nicht dauerhaft nutzbare Kanäle.
Was können Auftraggeber tun? Die Prüfung des Baufortschritts durch den Auftraggeber sollte zeitnah unter Zuhilfenahme der Eigenüberwachungsunterlagen erfolgen. Ist die Eigenüberwachung vollständig durchgeführt und dokumentiert worden? Gibt es Abweichungen bei der Bauausführung? Werden durch die Bauüberwachung gravierende Abweichungen in der Bauausführung oder Gütesicherung RAL-GZ 961 festgestellt, zum Beispiel bei Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften, bei Verstößen gegen die Anforderungen der Eigenüberwachung oder gegen die Subunternehmerklausel, finden klärende Gespräche statt. Gegebenenfalls wird der zuständige Prüfingenieur kurzfristig die Baustelle besuchen, Feststellungen treffen und den Besuchsbericht an den unabhängigen Güteausschuss und das Unternehmen zur Stellungnahme weiterleiten. In der Regel reagieren die RAL-Gütezeicheninhaber nach dem Baustellenbesuch und den festgestellten Mängeln unmittelbar durch geeignete Maßnahmen. Ansonsten entscheidet der Güteausschuss, ob und inwieweit eine Ahndung ausgesprochen wird. In 2008 waren das 100 zusätzliche Auflagen im Rahmen der Eigenüberwachung (Ahndung Art 1), 124 Vermehrungen der Eigenüberwachung (Ahndung Art 2) und 184 Verwarnungen (Ahndung Art 3 ). In 19 Fällen kam es zu einem befristeten oder dauerhaften Gütezeichenentzug (Ahndung Art 4) aufgrund gravierender Mängel.
Die Diskussionspartner in Bremen waren sich einig: Vorsorge ist wichtig, die so genannte Feuerwehrtaktik führt nicht zum Ziel. Mit der Kanalsanierung von Abwasserleitungen und -kanälen, insbesondere den Erneuerungs- und Renovierungsverfahren, kann unter Voraussetzung geeigneter baulicher und technischen Randbedingungen eine Wiederherstellung der Nutzungsdauer von rund 50 bis 70 Jahren erreicht werden. Damit dies gelingt, kommt es entscheidend auf das fachliche Wissen, die Sorgfalt und Qualitätsorientierung der beteiligten Personen an. Beteiligte an der Aufgabe sind: der Auftraggeber als Bauherr, sein Ingenieurbüro, das ausführende Unternehmen, die RAL-Gütegemeinschaft Kanalbau und das Materialprüflabor. Unterstützung bieten eine Reihe von Praxisleitfäden, Arbeitshilfen, Normen und DWA-Merkblättern sowie Technische Vertragsbedingungen. Die Kenntnisse sind inzwischen Grundlage einer erfolgreichen grabenlosen Kanalsanierung.n