Maßgeschneidert:
Mörtelkonzept für die Rheinufer-Promenade
Bundesgartenschau 2011 in Koblenz
Mörtelkonzept für die Rheinufer-Promenade
Die Stadt Koblenz ist Gastgeber der diesjährigen Bundesgartenschau. Für die Ausstellung wurde auch die Rheinpromenade am Konrad-Adenauer-Ufer neu gestaltet. Sie verbindet zwei zentrale Veranstaltungsbereiche: den Blumenhof und das Kurfürstliche Schloss. Prägendes Element der Ufergestaltung sind Naturstein-Platten aus Grauwacke.
Die Überschwemmungen zu Beginn des Jahres haben allerdings gezeigt: Eine ansprechende Gestaltung wird erst durch den passenden Aufbau des Oberbaus zum stimmigen Gesamtkonzept. Denn die ufernahen Bereiche von Koblenz werden von Zeit zu Zeit durch Hochwasser aus Rhein oder Mosel überflutet. Die Planung musste also die gestalterischen Gesichtspunkte mit einer dauerhaft gegen Überschwemmungen gesicherten Lösung vereinbaren. Als Teil dieses hochwassertauglichen Konzepts entschieden sich die Bauherrin, die Bundesgartenschau Koblenz 2011 GmbH, sowie der Landschaftsarchitekt und der technisch verantwortliche Planer für eine gebundene Bauweise.
Der Entwurf für die Rheinpromenade sieht zwei parallel verlaufende Naturstein-Bänder vor, die durch einen alten Platanenbestand getrennt sind. Das ufernahe Band bleibt allein den Fußgängern vorbehalten, das zweite zur Stadt hin gelegene Band dient auch Reisebussen als Durchfahrtstrecke und muss entsprechenden Belastungen standhalten. Es wurden vier Musterflächen für das Plattenmaterial am Konrad-Adenauer-Ufer angelegt, zwei Naturstein-Beläge und zwei Betonstein-Beläge. Der Aufsichtsrat der Bundesgartenschau hat sich dann in einem Vor-Ort Termin für die Verwendung der Bergischen Grauwacke des Unternehmens Quirrenbach aus dem Bergischen Land für das gesamte Konrad-Adenauer-Ufer entschieden. Die für die BUGA aus besonders tiefen Lagen geförderte Grauwacke zeichnet sich durch gute Werte für Frostbeständigkeit und Druckfestigkeit aus. Entscheidend für die Auswahl erwies sich aber auch das variable Farbspektrum. Es reicht von grau-blauen über braune bis hin zu braun-rötlichen Tönen und fügt sich harmonisch in den historischen Gebäudebestand entlang der Uferpromenade ein. Insgesamt lieferte der Hersteller 12 000 m² Grauwackeplatten in 20 cm Breite und unterschiedlichen Längen sowohl für den Fußgänger- als auch für den verkehrsbelasteten Bereich. Die Platten, die den Busverkehr aufnehmen, wurden in einer Stärke von 15 cm ausgeführt und die Platten für die geringer belasteten Wege in einer Stärke von 10 cm.
„Schweizer Bauweise“ verzichtet auf Dehnungsfugen
Verantwortlich für die Fachplanung der Natursteinverlegung sowie die Bauüberwachung für die gebundene Bauweise war Dipl.-Ing. Erich Lanicca aus Borchen. Der aus der Schweiz stammende Planer setzte sich für die „Schweizer Bauweise“ ein. Charakteristisch dafür ist, dass Bewegungsfugen nur in bestimmten Bereichen, wie an aufgehenden Bauteilen und Randeinfassungen, hergestellt werden, in der Fläche wird auf das Anlegen von Bewegungsfugen verzichtet. Spannungen, die Rissbildungen nach sich ziehen könnten, werden durch ein „weiches“ Fugenmaterial weitestgehend abgebaut. Wenn in den Fugen dennoch Risse entstehen, so werden diese in einem zweiten Arbeitsgang, mit dauerelastischem Material verfüllt. Vorteil ist, dass der elastische Bereich damit genau an den Stellen liegt, an denen die höchsten Spannungen auftreten.
Entscheidend bei dieser Bauweise ist, dass der Bettungsmörtel und die darunter liegenden Schichten drainfähig sind. Nur so kann das durch die gerissenen Fugen eindringende Wasser nach unten versickern. Auf die Schottertrag- und Frostschutzschicht kam deswegen eine 15 cm starke Schicht aus Drainbeton. In den normal belasteten Bereichen kam teilweise stattdessen auch Drainasphalt zum Einsatz. Darauf folgte eine 5 cm starke Schicht aus drainfähigem Bettungsmörtel, eine Haftschlämme als Kontakt- und Haftschicht für die Grauwacke-Platten und schließlich die Platten selbst mit einem entsprechenden Fugenmörtel.
Bettungsmörtel auf Trassbasis wurde speziell rezeptiert
Als Bettungsmörtel war ursprünglich eine Eigenmischung auf der Baustelle vorgesehen. Verknüpft allerdings mit zwei Grundforderungen an den Mörtel. Er sollte eine Druckfestigkeit von 10-15 N/mm² und eine Körnungslinie bis 8 mm erzielen. Erste Tests deuteten allerdings auf zwei Hauptprobleme hin: Zum einen hing die genaue Mischung sehr stark vom jeweiligen Verarbeiter ab, so dass starke Mischschwankungen auftreten konnten und sich damit auch keine gleich bleibende Qualität erzielen ließ. Zum anderen war von Beginn an absehbar, dass durch die vielen Gewerke, die am Rheinufer tätig waren, der Platz für die Herstellung einer Eigenmischung sehr stark eingeschränkt war.
Aufgrund dieser Anforderungen erwiesen sich die auf dem Markt erhältlichen Standardprodukte für eine Eigenmischung auf der Baustelle als nicht praktikabel. Nach diversen Tests und Gesprächen mit Herstellern fiel die Entscheidung zu Gunsten eines im Silo angelieferten Werktrockenmörtel auf Trassbasis von tubag, einer Marke des Unternehmens quick-mix aus Osnabrück. Das nahe Koblenz gelegene tubag-Werk in Kruft fertigte verschiedene Labormuster an, aus denen schließlich dasjenige ausgewählt wurde, das die Anforderungen am besten erfüllte. Der extra rezeptierte Sondermörtel erzielte die geforderte Festigkeit und bot eine Mischung mit geringerem Feinanteil und einem Größtkorn von 8 mm. Insgesamt lieferte tubag 1200 t Bettungsmörtel für die Bundesgartenschau. Um eine gleich bleibende Qualität zu gewährleisten, wurden die Verarbeiter intensiv in Hinblick auf die erforderlichen Mörtelkonsistenzen und den Umgang mit den Produkten geschult. Dipl.-Ing. Sascha Schoblocher, der das Projekt auf Seiten von tubag betreute, sieht in dieser Schulung einen entscheidenden Baustein zum Erfolg der Maßnahme. Der richtigen Verarbeitung kommt seiner Meinung nach eine ebenso große Bedeutung zu wie der Qualität der Produkte.
Haftschlämme und Pflasterfugenmörtel runden Konzept ab
Aufgrund der sehr flexiblen und lösungsorientierten Umsetzung dieser Problemstellung entschieden die Verantwortlichen alle weiteren Belagsarbeiten im Rheinuferbereich ebenfalls mit Produkten von tubag auszuführen. Neben dem Bettungsmörtel kamen eine Haftschlämme und zwei unterschiedliche für die Anforderungen optimierte Fugenmörtel zum Einsatz.
Auf die Unterseite der Natursteinplatten wurde die Trass-Naturstein-Haftschlämme TNH-flex aufgebracht. Sie verbessert den Haftverbund bei der Verlegung von verfärbungsempfindlichen Belägen und hemmt das Durchwandern verfärbungsaktiver Substanzen aus dem Untergrund. Die einzelnen Grauwacke-Platten wurden dabei mittels Vakuum-Technik verlegt, teils mit einem Vakuum-Hand-Verlegegerät teils mit maschineller Unterstützung.
Als Fugenmörtel kam dann in den Fußgängerbereichen der wasserundurchlässige Pflasterfugenmörtel PFN in einer modifizierten Objektrezeptur zum Einsatz. Für die Grauwackeplatten der Bundesgartenschau optimierten die Werkstofftechniker die Rezeptur allerdings auf eine weiter gesteigerte Haftzugsfähigkeit. Ferner wurde seitens der Firma Quirrenbach ein neues, patentiertes Verfahren entwickelt, durch das die Flankenhaftung der Grauwackeplatten durch eine zusätzliche Rillierung an den Seitenflächen und an der Plattenunterseite um bis zu 40% gegenüber den klassischen, gesägten Plattenkanten erhöht wird. Der Fugenmörtel erreichte hier eine Druckfestigkeit von ca. 15 N/mm² auf der Baustelle.
Auch Platten und Mörtel für den durch Busse befahrenen Bereich wurden entsprechend optimiert. Zum Einsatz kam ein trasszementgebundener Pflasterfugenmörtel, der an die zu erwartenden Verkehrsbelastungen angepasst wurde. Eine Abstimmung der Farbgebung sorgte für ein einheitliches Erscheinungsbild der Fugen in den beiden Grauwacke-Bändern.
In beiden Bereichen wurde der Mörtel mit einem Gummischieber in die Fugen eingeschlämmt und anschließend direkt mit einer Schwammputzmaschine gereinigt. Zusätzlich zum Bettungsmörtel erforderte die neue Uferpromenade 110 t Fugenmörtel und 15 t Haftschlämme.
Prüfung bestanden: Keine
Schäden nach Hochwasser
Die speziell rezeptierten Produkte erwiesen sich als entscheidend für das Konzept des Oberbaus der Grauwacke Beläge mit ihren besonderen Anforderungen. Nur so konnten die Ansprüche des Planers und des Steinherstellers sinnvoll kombiniert werden. Einen zusätzlichen Vorteil brachte die Nähe zum Baustoff-Werk in Kruft. Eine Just-in-time-Lieferung war reibungslos möglich, allerdings durch die engen Platzverhältnisse auf der Baustelle auch erforderlich.
Neben der hohen Stabilität einer gebundenen Bauweise sind die sehr geringen Unterhaltskosten und vor allem die umfangreichen Reinigungsmöglichkeiten ein entscheidender Vorteil: Die Fläche kann gereinigt werden, ohne dass die Gefahr besteht, die Fugen auszuspülen. Aufgrund der festen Fugen kann das zudem mit einer Kehrsaugmaschine geschehen. Trotzdem gilt: Die Flächen müssen nach einer Überschwemmung sofort gesäubert werden, da sich der Schlamm sonst zementartig auf den Platten ablagert. In Koblenz musste die Feuerwehr deshalb unmittelbar nach Abfließen des Januar-Hochwassers die Flächen sorgfältig abspülen.
Der wasserreiche Januar hat jedoch bewiesen: Das Konzept ist aufgegangen, die Kombination aus Grauwacke-Platten und den speziell angepassten Mörtelprodukten ist dem Hochwasser gewachsen. Trotz der Überschwemmungen geriet der Zeitplan bis zur Eröffnung der BUGA 2011 nicht in Gefahr. Die Rheinuferpromenade hat die Fluten überstanden und gleichzeitig ihr ansprechendes Erscheinungsbild bewahrt.n