ENERGETISCHE SANIERUNG

Minimierung von Wärmebrücken

Energetische Maßnahmen in der Sanierung mit dem Anbringen eines WDV-Systems sind derzeit in den Medien scharf in der Kritik. Es gibt Aussagen über das Brandverhalten von Wärmedämm-Verbundsystemen, es gibt Angaben, dass Wandflächen nicht mehr „atmen“ können und es gibt den Vorwurf, dass durch das Anbringen einer Fassadendämmung die Gefahr der Schimmelpilz-Bildung höher ist.

Besonders die letzte Aussage offenbart die haltlose Argumentationsgrundlage, die einem Fachkundigen wie aus der Luft gegriffen erscheint. Bei Betrachtung der Ursachen für einen Schimmelpilzbefall sind die Vorteile eines WDV-Systems erkennbar. Schimmelpilze wachsen auf Oberflächen, wenn Ausgleichsfeuchtewerte von 70 – 85 % und als Nährstoffe organische Verbindungen vorliegen. Eine Erhöhung der Ausgleichsfeuchte ist gegeben, wenn sich durch die Reduzierung der Oberflächentemperatur auf den Innenwandflächen ein Tauwasserausfall ergibt. Als Faustregel gilt, dass bei einer üblichen Wohnraumtemperatur von rund 22 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 55 % ab einer Oberflächentemperatur von unter 12 °C mit einem Tauwasserausfall zu rechnen ist. Das Ziel muss eine Erhöhung der innenseitigen Wandflächentemperaturen sein, unter Beachtung der Wärmebrückenproblematik. Eine Wärmebrücke ist ein Bereich in Bauteilen eines Gebäudes, durch den die Wärme schneller nach außen transportiert wird, als durch die anderen Bauteile. Mit diesem Vorgang findet eine partielle Unterkühlung am Baukörper statt.

Unterteilung der Wärmebrücken:

– Konstruktive Wärmebrücken entstehen durch das Zusammenführen von unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeiten verschiedener Bauteile. Beispiele hierfür ist ein Stahlbetondeckenverbund zu Außenwänden, Ringanker, Heizkörpernischen.

– Geometrische Wärmebrücken ergeben sich beispielsweise durch Versprünge oder Ecken in einem ansonsten homogenen Bauteil. Wenn z.B. der Innenfläche eine größere Außenfläche, durch die die Wärme abfließt, gegenüber steht. Beispiel hierfür ist die Hausaußenecke.

– Stoffliche (materialbedingte) Wärmebrücken liegen dann vor, wenn in Wärmestromrichtung unterschiedliche Baustoffe im Querschnitt liegen. Beispiele hierfür sind eingelassene Stahlträger; Betonsturz in Klinkerwand.

Im Bereich dieser Wärmebrücken sinkt bei niedrigen Außentemperaturen die Oberflächentemperatur der Innenwandfläche ab – je nach Umstand in einen Bereich von unter 12 °C. Das erklärt warum eine Schimmelpilzbildung als erstes im Eckbereich in der geometrischen Wärmebrücke in Erscheinung tritt.

Kompensation von Wärmebrücken

Außenseitig aufgebrachte Wärmedämm-Verbundsysteme sind eine sehr gute Verfahrensweise, um die Wirkung von Wärmebrücken nahezu zu kompensieren. Mit dem thermischen Mantel um die Gebäudehülle wird am innenliegenden Mauerwerk energetisch betrachtet eine gleichmäßige Situation geschaffen. Von den äußerlichen Bedingungen thermisch entkoppelt, zeigt sich an diesem eine unveränderte Temperatursituation. Den Wärmebrücken ist sozusagen die Transportmöglichkeit entzogen worden.

Detailanschlüsse beachten

Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Planung von Detailanschlüssen zu richten. Werden hier Wärmebrücken missachtet, ist die Detailschwächung, z. B. zur Bildung eines Schimmelpilzes, bedeutsamer. Durch die bessere energetische Darstellung der Außenhülle ist eine Minderung im Falle einer Wärmebrücke ausgiebiger vorhanden. Beispielhaft liegen im Bestandsbau mit Balkonplatten sogenannte Kühlrippen vor, die oft ohne eine thermische Entkoppelung in das Mauerwerk führen. Das Mauerwerk ist an dieser Stelle thermisch geschwächt, wodurch innenseitig kühlere Oberflächentemperaturen vorhanden sind. Verschärft wird die Situation, wenn eine ungenügende Schlagregendichtigkeit an dem Detailübergang vorhanden ist.

Hoher Schierigkeistgrad bei Sanierung

Eine Verminderung von Wärmebrücken bei eingebundenen Baustoffen stellt in der energetischen Sanierung im Bestandsbau oftmals eine schwer zu lösende Aufgabe dar. Im Gegensatz zu einer Neuerstellung, bei der mit einer umsichtigen Planung ein ideales Ergebnis erreicht wird, sind bestehende Wärmebrücken in Renovierungsfällen nicht komplett auszuschalten. Eine totale Missachtung der Gegebenheiten erzeugt eine Entgleisung der thermischen Wirkung. Mit der Unterbrechung wird die ungünstige Situation einer Wärmebrücke geschaffen. Je besser die Wandflächen thermisch geschützt sind, desto resoluter sind Schwachstellen in ihrer Auswirkung. Im ungünstigsten Fall wird ein Tauwasserausfall, verbunden mit einem sichtbaren Schimmelpilzbefall, vorhanden sein. In unserem Beispiel der einbindenen Balkondecke kann nur einer Reduzierung der Kühlrippenfunktion des Bauteiles erreicht werden. Eine totale thermische Entkoppelung kann schon allein aus statischen Gründen nicht erzeugt werden. Die effektivste energetische Wirkung ist mit der Berücksichtigung der Balkondecke in die energetische Sanierung gegeben. Das thermische „Einpacken“ des Balkonelements ist der effektivste Weg. Diese Maßnahme ist an der begehbaren Oberseite wegen Begrenzungen in der Aufbauhöhe erfahrungsgemäß oft nicht durchführbar. Das Dämmen der Unterseite stellt dann die einzige Möglichkeit zur Reduzierung der Wärmebrücke dar. Ideal wird der Temperaturverlauf niemals sein. Die Auswirkung sollte über eine Berechnung dieser Wärmebrücke offengelegt sein. Auch um festzulegen, mit welcher Dämmstoffdicke bei einer einseitigen Dämmung der Balkondecke das beste Ergebnis erzielt werden kann. Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung, wenn bei Ausführung eines WDV-Systems die Dämmung der Fensterlaibungen unterlassen wird. Mit dieser Detailschwächung ist ein Schaden so gut wie vorprogrammiert, z. B. in Form einer innenseitigen Schimmelbildung nahe dem Fensterrahmen. Die Temperaturen sinken in der Randzone zum Fensterrahmen in den für einen Tauwasserausfall kritischen Bereich.

DIN 4108 mit dem Beiblatt 2

Als Anhaltspunkt kann die DIN 4108 mit dem Beiblatt 2 „Wärmebrücken, Planungs- und Ausführungshilfen“ herangezogen werden. Darin sind Beispiele von Anschlussdetails in Prinzipskizzen dargestellt, wie die Wirkung von Wärmebrücken vermindert werden kann. Bild 49 zeigt die Situation im Fensterbereich. Zur bestmöglichsten Reduzierung der Wärmebrückenwirkung sollte die Überdämmung auf den Fensterrahmen in einem Maß von mindestens 30 mm erfolgen.

Zeigt sich im Sanierungsfall, dass eine Umsetzung dieser Empfehlung mit einer genügenden Überdämmung auf den Fensterrahmen wegen mangelndem Platzangebot nicht durchführbar ist, sollten weitere Maßnahmen angedacht werden. Unausweichlich wird ein Abtrennen der Putz- oder Mauerschicht im Laibungsbereich sein. Die freigelegte Zone kann zur Erfüllung einer besseren energetischen Darstellung mit dem Dämmstoff belegt werden. Ein Unterlassen dieser Detailausbildung sollte nicht erfolgen. Der Erfolg der ganzen energetischen Maßnahmen ist nach einem sichtbaren Schimmelpilzbefall in der Fensterleibung in Frage gestellt. Ein Sanierungsfachmann weiß, welche Folgen bei Bildung von Wärmebrücken entstehen. In dem Beispiel der Fensterlaibung ist bei Bedarf zwingend ein Platz für den Dämmstoff zu schaffen. Damit verbundene zusätzliche Maßnahmen sind besondere Leistungen, welche in der Planung oder in Form eines benötigten Nachtrages in Ansatz gebracht werden.

So ist es auch unumgänglich, bei der Sanierung von nur einer Gebäudeseite mit einer aufzubringenden Fassadendämmung einen Streifen der Folgeseiten mit einzudämmen. Die Folgen einer geometrischen Wärmebrücke im Eckbereich sollen dadurch abgemindert werden.

Fazit

Im Sanierungsbereich sind Grenzen bei der Vermeidung von Wärmebrücken vorhanden. Ziel ist eine bestmöglichste Reduzierung der Wirkung von Wärmebrücken zu erreichen. Unterschiedliche Wärmeströme zeigen sich nach der energetischen Verbesserung der Außenhülle konzentrierter, z. B. in der Form eines verstärkten Tauwasserausfalles an den Oberflächen der Innenseite. Daraus resultierende Schadensbilder mit Fleckenabzeichnungen oder die Bildung eines Schimmelpilzes sind dann die Schlagzeilen, die sogenannte Berichterstatter ganz gezielt zum Thema WDVS platzieren. Mit Schlagworten wie „Schimmel nach der Wärmedämmung“ verunsichern den Kunden. Einbindende Bauteile oder Montageelemente erzeugen Wärmebrücken. Die Über- oder Anarbeitung dieser ist mit Bedacht und unter Mitwirkung aller Beteiligten zu planen und auszuführen. Absolute Wärmebrückenfreiheit wird im Bestandsbau nicht erfüllbar sein, die Minimierung der Wirkung ist eine herausfordernde Aufgabe, die erfüllt werden soll. Die Dauerhaftigkeit eines Wärmedämm-Verbundsystems wird maßgeblich von der Planung der Detailanschlüsse beeinflusst, die Effizienz der Dämmung von der Vermeidung von Wärmebrücken. Beide Punkte stehen im Zusammenhang mit der planerischen und handwerklichen Leistung.

Ein Wärmedämm-Verbundsystem ist ein gutes Werkzeug zur Umsetzung der ehrgeizigen Ziele, welche europaweit zur Reduzierung des Energiebedarfs gesetzt sind. Die Qualität und Dauerhaftigkeit steht und fällt mit der Ausführung. Ein Aspekt, der dem Endkunden beim Vergleich von mehreren Angeboten bewusst sein soll.⇥■

Baumit GmbH

www.baumit.de

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