Wärmebrücken: Problematik und Nachweisverfahren
Je energieeffizienter ein Gebäude konzipiert wird, desto mehr rücken Wärmebrücken in den Fokus der Planung.
Im örtlich begrenzten Bereich einer Wärmebrücke verändert sich der Wärmeenergiefluss. Verglichen mit dem Referenzwert einer homogenen Wandfläche kann sich dieser positiv oder negativ auf den Wärmeverlust auswirken. Eine positive Wärmebrücke entsteht etwa in einer Rauminnenecke. Hier ist der Energieverlust geringer als auf einer Ebene.
Im Gegensatz dazu kühlen etwa Gebäudeaußenkanten schneller aus und führen so zu einer negativen Energiebilanz. Rechnet man die beiden Arten der Wärmebrückeneffekte gegeneinander auf, kann die Summe kleiner oder gleich Null sein – wie etwa bei einem Passivhaus.
Wärmebrücken: ihre Entstehung…
Unterbrechen Bauteile – wie zum Beispiel eine Betondecke – mit einer erhöhten Wärmeleitfähigkeit die geschlossene, energetisch optimierte Gebäudehülle, sprechen Experten von einer materialbedingten Wärmebrücke. Innerhalb dieser zusammengesetzten Gebäudeteile ist der Wärmestrom nicht mehr homogen.
Querschnittsveränderungen in der Dämmebene ermöglichen die Entstehung von konstruktiven Wärmebrücken: Das Einbringen von Bauteilen in die Außenhülle unterscheidet sich dabei jedoch kaum von materialbedingten Wärmebrücken.
Eine geometrische Wärmebrücke entsteht dagegen durch Abweichungen eines ebenen Bauteilbereiches, etwa an einer Gebäudekante. Hier ist die wärmeabgebende Außenoberfläche größer als die wärmeaufnehmende Innenoberfläche – es entsteht ein Kühlrippeneffekt. Die raumseitigen energetischen Verluste kühlen die Wandoberfläche aus.
… ihre Anforderungen…
Je nach bauphysikalischen Eigenschaften wirken sich die verwendeten Materialien positiv oder negativ auf eine Wärmebrücke aus. Ebenso kommt es darauf an, wie die Bauteile geometrisch angeordnet werden. Dabei müssen Wärmebrücken stets zwei Ansprüche erfüllen. Zum einen müssen die Mindestanforderungen an den Feuchteschutz nach DIN 4108-2 eingehalten werden: Die minimale Oberflächentemperatur θmin der Innenräume darf 12,6 Grad Celsius nicht unterschreiten.
Zum anderen gibt die aktuelle Energieeinsparverordnung (EnEV) vor, dass der Einfluss der Energieverluste durch Wärmebrücken auf den Jahres-Heizwärmebedarf so niedrig wie möglich gehalten werden muss. Die Anforderungen der EnEV verschärfen sich zunehmend. Hilfestellung zur rechnerischen Ermittlung der Transmissionswärmeverluste bieten DIN EN ISO 10211 genauso wie die weiteren Planungshilfen Beiblatt 2 zur Norm DIN 4108.
… und ihre Nachweismöglichkeiten
Wärmeverluste durch Wärmebrücken HWB sind ein Teil der Transmissionswärmeverluste der Gebäudehülle HT. Um diesen Gesamtverlust zu ermitteln, werden die Energieverluste aller flächigen Bauteile und die energetischen Verluste durch Wärmebrücken addiert.
Die Transmissionswärmeverluste der flächigen Bauteile ergeben sich jeweils aus dem Produkt U-Wert mal Fläche. Für die Ermittlung der Wärmeverluste durch Wärmebrücken gibt es drei gesonderte Verfahren:
1. Planer können einen pauschalen Wärmebrückenzuschlag ΔUWB von 0,1 W/(m²K) berechnen. Dabei werden die Wärmebrücken weder ermittelt noch gedämmt.
2. Auf Basis von Beiblatt 2 zur DIN 4108 werden die einzelnen Wärmebrücken einem Ausführungsbeispiel zugeordnet. Erfolgt dieser vereinfachte Nachweis, werden geringere Wärmeverluste angesetzt und der pauschale Wärmebrückenzuschlag beträgt nur noch 0,05 W/(m²K).
3. Mit einem detaillierten Nachweis aller Wärmebrücken wird der energetische Verlust der Gebäudehülle wesentlich niedriger angesetzt als bei einem Verfahren mit Pauschalzuschlag. Dazu werden von allen Wärmebrücken die jeweiligen längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten Ψ nach DIN EN ISO 10211 ermittelt und summiert.
Konstruktionen optimieren
Werden die Wärmebrücken im Detail berechnet, müssen nach DIN V 4108-6 die Wärmebrücken bestimmter Konstruktionsarten nach anerkannten Regeln der Technik ausgewiesen werden. Gebäudekanten, insbesondere an Außenecken, weisen aufgrund größerer Außenoberflächen negative U-Werte auf. Umlaufende Fenster- und Türanschlüsse sind besonders detailliert nachzuweisen, da hier die unterschiedlichen Materialien einen starken Einfluss auf den Wärmestrom haben.
Ein weiteres Augenmerk gilt zudem dem Gebäudesockel: Der aufgehende Wandfuß unterbricht die Gebäudehülle und bildet ungedämmt eine massive Wärmebrücke mit erhöhter Wärmeleitfähigkeit. Die Wärmebrücken sind einzeln zu identifizieren, ihre geometrischen Abmaße zu bestimmen und für eine Berechnung zu typisieren.
Software als Planungshilfe
Durch detaillierte Planungsverfahren sowie den Einsatz von passenden Sonderprodukten kann jedoch entgegengewirkt werden. Unipor bietet eine moderne Bauphysik-Software, mit der detaillierte Wärmebrückennachweise möglich sind. Diese Software entstand in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel und ist speziell für Ziegelprodukte geeignet. Weitere Planungshilfen bietet zudem beispielsweise ein Wärmebrückenkatalog, der Bemessungsgrundlagen, lineare Wärmedurchgangskoeffizienten für Außenbauteile und Informationen über eine luftdichte Ausführung im Passivhausstandard aufführt. Systemprodukte, wie etwa hochwärmedämmende Unipor-Deckenrandelemente für die Einbindung von Geschossdecken, ermöglichen die Erstellung homogenen Mauerwerkes und einer geschlossenen Wärmedämmebene.
Beiblatt 2 in Überarbeitung
Um Architekten und Fachplanern den Nachweis von Wärmebrücken weiter zu erleichtern, wird voraussichtlich Ende 2016 eine überarbeitete Version des Beiblatt 2 zur DIN 4108 erscheinen. Das erweiterte Beiblatt zeigt zusätzliche Details von Bauteilen auf, wie etwa den baulichen Anschluss an Tiefgaragen.
Der vereinfachte Wärmebrückennachweis mit einem Pauschalzuschlag von heute 0,05 W/(m²K) wird um ein zweites, verbessertes thermisches Niveau ergänzt: Ein niedrigerer pauschaler Zuschlag soll Planern die Ausweisung eines energetisch hochwertigen Gebäudes ohne detaillierte Berechnungsverfahren ermöglichen.
Voraussichtlich wird eine zukünftige Novelle der EnEV Bezug auf diesen besseren Wärmebrückenzuschlag nehmen.