Neues aus Regelwerken und Anwendung
Unter diesem Titel fand die alljährliche Veranstaltung zu Geokunststoffen im Straßenbau der Vereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure (VSVI-NRW) am 26.02.2013 an der Fachhochschule Münster statt. Rund 95 Ingenieure, Praktiker und Entscheider aus Firmen und öffentlichen Einrichtungen sowie Studierende begrüßten Prof. Dr. Jochen Müller-Rochholz und Prof. Dr. Frank Heimbecher zu den Vorträgen und einer begleitenden Ausstellung am Leonardo Campus.
Mit dem wichtigen Thema der Änderung der europäischen Bauproduktenrichtlinie (BPR) hin zur Bauproduktenverordnung (BVP) und den damit verbundenen Auswirkungen für die Produzenten und Anwender beschäftigte sich der Eingangsvortrag. Im Anhang I der BVP sind die Grundanforderungen an Bauwerke beschrieben. Hier sind neben den bereits bekannten Anforderungen aus der BPR zusätzlich die Anforderungen „Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung“ sowie „Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen“ aufgenommen worden. Dies bedeutet, dass gemäß der BVP für das Bauwerk umweltverträgliche Rohstoffe und Sekundärbaustoffe verwendet werden müssen. Ein wesentliches Novum der BVP stellt die Europäische Technische Bewertung (ETB) dar, die seitens des Herstellers für ein Bauprodukt beantragt werden kann, das nicht oder nicht vollständig anhand einer bestehenden harmonisierten Norm bewertet werden kann. Die ETB ersetzt zukünftig die ETA (Europäische Technische Zulassung). Grundlage der Bewertung stellt ein entsprechendes Europäisches Bewertungsdokument (EBD) dar. Das Verfahren zur Annahme eines EBD ist im Anhang II der BVP beschrieben.
Geokunststoffe im Straßenbau
Im weiteren Verlauf des Seminars standen interessante Vorträge zu Anwendungen von Geokunststoffen im Straßenbau im Vordergrund. Neben der Anwendung von Asphaltbewehrungen befassten sich die Vorträge mit der Sanierung einer Dammstrecke mit einem Leichtbaustoff, Gebrauchsbeanspruchungen von Geogittern im Straßenkörper, den erforderlichen Prüfungen zur Zulassung von Geokunststoffen im Erdbau des Straßenbaus sowie mit dem Einsatz von Geokunststoffen bei Steilböschungen und Betonwänden.
Neben dem Tragfähigkeits- und Gebrauchstauglichkeitsvermögen von mit geokunstoffbewehrten Steilböschungen, die zunehmend im Straßenraum zum Einsatz kommen, ergeben sich wichtige Fragestellungen, wie sich die Konstruktion bei Fahrzeuganprall oder einem Brandereignis verhält. Hier zeigte ein Vortrag zu KBE-Systemen sehr eindrucksvoll entsprechende in-situ-Versuche und sehr positive Ergebnisse. Die Versuche wurden an einer Steilböschung, bestehend aus einer tragenden KBE-Konstruktion (H = 5,50 m) und einer nichttragenden Verblendschale von 20 cm bzw. 30 cm Dicke durchgeführt. Untersucht wurden der Anprall von Fahrzeugen, das Tragverhalten und die Wärmeentwicklung der Konstruktion bei einem Fahrzeugbrand, die Lärmabsorption, die Sanierungsmöglichkeiten nach einem Anprall bzw. nach einem Brandereignis sowie die Rückbau- und Recyclingfähigkeiten. Im Rahmen der weiteren Vorträge wurden der Herstellungsprozess und die Einsatzmöglichkeiten einer neuartigen Bentonitmatte mit PE-Beschichtung sowie der Einsatz geotextiler Schläuche zur Schlammentwässerung einer Baugrubensohle im Zuge des Lückenschlusses der BAB A66 bei Fulda dargestellt. Die Veranstaltung rundete ein Vortrag von Herrn Dr. Willmers zu einem Entwicklungsprojekt in Burkina Faso ab, bei dem ein Regenwasserrückhaltedamm durch den Einsatz von Geotextilien gesichert und damit die Lebensvoraussetzungen in diesem Gebiet sichergestellt werden konnten.
Das Seminar wurde zusammen von der FH Münster und dem An-Institut der FH, dem Institut für textile Bau- und Umwelttechnik in Greven (Niederlassung der Kiwa MPA Bautest GmbH) organisiert. Der langjährige Leiter der Veranstaltung, Herr Prof. Dr. Jochen Müller-Rochholz, übergab dabei den „Staffelstab“ an seinen Nachfolger im An-Institut, Herrn Prof. Dr. Frank Heimbecher. Dieser sagte eine Neuauflage des erfolgreichen Seminars im kommenden Jahr zu.