Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Innovation, Tarifbindung und Nachhaltigkeit als VergabekriterienDipl.-Volksw. Norbert Walter-Borjans ist einer der zwei Parteivorsitzenden der SPD. Zuvor war Walter-Borjans Finanzminster des Landes Nordrhein-Westfalen und mehrere Jahre Vorsitzender der deutschen Finanzministerkonferenz.
THIS: Bitte beschreiben Sie die Baupolitik der SPD?
Norbert Walter-Borjans: Der Bund muss seiner Vorbildfunktion beim nachhaltigen und energieeffizienten Bauen gerecht werden. Klimaangepasstes Bauen, Energie-, Ressourcen-und Kosteneffizienz sowie die Anforderungen an barrierefreies Bauen auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung müssen mehr noch als bisher selbstverständlicher Teil der Planungs- und Bauprozesse und damit einer zukunftsgerechten Baupolitik sein.
THIS: Bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand ist der niedrigste Preis für den Zuschlag entscheidend, in anderen europäischen Ländern auch die Bauzeit oder der ökologische Fußabdruck der Baustelle. Welche Pläne haben Sie hier?
Norbert Walter-Borjans: Die öffentliche Hand muss eine besondere Verantwortung übernehmen: Die öffentliche Beschaffung muss noch stärker darauf ausgerichtet werden, Innovationsimpulse zu setzen und den Zielen des sozial-ökologischen Wandels zu dienen. Hierfür sollten die Vergabekriterien stärker auf Innovation, Tarifbindung und klimafreundliche Nachhaltigkeit ausgerichtet werden.
THIS: Mit welchen Maßnahmen möchten Sie das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ angehen?
Norbert Walter-Borjans: Mit dem in diesem Jahr verabschiedeten Baulandmobilisierungsgesetz haben wir einen wichtigen Schritt hin zu mehr bezahlbarem Wohnraum getan: So können Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt künftig Eigentümer:innen mit einem Baugebot einfacher verpflichten, Wohnungen zu bauen. Darüber hinaus wurde das Vorkaufsrecht der Städte gestärkt. Zudem werden flexible Lösungen für Nachverdichtungen erleichtert. Die Aufhebung von Bebauungsplänen wird künftig im beschleunigten Verfahren möglich sein, um die Schaffung von Wohnraum zu erleichtern.
Diesen Maßnahmen müssen weitere folgen: So sollen kommunale Wohnbauflächen nicht veräußert, Flächen zurückerworben und öffentliches Bauland möglichst nur auf dem Weg der Erbpacht für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Auch die Liegenschaftspolitik des Bundes wird sich in Zukunft an städtebaulichen Prioritäten ausrichten und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in den Kommunen unterstützen. Daneben führen wir eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit ein und fördern so ein zusätzliches, nicht gewinn-orientiertes Segment auf dem Wohnungsmarkt.
Die Zahl der Vorschriften zu begrenzen und das Tempo, in denen sie erlassen werden zu drosseln, ohne die dahinterstehenden Ziele wie etwa den Klimaschutz und die Klimaneutralität zu vernachlässigen, ist eine politische Daueraufgabe, die keine kurzfristigen Lösungen verspricht. Der verstärkte Einsatz von digitalen Verfahren wird kurzfristig dazu beitragen können, dass wichtige private und öffentliche Investitionen nicht unnötig ins Stocken geraten.
THIS: Wie wollen Sie das Thema „Digitalisierung“ in der Bauindustrie voranbringen?
Norbert Walter-Borjans: BIM muss von einer mehr werdenden Ausnahme zur Regel werden, die auch von kleinen und mittelständischen Büros und Unternehmen zu stemmen ist.
Wir haben in dieser Legislaturperiode gemeinsam mit unserem Koalitionspartner einen Antrag in den Bundestag eingebracht mit dem Ziel, das digitale Potential des Bauwesens weiterhin zu fördern. Ein wesentlicher Punkt ist die Forderung nach einer dauerhaften Gewährleistung des nationalen BIM-Kompetenzzentrums, so dass die Produkte und Dienstleistungen auch nach Abschluss der Projektphase nachhaltig genutzt werden können. Es gilt, verstärkt BIM-Pilotprojekte in die Praxis umzusetzen.
Mit Blick auf den digitalen Transformationsprozess der Wertschöpfungskette Bau muss eine intensivere, ressortübergreifende Abstimmung auf Bundesebene erfolgen. Dabei muss die Digitalisierung von planungsrechtlichen und bauaufsichtlichen Verfahren auf Länder- und Kommunenebene konsequent vorangetrieben werden.
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